Immer mehr Bürger treffen rund um VS auf Wildtiere. Forstleute versuchen zu beschwichtigen.
Villingen-Schwenningen - Die Begegnung war einzigartig: Da saß doch eine Groß-Katze mit Pinselohren auf der Terrasse... "Kann schon sein", meint der städtische Forstamtsdirektor Tobias Kühn. Doch nicht nur Luchse stehen auf der Liste der Wildtiere, die die Forstleute beschäftigen und für Polemik sorgen.
Während Füchse schon seit Jahren durch das Oberzentrum ziehen, startet der Biber erst richtig durch, um sich an den Bachläufen breit zu machen. Die Chance dagegen, Luchse oder Wölfe vor die Kamera zu bekommen, "sind eher gering", so Kühn im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Mal abgesehen von dem Wolf, der im Mai auf der Baar-Hochfläche gesichtet wurde – zur Freude der Forscher, zum Entsetzen der Schäfer – und der Beobachtung zweier Bürger, zum einen auf einer Terrasse, zum anderen bei einem Sumpfgebiet im Kreis (dabei handelte es sich vermutete Luchs-Spuren).
Der Goldschakal: Wer mit Tobias Kühn über das Thema Wildtiere spricht, kommt am Goldschakal nicht vorbei. Eine Frau sei unlängst im städtischen Forstamt vorbeigekommen und habe von einem Fuchsähnlichen, hochbeinigen Tier gesprochen. "Sie hat das Tier eindeutig beschrieben", berichtet Kühn und vermutet, dass das Tier aus dem Osten Europas stamme und aus seinem Rudel ausgestoßen worden sie. "Meistens kommen, wie bei all den anderen auch, meist junge männliche Tiere." Stets auf der Suche nach Weibchen. "Im Falle des Goldschakals dürfte das ziemlich schwer werden." Es ist das erste Exemplar, von dem Kühn in unserer Region weiß.
Der Wolf: Eines ist sicher. "Wo ein Wolf ist, da ist sicherlich kein Goldschakal", weiß Tobias Kühn. Unlängst entdeckte ein Radler ein ebenfalls männliches Tier. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es mehr Wölfe hier bei uns gibt", schätzt Kühn. "Der Schwarzwald bietet einen hervorragenden Lebensraum." Hinterlässt der Gedanke an den sagenumwobenen und streng geschützten Wolf auch bei Kühn schon fast wohlige Schauer? Aggressiv werde er in den seltensten Fällen. So habe es in Europa zwischen 1950 und 2000 neun tödliche Angriffe gegeben. In Deutschland werden 300 Wölfe vermutet, in Italien 2500 Tiere. Über eine wachsende Zahl von Tieren würde sich zumindest Kühn nicht freuen: "Wenn der erste im Stadtwald auftaucht, zünde ich sicherlich keine Kerze an."
Der Luchs: "Vier laufen derzeit in unserer Gegend herum", weiß Tobias Kühn. Wenn ein männliches Tier hier durchmarschierte dann stamme es sicher aus der benachbarten Schweiz, erläutert Kühn. Seit vielen Jahren möchten Luchsbefürworter weibliche Tiere ansiedeln, "sonst wird das nichts mit einer Population. Doch das ist eine niemals endende Geschichte." Jäger und Tierhalter malen seit Jahren Horrorszenarien, andere möchten den scheuen Räuber im Schwarzwald wieder ansiedeln. Und der Forstamtsleiter aus dem zweitgrößten städtischen Waldgebiet in Baden-Württemberg? "Wenn Juchtenkäfer bei Stuttgart 21 eine Rolle spielen, dann kann man sich auch über den Luchs durchaus Gedanken machen." Und die Sorge um das Rotwild? "Vernachlässigbar", findet er. Eine Population von 50 Luchsen reißt jährlich etwa 3000 Tiere , insgesamt an die 60.000 Rehe werden im Vergleich dazu geschossen. "Außerdem hat kein Luchs je einen Menschen angegriffen", schließt Kühn sein wohlwollendes Fazit.
Der Biber: 40 Biber, und damit etwa zehn Familien, zählt der Forst derzeit, Tendenz steigend. "Es gibt kaum noch einen Bach, wo der nicht ist", so Kühn. Und damit das Landschaftsbild stark verändert. Bauern ärgern sich über Sumpfwiesen, und die örtlichen Forstleute ärgern sich darüber, dass das gesetzte Laubholz vom Biber säuberlich zerlegt wurde. Stattliche Bilanz: "Alle 30 Meter baut der einen Damm." Noch ist das Tier streng geschützt. doch für Kühn steht außer Frage: In Problembereichen müsse die Zahl der Tiere begrenzt werden.
Rund 200 Füchse in VS
Der Fuchs: Rund 200 Füchse dürften sich in VS einquartiert haben. "Mittlerweile gibt es in den Städten mehr Tiere als im Wald", beobachtet Kühn. Noch immer erhalten er und Stellvertreter Roland Brauner mehrere Anrufe pro Woche, wenn mal wieder ein Fuchs durch die Gärten gehuscht ist. Füttern von Füchsen gilt mittlerweile als Ordnungswidrigkeit. "Doch zahlen musste bisher niemand." Zwar komme es immer wieder vor, dass Anwohner ihre Nachbarn anzeigen wollen: "Der füttert die Tiere."
Doch wenn sie ihren Namen als Zeugen nennen sollen, "ist schnell Schluss". Kühn versucht dann ein wenig Luft aus der Hype zu nehmen, vor allem wenn es um Ängste vor Bandwürmern geht. "Die meisten Infektionen erfolgen durch Hunde und Katzen."