Ein letztes Mal wird sich am Dienstag ein ähnliches Bild bieten. Dann beladen Ewald Baumann und seine Helfer in Schwenningen den letzten Container mit Fahrrädern, um Menschen in Afrika zu helfen. Künftig findet das in Bräunlingen statt.Archiv-Foto: Kratt Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Ewald Baumann und seine Helfer füllen den letzten Container / Diskussion mit einem König

Zum letzten Mal schickt Ewald Baumann am Dienstag mit Fahrrädern beladene Container von Villingen aus nach Afrika. Dort sollen sie gute Dienste tun. Die Bilanz des engagierten Schwenningers ist trotz großer Erfolge auch von Unmut geprägt.

Villingen-Schwenningen (cos). Lange Zeit suchte Baumann vergeblich nach einer neuen Lagermöglichkeit in Villingen-Schwenningen für die "Fahrräder für Afrika". Auch sein Wunsch, das Beethoven-Haus für diesen Zweck nutzen zu dürfen, erfüllte sich nicht. Künftig wird die Hilfe für Afrika deshalb von Bräunlingen aus erfolgen.

Doch zurück zum Anfang: In ländlichen Gebieten der afrikanischen Länder sind Transportmöglichkeiten nicht auf dem Niveau der entwickelten Länder. Am meisten davon betroffen sind diejenigen, die massiv zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen, insbesondere Bauern und Schulkinder. Die meisten Bauern müssen in der sengenden Sonne lange Strecken zu Fuß zurücklegen. Schulkinder bilden keine Ausnahme. Solche Entfernungen zur Schule und wieder zurück, um den Eltern bei der Arbeit auf dem Feld zu assistieren, behindern nicht nur die schulischen Fortschritte, sondern auch die Hilfe auf dem Feld.

Schulwege zu Fuß, von zweimal 15 Kilometern in zweimal zwei Stunden bei sengender Hitze gehören in Afrika für Millionen von Schulkindern zum Standard. Ewald Baumann weiß: Ein Fahrrad ist oftmals überhaupt erst die Voraussetzung für den Besuch einer Schule. Zudem verbringen Frauen und Kinder pro Tag bis zu vier Stunden mit dem Holen von Wasser zu Fuß bei sengender Hitze – eine zeit- und kraftraubende Tätigkeit.

"Im Durchschnitt kann mit Hilfe eines Fahrrads im gleichen Zeitraum die vierfache Distanz zurückgelegt und fünfmal mehr transportiert werden als zu Fuß", erläutert der Schwenninger nimmermüde. In den allermeisten Fällen sei ein Fahrrad für die ländliche Bevölkerung in Afrika unerschwinglich. "Ihnen Fahrräder zukommen zu lassen um ihre wirtschaftlichen Fortschritte in Zeiten des Klimawandels massiv zu unterstützen, ist das Mindeste was getan werden kann", ist Baumann überzeugt und brachte deshalb die langjährige Aktion "Fahrräder für Afrika" auf den Weg. In Afrika kann ein Fahrrad den Unterschied zwischen sauberem oder schmutzigem Trinkwasser oder die Möglichkeit, die Ernte zum Markt bringen zu können, oder zusehen zu müssen, wie sie verrottet, bedeuten.

Ein Menschenrecht

Ein Fahrrad eröffnet in abgelegenen Gebieten die Möglichkeit, ein Hospital oder eine Apotheke aufsuchen zu können, für Aids- und Gesundheitsaufklärung, denn Geld für öffentliche Beförderungsmittel ist bei der armen Bevölkerung meist nicht vorhanden. "Bei der Förderung der Fahrradkultur in Afrika geht es um nichts weniger als um die Ermöglichung grundlegender Menschenrechte", ist Baumann überzeugt.

Am Dienstag, 4. August, erfolgt die letzte von dann insgesamt zehn 40-Fuß-Containerbeladungen, die in der Lichtensteinstraße/Industriebau Haller in Villingen-Schwenningen, die bisher nach Eritrea, Tansania, Burundi und Ghana verschickt worden sind. Danach erfolgt nach über vier Jahren der Umzug in ein weiteres Fahrradlager in Bräunlingen, wo dann vorerst wieder Fahrräder im Schwarzwald-Baar-Kreis angenommen und weitere Übersee-Container verschickt werden können.

Es handelt sich hierbei gleichzeitig um die zweite Fahrrad-Containerbeladung mit etwa 350 Fahrrädern nach Hohoe/Ghana in die Volta Region, mehr als 30 Jahre Teil von Togoland einer der sogenannten deutschen "Musterkolonien", dem Stammsitz von Togbe King Céphas Kosi Bansha, König von Hohoe Gbi Traditional Ghana/Ludwigshafen, der bei der Containerbeladung im Blauen Anton wieder anwesend sein und mit anpacken wird. Der König ist Kfz- und Landmaschinenmechaniker-Meister in Ludwigshafen und hat in seiner Werkstatt bereits 14 Lehrlinge ausgebildet. Er ist Oberhaupt von etwa 200 000 Ewe, die in Ghana und Togo leben.

Um 12.30 Uhr findet am Beladeort in der Lichtensteinstraße 6 eine Informations- und Diskussionsveranstaltung inklusive Fragestunde mit König Céphas Bansah statt. Bei der "Abschiedsveranstaltung" von Schwenningen soll darüber hinaus Gelegenheit für interkulturelle Begegnung, informelle Gespräche und Erfahrungsaustausch gegeben werden. Neben der Bedeutung des Fahrrads für Mobilität und Nachhaltigkeit in Nord und Süd in einer Zeit, wo der Klimawandel in Afrika schon längst angekommen ist, können auch allgemeine entwicklungspolitische Themen angesprochen und diskutiert werden. Außerdem sollen wieder Bambusfahrräder "Made in Ghana" präsentiert werden.

Spenden noch möglich

Während der Containerbeladung können zwischen 12 und 19 Uhr gebrauchte Fahrräder, auch reparaturbedürftig, Fahrrad-Ersatzteile und Zubehör, elektrische und mechanische Nähmaschinen, Werkzeuge für Handwerker (Schraubstock, Schraubenschlüssel und ähnliches), Werkzeugmaschinen, funktionierende Laptops für Schulen und französische und englische Literatur und Geo- und National Geographic Magazine in Englisch oder Deutsch für Deutschunterricht in Afrika gespendet werden.