Fotos/Montage: © Elnur/ghoststone – stock.adobe.com/Köppel Foto: Schwarzwälder Bote

Beim Putzen und in der Kinderbetreuung sind Frauen in der Stadtverwaltung Spitze / Kein Aufreger: nur Männer bei der Müllabfuhr

Die Politik diskutiert über eine Frauenquote und Wahlrechtsänderungen. Es geht um die Unterrepräsentation von Frauen in der Landespolitik. Und Kommunen beschäftigen Gleichstellungsbeauftragte. Das ist der Nährboden, auf dem auch in Villingen-Schwenningen eine hitzige Debatte über die Gleichstellung von Mann und Frau entbrennt.

Villingen-Schwenningen. Eigentlich war es nur eine Informationsvorlage im Gemeinderat Villingen-Schwenningen – allgemein wird diesen eher weniger Beachtung geschenkt. Bisweilen fallen sie sogar ganz unter den Tisch. Eher selten also ist, dass sie Anlass für eine Debatte geben.

Die Vorlage über den Chancengleichheitsplans der Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen unter Mitwirkung von Heike Burkard, der Beauftragten für Chancengleichheit bei der Stadt Villingen-Schwenningen, aber barg am Mittwochabend Zündstoff. Unter das allgemeine Beklatschen der immensen Mühe, die ein solcher, fundierter Bericht dem Erstellenden bereitet und dem Dank, die dieser sich damit verdient hat, mischte sich mit Bertold Ummenhofers Redebeitrag unverhohlener Ärger.

Ummenhofer sieht keine Notwendigkeit für Beauftragte in Sachen Gleichstellung

Er spreche, das betonte Ummenhofer eingangs, nicht für seine Fraktion der Freien Wähler an sich, sondern nur für sich selbst.

Dass einige seiner Vorredner, etwa die FDP-Stadträtin Kathrin Piazolo, im Gleichstellungsbericht für die Stadtverwaltung tatsächlich noch Handlungsbedarf ausmachten, das konnte Ummenhofer so gar nicht verstehen. Die Frauen seien nur im gehobenen Dienst unterrepräsentiert und "sonst überall gut dabei", so Ummenhofer. Abgesehen davon seien Frauen im öffentlichen Dienst nicht benachteiligt, sie erhielten gleich viel Geld, Urlaub und sonstige Zugeständnisse wie die Männer auch.

Ein deutliches Raunen ging durch den Saal, als Ummenhofer statt für die Frauen eine Lanze für die Männer brach: "Niemand regt sich darüber auf, wenn bei der Müllabfuhr nur Männer arbeiten", selbiges gelte für den Forst oder den Tiefbau. Kurzum: Da Frauen im öffentlichen Dienst nicht benachteiligt und bei der Stadt Villingen-Schwenningen auch gar nicht unterrepräsentiert seien, könne die Position der Gleichstellungsbeauftragten – eigentlich – wieder abgeschafft werden. "Im Übrigen wäre das auch ein kleiner Beitrag zum Bürokratie-Abbau", so Ummenhofer konsequent, der aber betonte, dass die Lage hinsichtlich der Gleichstellung in anderen beruflichen Bereichen freilich anders aussehe.

Angesichts seiner Auslegung des Gleichstellungsberichts der Stadtverwaltung fehlten der Grünen-Stadträtin Helga Baur schlichtweg trotzdem die Worte. Und selbst mancher Geschlechtsgenosse quittierte Ummenhofers Vorstoß tadelnd mit einem Kopfschütteln.

Vereinzelt aber waren auch zustimmende Mienen zu sehen bis hin zu unverhohlener Zustimmung für Ummenhofers mutige, weil unpopuläre Äußerung in öffentlicher Sitzung.

Doch wie ist es nun eigentlich tatsächlich um die Gleichstellung von Mann und Frau bei der Stadt Villingen-Schwenningen bestellt? Aus dem Bericht geht hervor, dass Frauen "unter der Betrachtung des gesamten Personalstandes" bei der Verwaltung "nicht unterrepräsentiert" sind. Betrachtet man die Darstellung aber differenzierter und vor allem mit Blick auf die Laufbahnen und Ämter, treten jedoch markante Details in den Vordergrund: Nicht nur im technischen Bereich und im Forst sind Frauen unterrepräsentiert, auch im Bereich der Führungspositionen. Von 2013 bis 2018 sind weniger Frauen in leitender Funktion tätig als Männer. In Zahlen: Von den 140 Führungskräften der Stadt VS sind 57 Frauen – ihr prozentualer Anteil liegt bei 41 Prozent.

Wie die Sache mit dem erfolgreichen kleinen Familienunternehmen

Blickt man auf den Verdienst, beziehungsweise die Laufbahnen, die eng verknüpft mit den Besoldungsgruppen sind, wird deutlich: 72 Prozent derjenigen, die im höheren Dienst bei der Verwaltung arbeiten sind Männer, 28 Prozent Frauen. Nur eine Ausnahme gibt es, die jedoch Wasser auf die Mühlen der Kritiker sein dürfte: Nur im Bereich der Kinderbetreuung sind die meisten Führungskräfte weiblich. Ebenfalls einen hohen Frauenanteil gibt es im Reinigungsbereich. Kinderbetreuung und Putzen – da werden Erinnerungen an eine umstrittene Fernsehwerbung eines Staubsauger-Herstellers wach, in dem die dynamische Frau zwischen Haushaltsgeräten und Windeln bemerkt: "Ich manage ein kleines Familienunternehmen." Nicht nur der FDP-Stadträtin Piazolo drängte sich bei der Lektüre des Chancengleichheitsplans der Verdacht auf: "Wir haben noch viel zu tun."