Hinter verschlossenen Türen beschäftigte sich der Gemeinderat mit der Überstunden-Vergütung bei der Stadt und stellte fest, dass es Pflichtwidrigkeiten gab. Foto: Archiv

Oberbürgermeister schaltet Berufsversicherung für Schadensersatz ein. Vorwurf der "Günstlingswirtschaft".

 Villingen-Schwenningen - Dass der Umgang mit Überstunden bei der Stadtverwaltung Pflichtwidrigkeiten aufweist, hat der Gemeinderat gestern Abend in nicht öffentlicher Sitzung einstimmig festgestellt. Und Oberbürgermeister Rupert Kubon aufgefordert, den entstandenen Schaden in Höhe von 80.000 Euro bei seiner Berufsversicherung geltend zu machen.

Mitgenommen von einer dreieinhalbstündigen Sitzung, in der Achim Lindemann von der Anwaltssozietät CMS Hasche Sigle das von ihm erarbeite Gutachten erläutert hatte, gingen Renate Breuning und Klaus Martin von der CDU sowie die Freien Wähler Wolfgang Berweck und Erich Bißwurm gegen 21.30 Uhr mit dem Ergebnis an die Öffentlichkeit. Kubon habe zu Beginn mitgeteilt, bereits auf die Versicherung zugegangen zu sein, und dann vorbeugend die nicht öffentliche Sitzung verlassen, um dem Vorwurf der Befangenheit aus dem Weg zu gehen, erklärte die CDU-Fraktionsvorsitzende. So übernahm der Erste Bürgermeister Rolf Fußhoeller die Leitung der Sitzung.

Geld wird von Beamten nicht zurückgefordert

Ohne Gegenstimmen, teils mit Enthaltungen habe der Gemeinderat alle Entscheidungen getroffen und die Einschätzung des Gutachtens geteilt, dass es zu Pflichtwidrigkeiten bei Leistungs- und Urlaubsvergütungen, Mehrarbeit und Überstunden von Mitarbeitern der Verwaltung gekommen ist, erläutere Renate Breuning. Gerade bei Beamten gebe es strenge Vorschriften, dass Überstunden anzuordnen und zu dokumentieren sind, für besondere Aufgaben auch ohne Bezahlung, betonte Berweck. Beides sei in den vorliegenden Fällen nicht passiert. Allerdings habe das Gremium von der Möglichkeit abgesehen, das Geld von den Beamten zurückzufordern, da es weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit Wert lege.

Vielmehr solle die Versicherung des Oberbürgermeisters für den durch Fahrlässigkeit entstandenen Schaden aufkommen. Je nachdem, wie hoch der Schadensersatz ausfalle, behalte sich der Gemeinderat vor, das Thema nochmals auf den Tisch zu bringen, betonte Renate Breuning. Zudem habe er die Stadt aufgefordert, bis im November Vorschläge vorzulegen, wie sie das Thema Überstunden bei Beamten und Angestellten künftig handhabt und genaue Dokumentationen der zusätzlichen Arbeit eingefordert.

Denn zum einen sei es CDU und Freien Wählern darum gegangen, den entstandenen Schaden wieder gutzumachen, stellte sie fest. Zum anderen seien für die Zukunft klare Verhältnisse zu schaffen. Denn in den Genuss der Vergünstigungen wie Überstunden- oder Urlaubsvergütung seien nur wenige gekommen, unterstrich Berweck, etwas 16 der rund 1000 Mitarbeiter schätzen er und seine Kollegen. Weder im Bauamt noch beim Bauhof habe es das gegeben, nur in dem Kubon unterstellten Dezernat I, kritisierte Bißwurm. Dies habe schon zu Missstimmung in der Verwaltung geführt, so Berweck. Denn normalerweise bestehe das Recht, höchstens 20 Überstunden in den nächsten Monat zu übertragen, eine Bezahlung sei nicht vorgesehen. Der Rest verfalle. Da gehe es auch um Gerechtigkeit. "Wir können es den anderen Bediensteten nicht zumuten, dass eine Günstlingswirtschaft betrieben wird", brachte er seine Meinung auf den Punkt.

Die mit Unterstützung von Fußhoeller und Hauptamtsleiter Joachim Wöhrle zustande gekommene Beschlussfassung könne auch die SPD-Fraktion mittragen, so Bernd Schenkel. "Wir haben starkes Interesse daran, dass die im GPA-Gutachten geäußerte Kritik abgearbeitet wird", lautete sein Fazit, nachdem Lindemann den Entwurf des Gutachtens erläutert und einige Beurteilungen abgeschwächt habe.