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Porträt / Kathrin Piazolo ist für die FDP neu im Gemeinderat / Bildung soll Chefsache sein

Im zweiten Anlauf hat sie es geschafft: Kathrin Piazolo ist jetzt Gemeinderätin und vertritt die FDP außerdem im Verwaltungs-, Kultur, Jugendhilfe- und Gutachterausschuss sowie im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Ihr Credo lautet: "Bildung muss Chefsache sein".

VS-Villingen. Dafür steht die 52-jährige Juristin voll hinter der Forderung der Liberalen, künftig 25 Prozent des jährlichen Gesamthaushaltes in die Schulen und Kindertagesstätten der Stadt zu stecken. Mit zwei Kindern im Teenageralter kennt sie die aktuell desolate Situation in etlichen Gebäuden gut. Sie wünscht sich einen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin für Bildung und für die Hochschulen. Besonders auf Letztere könne Villingen-Schwenningen stolz sein, müsse mit diesem Pfund nach außen aber viel kräftiger wuchern, findet sie.

Sie stammt aus Rosenheim

Kathrin Piazolo stammt aus Rosenheim. Nach dem Abitur studierte sie – nach dem Vorbild ihres Großvaters – in Gießen, Bochum und in England Rechtswissenschaften. "Die juristische Logik und die vielen Möglichkeiten, sich auf diesem Gebiet beruflich zu engagieren, haben mich schon früh fasziniert", erzählt sie. In der Referendariatszeit in Bremen und Hamburg fand sie ihre Richtung, denn: "Wirtschaftsrecht ist inhaltlich und auch politisch spannend". Ein Stipendium am Hamburger Europa-Kolleg nutzte sie, um auf dem Gebiet des "kollektiven Arbeitsrechtes auf europäischer Ebene" als knapp 30-Jährige zu promovieren.

Fachanwältin in VS

Auf der Suche nach einer "guten Stelle" stieß sie auf die überregional renommierte Anwaltskanzlei Schrade und Partner und ließ sich 1998 als Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht in Villingen-Schwenningen nieder.

Nach der Geburt ihrer Kinder traf sie die volle Härte der damals noch größeren Unvereinbarkeit von Familie und Beruf. Babys wurden zu Beginn der Nullerjahre in Villingen-Schwenningen lediglich an der Johanna-Schwer-KiTa betreut. Da sie dort für ihren ersten Sohn jedoch keinen Krippenplatz bekam, musste sie die Kinderbetreuung privat organisieren.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sie ihre politische Heimat bei der FDP schon gefunden. Deren "Einstellung zu Freiheits- und Menschenrechten sowie die liberalen Gesichtspunkte" gefielen ihr. Über den heutigen Fraktionsvorsitzenden Frank Bonath fand sie den Weg in den FDP-Stadtverband.

Erste konkrete Berührungspunkte mit der Kommunalpolitik hatte sie als Vorsitzende des Trägervereins des Waldkindergartens in Villingen, den sie vier Jahre lang unter anderem auch im Jugendhilfeausschuss vertrat.

2014 kandidierte Kathrin Piazolo zum ersten Mal für den Gemeinderat. Damals wie heute war ihre Motivation dafür ein "Verantwortungsgefühl" und der Wunsch, der Gesellschaft als Dank für eine gute Ausbildung etwas zurückgeben zu wollen. Über 4000 Stimmen bei der Kommunalwahl im Mai erfüllten ihr diesen Wunsch. Dass die FDP mit vier Sitzen zudem den Fraktionsstatus erreichte, war das viel zitierte "Sahnehäubchen".

"Villingen-Schwenningen ist attraktiv". Die gebürtige Bayerin hat ihre Wahlheimat lieben gelernt. Aber: "Wir sollten unser innovatives Potenzial besser ausnutzen und zeigen, was wir alles zu bieten haben". Frische Ideen dazu könnten in einem aktiven Netzwerk aus Hochschulen, der Wirtschaft, der Industrie- und Handelskammer, der Banken und der Stadt entstehen, regt die neue Gemeinderätin an und fügt bestimmt hinzu: "Der nächste Testturm wird in VS gebaut".

Wo gilt es anzusetzen?

Als Beraterin für Unternehmen, die häufig auch unter Personalmangel leiden, weiß sie sehr genau, wo es anzusetzen gilt, um die Attraktivität von Villingen-Schwenningen noch zu steigern: günstige Bau- und Gewerbeflächen ausweisen, Schulen ertüchtigen, ausreichend viele Kinderbetreuungsplätze schaffen und für moderne Sportstätten sorgen.

Im neu zusammengesetzten Gemeinderat, der "jünger und weiblicher" geworden sei und in dem "ein neues Kräfteverhältnis" herrsche, sieht Kathrin Piazolo gute Chancen, in den nächsten fünf Jahren davon einiges umzusetzen. Daran werde sie nach Kräften mitwirken, verspricht sie.

Neben ihrer Tätigkeit als Anwältin praktiziert sie täglich Yoga und Meditation. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit, ihre Erfahrungen nach entsprechender Ausbildung an andere Menschen weiterzugeben und Yoga und Meditation zu unterrichten. Entspannung findet sie außerdem bei Joggingrunden am Warenberg und im Germanswald mit Hündin "Rosa".

Effizientere Sitzungen

Kathrin Piazolo weiß um den Spagat, den ihr neues Ehrenamt ihr zukünftig vor allem zeitlich abverlangen wird. Deshalb unterschrieb sie die Forderungen der FDP-Fraktion nach effizienteren Sitzungsverläufen. Sie wünscht sich einen berufsfreundlicheren Beginn aller Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse erst um 17 Uhr und ein Ende um 21 Uhr. Denn sie ist davon überzeugt: "Danach fallen ohnehin keine guten Entscheidungen mehr."