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Porträt / Reinhard Gackowski wirkt in vielen Stücken im Theater am Turm mit

Wenn er heute Abend und auch morgen auf der Bühne des Villinger Theaters am Turm als Darsteller des Butlers James in "Dinner for one – wie alles begann" mit der englischen Sprache ringt, ahnt niemand, dass Reinhard Gackowski die Sprache bestens beherrscht, auch französisch spricht und sich sogar türkisch verständigen kann.

VS-Villingen. Der 71-Jährige verkörpert den talentfreien Schauspieler, der sich um die Butlerrolle bewirbt, ebenso authentisch wie die vielen anderen Rollen, in die er in rund 25 Theaterstücken schon geschlüpft ist. Während er als trunkener James das Publikum erheitert, probt er schon im Bärenkostüm für seine nächste Rolle im Kinderstück "Dr. Brumm kommt in Fahrt" an der Seite von Henry Greif.

Als "Petterson" spielte er neben dem verstorbenen Bene Erdel alias "Findus" zum ersten Mal vor Kindern. "Das war eine wunderschöne Erfahrung", sagt er und wird daher auch als Dr. Brumm die Spontanität und Ehrlichkeit eines jungen Publikums genießen. Sehr gerne erinnert sich Gackowski aber auch an "Mehmet", den er im Sommertheaterstück "Kebap Connection" gab. Damals sei die Regisseurin Liliana Valla nach "dem Türken" gefragt worden, der da mitspiele. "Wie lange ist der schon in Deutschland?". Über so etwas freut sich Gackowski diebisch. Seine Liebe zur Türkei ist inzwischen aufgrund der bekannten Umstände zwar sehr abgekühlt – "in das Land reise ich nicht mehr" – , doch das war nicht immer so.

1988 hat er sich in die türkische Kultur und das Volk verliebt. Damals war er im Export der einstigen Firma Winkler Bäckereitechnik tätig und unter anderem für die Türkei zuständig. Unter den Auftrag zur Ausstattung einer Großbäckerei in Istanbul brauchte er die Unterschrift des dortigen Oberbürgermeisters: Recep Tayyip Erdogan. "Wir haben zwei-, dreimal Tee zusammen getrunken", sagt Gackowski und gibt zu, seinerzeit von dessen charismatischer Ausstrahlung begeistert gewesen zu sein. Den Winkler-Konkurs konnte der Millionendeal allerdings auch nicht verhindern.

Gackowski erblickte in einer Mansardenwohnung in der Goethestraße 23 das Licht der Welt. Später lebten er, seine Eltern und sein Bruder am Goetheplatz. Durch die Nähe zur französischen Garnison und die allsonntäglichen Besuche des "Franzosenkinos" in der Pontarlierstraße lernte er automatisch die französische Sprache. Bei Kienzle Apparate ging er in die Kaufmannlehre, arbeitete 18 Jahre lang in der Programmierung und studierte dann BWL an der Fachschule in Tuttlingen. 1981 "kam Mannesmann – und ich musste gehen". Fünf Jahre wirkte er bei der Firma Trenkle GmbH in Pfaffenweiler. Als auch die übernommen wurde, "floh" Gackowski und begann 1986 bei Winkler. Nach der Pleite übernahm er mit 14 Mitarbeitern die Sparten Ersatzteilversorgung und Kundendienst. 2005 war endgültig Schluss, die Horstmann-Gruppe übernahm und boten dem damals 59-Jährigen die Weiterbeschäftigung in Detmold an. Er lehnte ab. Statt "Schaukelstuhl und sonniges Plätzchen", wie es ihm das Arbeitsamt schmackhaft machen wollte, entschied sich Gackowski aber, für weitere elf Jahre bei der Steinbeis-Stiftung Existenzgründer und Erfinder zu unterstützen.

Seit Ende 2016 ist er im Ruhestand und hat nun mehr Zeit für seine Leidenschaft, die Schauspielerei. Sein Talent fiel schon Irma Kleiner auf, einst Ausbilderin der technischen Zeichner bei Kienzle Apparate, die ihn für die Firmen-Theatergruppe gewann. Bei Rentnerweihnachtsfeiern und Azubiausflügen "spielten wir Sketche und erzählten Witze", erinnert sich Gackowski. 1993 traf er auf Eberhard Zimmermann, der ihn spontan für das Theater am Turm anwarb. In "Jedermann" spielte er zum ersten Mal mit, war und blieb bis heute begeistert von der Schauspielerei. Beim verstorbenen Marc Cevio nahm er Unterricht im Atmen, Sprechen, Singen und Tanzen.

2002 gründete er nach vereinsinternen Querelen mit Christa Paul, Rupert Schuhmacher und Heinrich Greif in Schwenningen das "Galerietheater", kehrte nach wenigen Jahren aber zum Theater am Turm zurück. "Die Physiker", das Sommertheater zur Landesgartenschau, "Das Sparschwein" und vor allem "Das Tagebuch der Anne Frank" sind ihm in besonderer Erin nerung geblieben. Letzteres sei ihm so nahegegangen, dass er während der Probearbeit acht Kilogramm Gewicht abnahm. Als "Ritterschlag" habe er das Sommertheater 2017 empfunden. Die Junghansvilla als Spielort, das Stück "Figaros Hochzeit", die Kollegen und der Regisseur Ches Themann haben ihn tief beeindruckt.

Die Ursache für sein schauspielerisches Talent findet Reinhard Gackowski bei seiner Mutter. "Sie machte sogar die Bedienungsanleitung für eine Waschmaschine zu einem Theaterstück".