Mieter gesucht: Diese Räume im Gebäude der Stadtbibliothek stehen leer. Foto: Parage

Suche nach Mietern für Gewerbeimmobilien in Schwenningen schwierig. Umfeld muss passen. Mit Kommentar

VS-Schwenningen - Leerstände sind ein Thema, das Schwenningen begleitet. In der Innenstadt gibt es zahlreiche gewerbliche Immobilien, die auf einen neuen Mieter warten. Immerhin: In der Friedrich-Ebert-Straße 16 verschwindet ein Leerstand.

In der Friedrich-Ebert-Straße tut sich etwas. Bisher leer stehende Ladenflächen, zuletzt war dort ein Modegeschäft, werden renoviert. Die Fenster sind noch abgeklebt, Handwerker-Fahrzeuge parken davor. Es ist ein Leerstand von vielen in der Innenstadt. Eine Fläche mit Potenzial, die bald wieder genutzt werden soll. Am 1. Dezember eröffnet dort Yusuf Kisaoglu eine Maß- und Änderungsschneiderei. Bei vielen anderen Leerständen ist dies anders. Sie warten seit Monaten, wenn nicht schon länger, auf eine neue Nutzung.

Ist es so schwer, einen Mieter für Gewerbeflächen in der Innenstadt zu finden? Eine Maklerin, die ein leer stehendes Geschäft in der Muslen vermarktet, will sich zu dieser Frage nicht äußern. Anders sieht es beim Besitzer von Räumen in der Nachbarschaft aus. Dieser berichtet, dass es schwierig sei, geeignete Mieter zu finden. Anfragen gebe es viele, "aber es muss passen". Einen weiteren Döner-Imbiss oder noch eine Shisha-Bar wolle er nicht, sagt der Mann.

Die Geschäftsräume, zweimal 128 Quadratmeter groß, habe er vor etwa sieben Monaten gekauft. Er erhofft sich eine Miete von mindestens 1800 Euro dafür. "Das ist kein Wucherpreis", findet er, "aber schenken tu’ ich niemanden was." Zumal es am Preis bei einem aussichtsreichen Interessenten nicht scheitern solle. Wenn der Mensch passe und dessen Vorhaben, erst dann entscheide er über die Miete endgültig, erklärt der Eigentümer.

Ein weiterer Dauer-Leerstand befindet sich im Gebäude der Stadtbibliothek. Dieser gehört seit gut anderthalb Jahren der City Immobilien Verwaltungsgesellschaft aus Düsseldorf, die auch das City-Rondell verwaltet. "Es kommt immer auf die Lage an", antwortet Stephan Raida, Pressesprecher der City Immobilien, auf die Frage nach der Schwierigkeit, geeignete Mieter zu finden. Zur genannten Immobilie hat er eine klare Meinung: "Das ist heute schon B-Lage." Grund sei das geplante Forum VS.

Die City Immobilien hatten sich in der Stadtbibliothek eingekauft, um als Eigentümer mitreden zu können, was den künftigen Zugang vom Muslenplatz her ins neue Einkaufszentrum angeht. Von daher dürfte sich der Wert des Leerstands nicht an der zu erwartenden Miete orientieren.

Raida hält einen Dienstleister für einen geeigneten Mieter. So gibt es im selben Gebäude bereits ein Reisebüro. Ein Einzelhändler dürfte es schwer haben. "Es ist mitten in der Stadt, aber ich glaube nicht, dass es mitten in der Frequenz ist", meint Raida. Die sei eher am City-Rondell. Um erfolgreich zu sein mit einem Geschäft, müssen laut dem Pressesprecher das Umfeld, die Lage und die Größe der Immobilie passen.

"Angebot und Nachfrage regeln vieles"

Genau wie der Preis. Dass ein Vermieter seine Räume lieber leer stehen lässt, als sie günstiger zu vermieten, das glaubt Stephan Raida jedenfalls nicht. "Angebot und Nachfrage regeln vieles", sagt er. "In der Immobilienwelt fast alles." Einer, der die Immobilienwelt zumindest in VS im Blick hat, ist Thomas Haller. Der Rechtsanwalt ist seit 2009 Vorstand von "Haus und Grund Eigentümerschutz-Gemeinschaft Villingen-Schwenningen" und beruflich auf Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Haus und Grund ist die Interessenvertretung der privaten Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümer.

Gewerbliche Immobilien, sagt Haller, seien nicht das Hauptgebiet des Vereins. Dass es zahlreiche Leerstände in Schwenningen gibt, fällt ihm natürlich dennoch auf. Dies gehe auf die Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren zurück. Auf die Frage nach dem Warum meint er: "Da kann man viele Antworten finden." Eine Rolle spiele sicher der starke Onlinehandel, eine weitere die Situation der Städte. Eine Stadt müsse für potenzielle Mieter, also Gewerbetreibende, attraktiv sein. "Da ist möglicherweise das eine oder andere versäumt worden." Als Bürger frage er sich schon, wenn er nach Schwenningen hineinfahre: "Ist es einladend?"

Und er fragt sich, warum ein Auswärtiger zum Einkaufen nach Schwenningen kommen sollte. Andernorts haben es Kunden leichter. Der Jurist nennt die sogenannte Brezeltaste auf Parkscheinautomaten als Beispiel. Anders als in VS parken Autofahrer etwa in Rottweil die ersten beiden Stunden kostenlos. Das unterstreicht, was er meint, wenn er sagt, dass Immobilieneigentümer allein nicht allzu viel tun können, um Mieter zu finden. Auch der Handel müsse ein Interesse haben, sich einzubringen. Aber wie viele Einzelhändler gebe es denn noch? In Schwenningen kommen derzeit erschwerend die Baustellen hinzu. "Für Einzelhändler die da sind, sind sie ein existenzielles Thema."

Bei allen Problemen und Fragen, die sich auftun, ist Thomas Hallers Fazit klar: "Die Stadt muss für den Handel attraktiver werden."

Kommentar: Balance wahren

Größe, Mietpreis, Handelsumfeld, Lage: All das spielt eine Rolle, wenn Experten darüber reden, wie gut sich gewerbliche Immobilien vermarkten lassen. Immer wieder läuft es dabei auf das eine hinaus: Eine Stadt muss attraktiv sein, um Gewerbetreibende und Kunden anzuziehen. Zur Attraktivität gehören die Erreichbarkeit, Parkplätze, das Angebot an Geschäften, die Optik... Daran krankt es in Schwenningen. Allzu oft finden sich Billig-Läden, Döner-Imbisse oder Wettbüros. Auch sie gehören zur Innenstadt, keine Frage. Doch die Balance muss gewahrt werden. Sogar auf dem Jahrmarkt besteht ein Ungleichgewicht. Alteingesessene Händler klagen, es gebe zu wenige Stände mit hochwertigen Waren. Ein Konzept muss her: Das Citymanagement ist überfällig. Da ist es umso bedauerlicher, dass es das Thema 2018 nicht einmal mehr in den Gemeinderat schafft.

Info: Mietspiegel

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg hat ihren neuen Mietpreisspiegel zu gewerblichen Immobilien veröffentlicht (wir berichteten). Dafür wurden ab 2017 IHK-Mitglieder befragt. 74 Befragungen zu Handelsimmobilien wurden ausgewertet. Die meisten davon, nämlich 20, stammen aus Villingen-Schwenningen. Im Vergleich mit umliegenden Städten zeigt sich, dass die Mieten in VS mit 10,19 Euro pro Quadratmeter (Mittelwert Kaltmitte) am höchsten sind. Villingen und Schwenningen sind im Mietpreisspiegel nicht separat ausgewiesen. "Wir sind eine Stadt", erklärt Lena Häsler, IHK-Projektleiterin Handel. Deshalb sollte alles getan werden, dass Villingen und Schwenningen zusammen auf wirtschaftlich starken Füßen stünden, meint sie. Im Bericht heißt es weiter: "Die Einzelhändler in der Region haben eine durchschnittliche Gesamtmietbelastung von 1351,43 Euro im Monat." Der Mietpreis ist in den vergangenen fünf Jahren in allen bewerteten Städten der Region weitestgehend konstant geblieben. Befragt zum Zustand der Handelsimmobilien, schneidet Villingen-Schwenningen mit einer 2,5 ab. Die Zwei steht dabei für "gut, aber nicht neuwertig". Drei wäre verbesserungs-, weil leicht renovierungsbedürftig.