Wenige Zentimeter über dem Boden schwebt der große Koloss nach der spektakulären Beförderung aus dem Münsterturm. Fotos (5): Eich Foto: Eich

Koloss wiegt 5400 Kilogramm. Instrument muss wegen Riss repariert werden.

Villingen-Schwenningen - Aufatmen und spontaner Applaus: Die große Glocke des Villinger Münsters ist wohlbehalten aus dem Turm geholt worden. Zahlreiche Zuschauer verfolgten die spektakuläre Aktion, die problemlos und ohne Zwischenfälle über die Bühne ging.

Noch ruhig war es auf dem Münsterplatz, als schon gegen 8 Uhr der gewaltige Kranwagen anrollte und seine Position bezog. Nach knapp zwei Stunden waren die Vorbereitungen abgeschlossen. In der Zwischenzeit hatten sich immer mehr Neugierige auf dem Münsterplatz eingefunden, die das Schauspiel nicht verpassen wollten.

Pünktlich, fast ein wenig früher als erwartet, startete die ungewöhnliche Aktion. Es war gerade 9.55 Uhr, als ein Raunen durch die Menge ging und sich alle Hälse nach oben reckten: Die große Glocke wurde auf Stahlträgern aus dem Turm geschoben und war von unten erstmals zu sehen. Dann ging alles ziemlich schnell. In Windeseile hatten Fachleute die Glocke am Kranhaken befestigt. Ein paar Minuten hing die Glocke am Kran in luftiger Höhe neben dem nördlichen Münsterturm. Dann ging es zügig abwärts. Um 10.05 Uhr hatte der Bronzeriese seine Talfahrt beendet und schwebte wenige Zentimeter über dem Boden.

5400 Kilogramm schweren Koloss

Fast eine halbe Stunde beließen die Verantwortlichen die Glocke in dieser Position, um Interessierten die Möglichkeit zu geben, den 5400 Kilogramm schweren Koloss zu bestaunen. Unzählige Kameras klickten. Erinnerungsfotos wurden geschossen. Familien postierten sich vor der Glocke zum Fototermin, und auch der Hausherr, Münsterpfarrer und Dekan Josef Fischer betrachtete "seine" große Glocke aus der Nähe.

Dann folgte der zweite Teil. Die Glocke wurde vom Kran angehoben und schwebte zielsicher auf die Ladefläche eines Lastwagens. Auch das ging reibungslos vonstatten. Um kurz vor 11 Uhr setzte sich der Schwertransport mit lautem Hupen in Bewegung und trat seine Fahrt in die Niederlande an. Anschließend wurden mit weiteren Kraneinsätzen der schwere Klöppel und das massive Holzjoch der Glocke aus dem Turm befördert.

Weil ein Riss der Glocke ihre Stimme geraubt hatte und diese seit über zweieinhalb Jahren stillgelegt war, muss das Instrument repariert werden. Der Lastwagen befördert es ins niederländische Asten bei Eindhoven. In der dortigen Glockengießerei Eijsbouts soll sie wieder hergestellt werden.

Etwa acht Wochen, so die Schätzung, wird es dauern, bis die Glocke nach Villingen zurückkehren wird. In der Zwischenzeit wird im Münsterturm weiter fleißig gearbeitet. Der Glockenstuhl aus Stahl weist größere Schäden auf als gedacht. Erst wenn dieser saniert ist und die Last der Glocke sicher tragen kann, wird es das nächste Kapitel der Villinger Glockenaktion geben. Dann wird die Glocke in einer ähnlich spannenden Aktion zurück in den Turm transportiert.