Die Debatte um das neue Gefängnis in Rottweil schien schon abgeschlossen, jetzt fängt sie wieder von vorne an. Ganz von vorne. Foto: Seeger

Gefängnisdebatte in Rottweil bekommt Konkurrenz durch den Oberbürgermeister von VS.

Schwarzwald-Baar-Heuberg - Es muss nicht das Bitzwälde sein. Der Rottweiler Oberbürgermeister Ralf Broß kann sich auch andere Standorte im Kreis Rottweil vorstellen. Doch er hat Konkurrenz bekommen: Rupert Kubon, Oberbürgermeister von Villingen-Schwenningen, zeigt sich für einen neuen Standort in der Doppelstadt für die regionale Groß-Justizanstalt durchaus aufgeschlossen.

"Natürlich müssen wir uns einer solchen Diskussion stellen", erklärte Kubon gestern auf Anfrage des Schwarzwälder Boten im Vorfeld der Sitzung des Verwaltungsausschusses der Stadt, wo er das Thema ansprach. "Das Land hat bei uns angefragt. Wir dürfen uns der Diskussion nicht verschließen. Man kann nicht sagen, man macht das nicht".

Kubon will in sachlicher Atmosphäre mit dem Gemeinderat der Doppelstadt das Thema erörtern, sagte er gestern in der Sitzung des Verwaltungsausschusses. Und die weiteren Schritte? "Wir müssen erst mal sehen, ob es geeignetes Gelände bei uns gäbe", so Kubon. Etwa im Zentralbereich zwischen Villingen und Schwenningen, wo gerade das neue Großklinikum entsteht? Darüber hat Kubon nach eigener Auskunft noch nicht konkret nachgedacht. Und natürlich kommt es darauf an, was der Gemeinderat meint.

Das Land sucht jetzt offiziell einen neuen Standort für eine neue Justizanstalt im Städtedreieck Rottweil, Donaueschingen und Tuttlingen. Schon konkreter in die Standortsuche eingetreten ist die Stadt Rottweil.

Deren Oberbürgermeister und Gemeinderat beschäftigen sich schon seit Jahren mit dem Thema und wollen die regionale Justizvollzugsanstalt unbedingt. Doch sobald ein Standort gefunden scheint, erhebt sich Bürgerprotest. Bei dem umstrittenen Standort an der Grenze zum Zollernalbkreis müsse es nicht bleiben, äußerte Oberbürgermeister Ralf Broß gegenüber dem Schwarzwälder Boten. Da das Land einen erneuten, ergebnisoffenen Standortsuchlauf anstrengt, ist vor dem Hintergrund der Beschlusslage auch der Stallberg erneut zu prüfen", so Broß.

Laut Broß hat der Ausgang des Verfahrens große Auswirkungen auf die Zukunft der Stadt, die immer noch den Ruf als Behördenstadt genießt: Rottweil sollte sein Möglichstes tun, um den Weg für eine Lösung auf Rottweiler Gemarkung zu ebnen. "Sollten andere Kommunen den Zuschlag erhalten, besteht die grundsätzliche Gefahr, dass Rottweil weiter an Bedeutung als Mittelzentrum verliert", gibt er zu bedenken.

Als abschreckende Beispiele nennt Broß die geplante Polizeireform mit dem drohenden Verlust des Direktionssitzes, die Abwanderung des Schulamts nach Donaueschingen oder die Verlagerung der Leitung der Arbeitsagentur. Der Rottweiler Gemeinderat befasst sich in der Sitzung am 15. Februar mit dem Thema Gefängnissuchlauf.

Kommentar

So muss es früher den Gerbern gegangen sein, wenn sie nach einem Moment der Unachtsamkeit sahen, wie ihre Felle davonschwammen. Mit dem Start des neuen Suchlaufs für ein Gefängnis hat Rottweil nicht nur den schon sicher geglaubten Standort verloren. Es kommt schlimmer. Denn neben dem Bitzwäldle werden Namen gehandelt, die wie böse Geister aus einer anderen Zeit auftauchen: Stallberg, Esch, Hochwald. Die ehemalige freie Reichsstadt erwartet erneute nervenaufreibende Diskussionen um den richtigen Platz für 500 Häftlinge.

Egal wo: Wieder werden Bürgerinitiativen vehement gegen eine JVA vor der eigenen Haustüre vorgehen, Gutachter seitenweise auf eine schützenswerte Flora und Fauna verweisen, betroffene Kommunalpolitiker auf die Pauke haben. Gut möglich, dass Rottweil am Ende von all dem mit leeren Händen dastehen wird.

Kriterien für das neue Gefängnis sind unter anderem ein passendes Grundstück, die Erschließung, Ökologie und das kommunalpolitische Einvernehmen.