Ein 28-jähriger Salafist aus Villingen-Schwenningen soll ausgewiesen werden. Foto: dapd

28-jähriger Salafist aus wird ausgewiesen. Der türkische Staatsangehörige galt als "integriert".

Villingen-Schwenningen - Er ging zu weit: Ein 28-jähriger Mann aus Villingen-Schwenningen hat seinen Ausweisungsbescheid erhalten. Unter anderem wird ihm die Verbreitung von Drohvideos vorgeworfen.

"Selbstverständlich ist er der Kopf; und wir wissen nicht, war es der Kopf einer Hydra, den wir abgeschlagen haben", sagt Thomas Gerth, Kripochef in Villingen-Schwenningen. Allerdings: Der 28-jährige Salafist türkischer Staatsangehörigkeit, den Gerth als Kripochef in Villingen-Schwenningen überwachte und der jetzt vom Innenministerium einen Ausweisungsbescheid erhielt, galt eigentlich jahrelang als "integriert".

Er ist in Deutschland geboren, wuchs beschaulich in Villingen-Schwenningen auf, absolvierte dort einen Hauptschulabschluss und eine kaufmännische Lehre und spricht ausgezeichnet deutsch. Trotzdem hat er ein Video, das zum bewaffneten Kampf aufruft, auf der Internet-Plattform Facebook mit den Worten kommentiert: "Möge Allah uns allen die Möglichkeit geben, zum Dschihad zu ziehen und als Märtyrer zu sterben."

In Villingen-Schwenningen und im Schwarzwald-Baar-Kreis, so berichtet Thomas Gerth, "hat er nach unseren Erkenntnissen keine Straftaten begangen." Von 2007 bis 2010 lebte der Mann in Stuttgart. Dort verbreitete er plötzlich auf einer Internet-Plattform Drohvideos.

Die Behörden kamen ihm auf die Spur, nachdem er ein Video des 2010 ums Leben gekommen deutschen Al Kaida-Mitglieds Bekkay Harrach unter seinem YouTube-Konto ins Internet gestellt hatte. Diesen Beitrag hatte er mit seinem Facebook-Account verlinkt.

Größere Szene ist eher unwahrscheinlich

Gibt es eine salafistische Szene in Villingen-Schwenningen, in der eine ultrakonservative Auslegung des Islam gelebt wird? Dazu möchte Kripochef Gerth nichts sagen. In Villingen, Schwenningen und im benachbarten Tuttlingen sowie in Konstanz jedenfalls fanden Koranverteilungen wie in den Großstädten statt. War der 28-Jährige dabei? Die Frage, wo und wie er mit radikalen Kräften in Berührung kam, kann wohl nur der Verfassungsschutz beantworten, der den Islamisten aus Villingen-Schwenningen überwachte, seit er aus Stuttgart in die Doppelstadt zurückgekehrt war.

"Er ist dann vorsichtiger geworden, keine Frage", sagt Gerth. Und er fügt hinzu: "Dass er hier nicht allein war, ist auch keine Frage." Allerdings dürfe man sich das nicht vorstellen wie das Kalifat im ebenfalls im Schwarzwald-Baar-Kreis gelegenen Blumberg, das vor ein paar Jahren bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Der 28-Jährige, der nun den Ausweisungsbescheid erhielt, habe nach bisherigen Erkenntnissen keiner religiösen Gruppierung angehört, wohl aber einige Freunde und Beziehungen in das gesamte Bundesgebiet.

2009/2010 war er wegen Verbreitung von Drohvideos sechs Monate in Haft, aber auch nach Verbüßung der Strafe veröffentlichte er weiter Filme auf der Videoplattform YouTube, in denen Terrorismus und Heiliger Krieg unterstützt wurden.

In Villingen-Schwenningen habe er nach seiner Haftentlassung bei Familie und Freunden Unterschlupf gesucht, berichtet Thomas Gerth. "Wir haben es nach seiner Haftentlassung noch mal mit gutem Zureden versucht", zitiert Joachim Müller Bremberger, Pressesprecher des Regierungspräsidiums Freiburg, aus einem dem Präsidium vorliegenden Bericht. "Es gelang nicht, im Gespräch mit ihm die Sicherheitsbedenken zu entkräften."

Deswegen leitete das Regierungspräsidium ein entsprechende Vorverfahren ein; für den Vollzug sei das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Der 28-Jährige ist der erste Salafist im Regierungspräsidium Freiburg, der ausgewiesen wird. Von bundesweit 4000 Salafisten stammen etwa 500 aus Baden-Württemberg.

Der 28-Jährige hat nun noch vier Wochen Zeit, Widerspruch einzulegen. Sein Anwalt sei informiert worden, bevor die Ausweisung öffentlich gemacht wurde, sagt Müller-Bremberger. Die Polizei wird den 28-Jährigen und seine Freunde weiter überwachen. "Ich bin froh, wenn einer ausgewiesen wird, bevor er Anschläge begeht", lautet das Fazit von Kripochef Thomas Gerth.