Zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung wurde der 52-Jährige verurteilt. (Symbolbild) Foto: dpa

Richter: "52-Jähriger hat großes Rad in der Region gedreht". Dem Sozialwesen hohen Schaden zugefügt.

Villingen-Schwenningen - "Er hat schon ein großes Rad in der Region gedreht, aber finanziell wenig davon gehabt", erklärte Richter Christian Bäumler nach der Urteilsverkündung am Donnerstag im Amtsgericht.

Zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung wurde jetzt ein 52-Jähriger verurteilt. Vorenthalt und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 460 Fällen und in Höhe von mehr als einer Million Euro, so lautet die Anklage, die Erster Staatsanwalt Többens verlas. Weil je einer der Fälle mehrere Arbeitnehmer betreffe, seien es eigentlich 2000 Fälle, rechnete Többens vor.

Angeklagter war Geschäftsführer mehrerer Betriebe

Der aus einem Villinger Traditionsbetrieb stammende Angeklagte, der mehrere Handwerksberufe erlernt hat, hatte laut Anklage als Geschäftsführer mehrerer Betriebe, die meisten davon in Donaueschingen, Beiträge nicht in voller Höhe an die Sozialversicherungsträger und Krankenkassen abgeführt und unvollständige Angaben gemacht. Von diesen Einsparungen habe er "Wettbewerbsvorteile" für seine Betriebe, unter anderem eine Gastwirtschaft und einen Catering-Service in Donaueschingen gehabt. "Er hat als Geschäftsführer niemals Vermögen angehäuft, sehr bescheiden gelebt und selbst für sich nur 500 Euro entnommen", trug Verteidiger Hans-Christian Arnsperger vor. Die Anmeldung zur Sozialversicherung und die Gehaltsabrechung hätten Mitarbeiter seines Büros gemacht, er selber habe nur an wenige der 124 Mitarbeiter seiner Betriebe selber die Löhne gezahlt.

Der gelernte Werkzeugmacher, der inzwischen einen anderen Namen trägt, arbeitet nun in einem Gastronomiebetrieb für 1200 Euro brutto im Monat, fährt keinen PKW mehr. Seine rein geschäftlichen Schulden nach einer Insolvenz im Jahr 2017 lagen schon bei 700.000 Euro, hinzu kamen noch mal 1,3 Millionen Euro nachdem einige Leasing-Geräte seines Catering-Service kurz vor der Ablösung standen.

"Das Leben des Angeklagten ist zerstört", erklärte der Verteidiger. "Er ist zutiefst zerstört und beschämt, zumal er aus einem traditionsreichen Familienbetrieb stammt". Dem 52-jährigen standen Tränen in den Augen.

Eine Million Schaden

"Das Dilemma ist, dass der BGH bei einer Million Euro Schaden von einer Gefängnisstrafe ausgeht", fasste Richter Bäumler zusammen. Er sprach von einem Schaden für das Sozialwesen. "Das bedeutet nicht, dass er irgendwo eine Million herumliegen hat." Bäumler schlug zunächst aufgrund der umfangreichen Akte mehrere Verhandlungstage im Oktober vor. Staatsanwalt Többens erklärte, die Staatsanwaltschaft sei nicht interessiert an Verhandlungen, "bei denen nichts herauskommt." Trotz des Schadens, den der Angeklagte angerichtet habe, habe er ein bescheidenes Leben geführt. Deswegen habe die Staatsanwaltschaft kein Interesse daran, dass der 52-Jährige "sehr lange ins Gefängnis geht".

Eine Freiheitsstrafe mit Bewährung komme aber aus seiner Sicht nicht in Betracht. Demgegenüber konnte sich der Verteidiger eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung nicht vorstellen. Nachdem sich das Gericht zu einer Beratung zurückgezogen hatte, akzeptierte der Angeklagte das Angebot des Staatsanwaltes, der ein Jahr Gefängnis ohne Bewährung vorschlug. Dies unter anderem wohl deswegen, weil bei einem Gang durch die Instanzen bis zum Landgericht eine Freiheitsstrafe in Höhe von drei Jahren und eine Zeit der Ungewissheit gedroht hätten. "Nach einem halben Jahr Strafvollzug wäre er vermutlich wieder draußen", so Többens.