Joachim Kretschmann Foto: Archiv

Äußerungen zu Vortrag über "Homosexualität und Bibel" hat Folgen. SPD-Vorstand fordert Toleranz und Solidarität ein.

Villingen-Schwenningen - Der SPD-Vorstand VS fordert zum "Fall Kretschmann" Toleranz und Solidarität ein. Die Äußerung von Joachim Kretschmann zu Pfarrer Frank Banses Vortrag "Homosexualität und Bibel" sei von vielen Mitgliedern der SPD heftig kritisiert worden, heißt es in einer Pressemitteilung der Partei. SPD-Vorsitzende Silvia Wölfle sieht in diesem öffentlichen Brief die Grundprinzipien der SPD – Toleranz und Solidarität – aufs Gröbste verletzt. Sie legte Kretschmann nahe, der im SPD-Vorstand das Amt des Schriftführers bekleidet, aus dem Vorstand auszuscheiden.

Nach kurzer Bedenkzeit hat Joachim Kretschmann alle Funktionen in der SPD niedergelegt. Neben dem Vorstandsamt ist das auch seine Aufgabe als Kreisdelegierter. Vorsitzende Silvia Wölfle hat das Vorstandsmitglied Renate Gravenstein gebeten, bis zur Neuwahl des Vorstands im Januar 2015 die Aufgabe der Schriftführerin wahrzunehmen. Der SPD-Vorstand betont, dass die SPD für Menschen aller Glaubensrichtungen offen sei. Gerade die Kandidatenliste zur Gemeinde-ratswahl habe diese Offenheit und Vielfalt dokumentiert. Dagegen habe Kretschmann eklatant verstoßen. Frank Banse hat in seinem Vortrag gesagt, dass Homosexualität nicht gegen die Gebote Gottes verstoße.

"Ich möchte betonen, dass es nicht meine Absicht ist, Pfarrer Banse persönlich zu diskreditieren, sein Name ist sozusagen austauschbar, die Gespräche mit ihm am Wahlstand der SPD jedoch haben mich als Christ alarmiert, wie ein Pfarrer solch eine Bibel feindliche Einstellung an den Tag legen kann", meldete sich Kretschmann jetzt zu Wort. Er habe Banse mehrfach dazu angesprochen, aber er sei nicht darauf eingegangen. 

Seite 2: Persönliche Stellungnahme von Joachim Kretschmann

Nachfolgende Stellungnahme hat Joachim Kretschmann der Redaktion zur Veröffentlichung überlassen: 

"So schnell wird man also zu einer „Causa Kretschmann“ mit den Atributen intollerant, Menschen verachtend, und noch gefährlicher: Ein echter Evangelikaler – na, dann ist ja alles klar! Wirklich? Darum hier meine persönliche Darstellung.

Wer mich kennt, der weiß, dass ich stets mit 100 Prozent Herzblut dabai war, 2010 für die Wiederwahl von OB Rupert Kubon, 2012 für die Zentrale Verwaltung, seit 2013 als Schriftführer im Ortsvorstand und Kreisdelegierter und dann selbstverständlich für Jens Löw als unseren Spitzenkandidat im Bundeswahlkampf. Ja und zuletzt selber als einer von vielen „Neuen“ Kandidaten für den Stadt- und Kreisrat.

Dass ich keine reelle Chance hatte, war mir schon seit dem Jahreswechsel klar, da viele Stammwähler die Wiederkehr einiger „alten Bekannten“ von Früher als Kandidaten sehr begrüßten, die dann am Ende auch hoch verdient (!!!) gewählt wurden. Für Pfarrer Banse war es von Anfang an ein Selbstläufer, und so habe ich Seite an Seite mit ihm am Wahlstand für eine gemeinsame übergeordnete Sache gekämpft: Eine möglichst hohe Gesamtstimmenzahl, um am Ende auch die Plätze im Stadtrat halten zu können gemäß dem Gesamtergebnis von uns allen. Für mich zählte hier also einzig die Fraktion, der Edgar Schurr dann vorstehen würde. Darum kann ich es beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie Bernd Schenkel mir nun Mißgunst gegen einen „erfolgreichen Mitkandidaten“ unterstellt. Nichts ist abwegiger, das weiß jeder, der mit mir die letzten Monate zusammen nicht nur im Wahlkampf, sondern ebenso auch als Leiter der Arbeitsgruppe „Leitlinien Sozialdemokratischer Kommunalpolitik“ im Gespräch war, welche ein Musterbeispiel von vorbildlichem Teamwork war. Es ist keine schöne Sache, von einem Redakteur am Telefon zuerfahren, das „man im Ortsvorstand sich schon über mein Ausscheiden einig sei“, noch ehe überhaupt irgend jemand von den Genossen überhaupt mit mir persönlich gesprochen hat!

Besonders nachdenklich stimmt mich die Äußerung von Frank Banse, „er hätte sich gewünscht, ich hätte ihn persönlich angesprochen“. Genau das habe ich mehrmals getan, wie er sich sicherlich gut erinnern kann, jeden Samstag in ruhigen Momenten am Wahlstand. Doch er ging nicht darauf ein, sondern beendete das Gespräch rasch mit dem altbekannten Todschlagsargument, er sei Befürworter der Bibelkritik und Leiter einer Homogruppe in der Kirche, basta. Er gab mir somit zu verstehen, dass das Thema für ihn abgeschlossen sei und er sowieso vieles in der Bibel nicht glauben würde, Details lasse ich hier einfach mal weg. Er hatte im Februar (die Presse berichtete darüber!) als Antrittsrede betont, er wolle als „Gewissen der SPD“ in den Stadtrat einziehen und die Nachfolge von Heinz Lörcher antreten – mit dieser Falschdarstellung hat er nun ja auch gleich den besten Einstand abgeliefert!

Und nun taucht Uwe Spille aus der Versenkung auf und unterstellt mir Intolleranz und Menschenverachtung – Ich habe in meiner eigenen näheren Umgebung direkt mit dem Thema zu tun und weiß also, worüber ich rede und schreibe, und kenne ebenso Ehepaare, die als ehemalige Homosexuelle dank Gottes Hilfe und aus eigener Entscheidung nun als heterosexuelle ein Leben als glückliche Familie führen. Darum auch mein regelrechtes "Werben" im Leserbrief für die Möglichkeit, gerade solchen Menschen den Weg zum Durchbruch zu ermöglichen und ihnen nicht diktatorisch durch falsche Toleranz zu verbieten, dass sie ihren Lebensstil nicht mehr ändern und wieder heterosexuell werden dürfen - weil sie dann dadurch ja irgendwie auch die Noch-Homos zwangsläufig "diskriminieren" ... Toleranz bedeutet doch auch, ihnen eine Chance zu geben?

Ich möchte betonen, dass es nicht meine Absicht ist, Pfarrer Banse persönlich zu diskreditieren, sein Name ist sozusagen austauschbar, die Gespräche mit ihm am Wahlstand der SPD jedoch haben mich als Christ alarmiert, wie ein Pfarrer solch eine Bibel feindliche Einstellung an den Tag legen kann. Würde ich mit meinem Arbeitgeber umspringen wie er mit Gott, ich wäre schon längst auf Hartz IV!

Da Bernd Schenkel mir schon die Pistole auf die Brust gesetzt hat mit der Androhung, "dann werden wir halt andere Wege finden müssen ...", nur weil ich ein paar Dinge aus meiner Sicht klar stellen wollte, aber nicht wirklich zu Wort kam, und ich zudem meine Identität und mein Selbstwertgefühl nicht von einem Amt oder Posten herleite, klebe ich natürlich auch nicht am Amt des Schriftführers und Kreisdelegierten und habe sämtliche Ämter, das des Webmaster der zukünftigen OV-Homepage inklusive, zurück gegeben!

Nur eines gebe ich hier zu bedenken: Da wird auf dem Stuttgarter Landtag die Regenbogenflagge gehisst, ohne die Basis zu fragen, zu der als Volkspartei auch Tausende von Christen gehören, und wenn dann jemand wie ich eine Gegendarstellung wagt, wird er zum Abschuss frei gegeben, gerade so als ob ein Pfarrer oder Stadtrat automatisch Immunität genießt - Eine Partei, die ihre Mitglieder raus wirft, weil sie ihre Meinung frei äußern, hat aufgehört eine echte Volkspartei zu sein und wird zunehmend von oben her nach unten durch bestimmt, mit dem Politischen Mainstream als Direktor, auf dessen Stuhl im Moment eben die Homo-Lobby sitzt! Ich habe von mehreren Genossen, mit dabei auch OV-Vorsitzende, Rückendeckung bekommen .... es gibt eben nicht nur die offiziellen "Schwulen und Lesben in der SPD", sondern noch einsatzfreudige Genossinnen und Genossen, die entschiedene Christen sind und darum nicht automatisch schlechtere Sozis! Ob ich auch dem Wunsch mancher nach einem Parteiaustritt nachkomme, muss ich mir noch überlegen. Sollte man mich dazu auffordern, meine Äußerungen zu revidieren, so kann ich nur eines versichern: Ich stehe zu jedem Wort und kann - und werde - keinen einzigen Buchstaben zurück nehmen, selbst wenn dies meinen Parteiausschluss mit sich bringen würde!"