Streit um den Nahverkehr gibt es in Villingen-Schwenningen. Foto: Archiv

Stadtverkehr der Busse wird zum Zankapfel. Zahlen zur Abo-Nutzung am Klinikum "ernüchternd".

Villingen-Schwenningen - Mit viel Geld und Aufwand war der Busfahrplan in Villingen-Schwenningen - und hier vor allem zwischen den großen Stadtbezirken und im Zentralbereich - aufgemotzt worden. Jene, die hier verkehrten, sollten darauf aufspringen, so die Hoffnung.

Doch nun zeigt sich: Gerade das Klinikpersonal, auf welches man dank Premium-Anbindung ihres Arbeitsplatzes ans ÖPNV-Netz mit am meisten gehofft hat, nimmt das Angebot offenbar kaum wahr: Am häufigsten benutzt wurde das Abo im Schwarzwald-Baar-Klinikum 2020 bislang im April - nur 58 Nutzer stehen in der Statistik, Mai 2020 sogar nur zwei Mitarbeiter.

"Das ist ernüchternd"

Das ist ernüchternd", findet Klaus Martin, Fraktionssprecher der CDU, im Verwaltungs- und Kulturausschuss. Er rang deshalb darum, dass sich Villingen-Schwenningen mehr Zeit nimmt für die Ausschreibung des Stadtverkehrs ab 2021.

Doch genau dafür sei keine Zeit mehr, stellte Bürgermeister Detlev Bührer am Mittwochabend klar. Ziel sei es, so Bührer, in der nächsten Gemeinderatssitzung "einen Knopf dran zu machen". Nicht umsonst heißt die Vergabe, um die es geht, "Dringlichkeitsvergabe", denn gerade bei europaweiten Ausschreibungen mahlen die Mühlen bekanntlich besonders langsam.

Grundschüler zum Umsteigen gezwungen

Für Joachim von Mirbach (Grüne) ist die Nutzer-Zahl am Klinikum zwar kein verlässlicher Indikator für die Beliebtheit des Stadtverkehrs bei der Krankenhausbelegschaft. Doch auch er sah Probleme: "Wir wissen nicht, wie die Finanzen aussehen werden", sich unter dieser Bedingung gleich auf Jahre hinaus für einen Betrag von über acht Millionen Euro festzulegen, ist also auch für die Grünen ein Problem.

Für Karl-Henning Lichte (Freie Wähler) hat das Stadtbus-Konzept trotz der jüngsten und zum 1. August noch zu erfolgenden Anpassungen inhaltliche Lücken: Noch immer seien selbst Grundschüler zum Umsteigen gezwungen – für Lichte ein Unding, und für mindestens zwölf Familien sei die Schülerbeförderung so unzureichend, dass das Busfahren für ihre Kinder keinen Sinn mache.

Lediglich Nicola Schurr für die SPD brach in seiner Stellungnahme eine Lanze für den Stadtverkehr und die geplante Vorbereitung der Ausschreibung: "Wir stehen hinter dem Konzept und dem ÖPNV", stellte er klar.

8,7-Millionen-Euro Vergabe

Im krassen Gegensatz dazu stand die Wortmeldung von Kathrin Piazolo von der FDP: Ihre Fraktion könne mit einer solchen Ausschreibung in der aktuellen Situation inhaltlich überhaupt nicht mitgehen. Mit einer 8,7-Millionen-Euro Vergabe werde der Stadt die Möglichkeit der Haushaltskonsolidierung genommen. Die FDP wollte deshalb den Antrag stellen, die Stadtverwaltung mit der Ausarbeitung eines neuen Buskonzepts zu beauftragen, "das mit der Hälfte der 8,7 Millionen Euro auskommt".

Ein Vorschlag, der in den Augen von Oberbürgermeister Jürgen Roth schlichtweg nicht machbar sei, nicht im zeitlichen Korsett der vorzunehmenden Ausschreibung. Ebenso wenig wie der Kompromiss-Vorschlag von Klaus Martin seitens der CDU, die Summe einfach auf vier Millionen zu beschränken und das für diesen Betrag maximal Machbare anzunehmen. Auf einen entsprechenden Antrag verzichtete Piazola für die FDP dann zwar, wollte der Verwaltungsspitze aber dennoch den "Impuls" mitgeben, die Anforderungen für die Ausschreibung insofern zu reduzieren, dass die Kosten beträchtlich sinken.

Karl-Henning Lichte hingegen blieb dabei: Er wünschte sich mehr Rücksichtnahme auf die Grundschüler und beantragte deshalb, von einer Ausrichtung des Stadtverkehrs nach Taktung Abstand zu nehmen und zu einer Fokussierung auf die Schülerbeförderung zurückzukehren. Der Antrag scheiterte im Verwaltungs- und Kulturausschuss jedoch kläglich.

Der Vorbereitung der Ausschreibung stimmte der Ausschuss dann mehrheitlich zu – das letzte Wort allerdings soll der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung haben.