Villingen-Schwenningen - "Die scheren sich einen Dreck um uns" – der Ton der Einzelhändler rund um den Schwenninger Marktplatz wird rauer, wenn auch noch hinter vorgehaltener Hand. Von der Stadtverwaltung fühlt man sich nicht nur im Stich gelassen, sondern regelrecht ignoriert.

Die Sache mit dem Baustellenunterstützungsfonds, den Dirk Sautter von der CDU angeregt hatte, scheint noch zu dauern. Viele Kunden sparen sich die nervtötende Fahrt durch den Umleitungsdschungel oder finden die Geschäfte gar nicht erst. Derweil sinken die Umsätze weiterhin – teilweise sind es Einbußen von 55 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, mit welchen die Geschäftsleute zu kämpfen haben. Und dann auch noch das Parkproblem: Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die ihre Autos rund um das Rathaus während der Öffnungszeiten der Geschäfte mit ihren Freiparkmünzen parken – erkennbar am Code 4,44 Euro auf dem Parkschein. Parkplätze für Kunden, die ohnehin schon Mangelware sind, werden somit noch rarer und die Kassen der Geschäftsleute nicht gerade voller.

Gebetsmühlenartig wiederholte die Stadtverwaltung bei Anfragen des Schwarzwälder Boten, die Mitarbeiter der Verwaltung würden selbstverständlich für die Situation sensibilisiert und darum gebeten, nicht gerade direkt vor der Rathaustüre zu parken, sondern zum Wohle der Einzelhändler lieber ein paar Meter Fußmarsch in Kauf zu nehmen. Doch tagtäglich erreichen unsere Redaktion Meldungen und Bilder gefrusteter Einzelhändler, die das Gegenteil belegen: Autos der Verwaltung oder der Technischen Dienste die mit 4,44-Euro-Parkscheinen vor den Geschäften stehen.

Laut Pressestelle hätten viele von ihnen eben schweres Gerät oder Akten zu schleppen, weshalb möglichst rathausnah geparkt werden müsse, doch ein Blick aus dem Fenster bestätigt nicht nur diesem Einzelhändler: "Außer ihren Händen tragen die meist gar nichts!" Ganz egal, was zuvor in der Presse über die Situation hier gestanden hat: "Denen ist das vollkommen egal."

Ernüchterung und Frust machen sich breit am Marktplatz in Schwenningen. Und mit Blick auf die Umsatzzahlen auch blanke Existenzangst.

Einzelne Gemeinderäte haben bereits reagiert. Die CDU hat beispielsweise den Antrag gestellt, unter anderem für die Zeit der Marktplatz-Umgestaltung keine Ausschusssitzungen im Schwenninger Rathaus stattfinden zu lassen, dass die Gemeinderäte mit ihrem Sonderparkrecht keine der jetzt so besonders wertvollen Parkplätze blockieren. Die Stadtverwaltung will sich hierzu in der Sitzung vom 25. Juli erklären.

Doch warum geht die Verwaltung nicht drastischer vor?, fragen wir bei der Pressestelle der Stadtverwaltung. Denkbar wäre beispielsweise, an die Ausgabe der Freiparkmünzen die Bedingung zu knüpfen weiter entfernt zu parken, oder sogar das eindeutige Verbot auszusprechen, damit in den Straßen rund ums Rathaus zu parken. Müssten die Rathausmitarbeiter dann bei Zuwiderhandlung kassierte Knöllchen des Vollzugsdienstes aus eigener Tasche begleichen, könnte im Parkchaos von Schwenningen vielleicht Ruhe einkehren.

Doch solch drastischeren Schritte plant die Verwaltung offenbar nicht. Pressesprecherin Madlen Falke lässt auf Anfrage verlauten: "Auf dem Mitarbeiterplatz in der Au sollen die Mitarbeiter parken, die im Schwenninger Rathaus tätig sind. Wenn städtische Bedienstete die öffentlichen Parkplätze nutzen, dann deshalb, weil sie dienstliche Angelegenheiten zu regeln haben." Keinesfalls sei die Stadt in dieser Angelegenheit untätig. "Wie bereits berichtet, wurde in einer neuen Dienstanweisung der dienstliche Umgang mit städtischen Freiparkmünzen explizit neu geregelt und klar definiert, wann und wie diese zum Einsatz kommen dürfen oder nicht. Insbesondere die Anweisung, dass die Höchstparkdauer einzuhalten ist, wurde neu formuliert."

Mitarbeitern, die sich nicht an diese Dienstanweisung halten, drohten arbeitsrechtliche Konsequenzen. Bürgermeister Detlev Bührer habe in der Gemeinderatssitzung bestätigt, dass der kommunale Ordnungsdienst konsequent verwarne. Gerade weil die Parkmünzen nicht für fremde Zwecke verwendet werden dürfen, könnten sie nur im direkten Umfeld der Rathäuser in die Parkautomaten geschmissen werden und keinesfalls an den Automaten im gesamten Stadtgebiet. "Die Umstellung der Parkautomaten ist derzeit in Arbeit."

Kommentar: Verheerend

Von Cornelia Spitz

Das Signal der Stadtverwaltung an die Einzelhändler rund um den Schwenninger Marktplatz ist verheerend. Das Genick einzuziehen und darauf zu warten, dass das Gewitter sich verzieht, ist falsch. Und Millionenbeträge in das Aufhübschen der Schwenninger Innenstadt zu investieren, und währenddessen die Einzelhändler vor die Hunde gehen zu lassen, auch. Schön, wenn die Stadtverwaltung, in der es einst gekriselt haben soll, sich einmal offensiv hinter ihre Mitarbeiter stellt. Aber es darf nicht sein, dass sie das auf Kosten der Händler tut und in dem Wissen, dass diese bei der noch bis 2020 anhaltenden Großbaustelle mit Umsatzeinbußen von bis zu 55 Prozent kämpfen. Wenn die Geschäfte schließen müssen, weil immer mehr Kunden sich den Weg dorthin sparen, hätte man sich am Ende auch die Investitionen in die Innenstadt sparen können.