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Porträt / Für den 19-jährigen Jannis Deuring spielt Sport eine Hauptrolle

Jannis Deuring erklimmt eine 15 Meter hohe Wand in 8,4 Sekunden. Bei der RTL-Show "Ninja Warrior" erreichte er das Halbfinale und bei den Deutschen Meisterschaften der demnächst olympischen Kombination aus Bouldern, Speed- und Lead-Klettern (DMOC) schaffte er es ins Finale.

VS-Schwenningen. Der 19-Jährige ist in einer Familie aufgewachsen, in der Sport schon immer eine Hauptrolle spielte. Sein Vater war Eishockeyspieler, seine Mutter Skirennfahrerin, seine beiden Schwestern schwimmen.

Freude an herausfordernder Bewegung hatte Jannis Deuring schon als Kind, probierte vieles aus und spielte ab der dritten Klasse Volleyball bei der Turngemeinde. In die Landesauswahl kam er nicht, weil er für zu klein angesehen wurde. "Das hat mich geärgert", gibt er zu, denn Ehrgeiz gehört zu ihm wie sein Trainingsfleiß.

Ausflug zum Boulderraum

Im Alter von elf Jahren entdeckte er den Schwimmsport für sich. Im Schwimm- und Skiclub schaffte er es bis zu den württembergischen Meisterschaften, und wäre da nicht der Ausflug mit seinem Vater in den Boulderraum der Biwak-Schachtel auf dem Landesgartenschaugelände dazwischengekommen, wäre das Wasser bis heute sein Element.

Mit Eröffnung der Kletterhalle "K5" in Rottweil 2013 begann seine Karriere mit Tendenz steil nach oben. Bis zu viermal pro Woche war er gemeinsam mit seinen ebenfalls kletternden Eltern hier anzutreffen, bestritt seine ersten Wettkämpfe im bodennahen und kreativen Bouldern, im Speedklettern und im Lead mit Sicherung. Im "K5" hat Jannis Deuring nicht nur seine unglaubliche physische Kraft entwickelt, sondern auch seine mentale. Denn: "Klettern ist zu einem großen Teil immer auch Kopfsache".

"Dächle" in Schwenningen

Irgendwann erhielt er die Gelegenheit, einen Dachboden zu seinem eigenen Trainingsraum auszubauen. Im "Dächle" in Schwenningen hat er zwei Boulderwände selbst gebaut, ein Campus-Board, einen "Beastmaker" und etliche weitere Trainingsgeräte montiert. Inzwischen kann er seine jeweils rund dreistündigen Trainingseinheiten sogar fünfmal die Woche durchführen.

Seit 2016 ist Jannis Deuring im Landeskader der baden-württembergischen Kletterer und reihte danach Wettkampferfolge auf Landes- und Bundesebene aneinander. Seit April diesen Jahres besucht der Waldorfschüler die Sportschule "Kiedaisch" in Stuttgart mit dem Ziel, staatlich anerkannter Sport- und Gymnastiklehrer in den Bereichen Kindersport, Personaltrainer, Sport- und Freizeitpädagogik und Sportmanagement zu werden. "Da musste ich Schule und Training neu sortieren", sagt er. Zumal er auch noch als Kletterroutenbauer im Einsatz ist und sogar ein Kleingewerbe angemeldet hat.

Hinzu kamen in diesem Jahr die Fernsehauftritte als "Ninja Warrior", die im großen Spaß machten, im Halbfinale beim Sprung auf ein Trampolin aber auch eine verstauchte Lendenwirbelsäule einbrachte. Die Schmerzen sind mittlerweile vergessen. "Ich habe mich wieder beworben", sagt der Sportler und grinst.

Die Winterpause nutze er jetzt, um den Kopf freizumachen und sich nach einer für seinen Geschmack wettkampfmäßig nicht so befriedigenden Saison 2019 für die Süddeutschen im Februar und Deutschen Meisterschaften im April 2020 fit zu machen. Wenn das "Olympic Combined" im nächsten Jahr zum ersten Mal bei den Olympischen Spielen in Tokio ausgetragen wird, sitzt Jannis Deuring noch vor dem TV-Bildschirm.

Ob er es 2024 nach Paris schaffen könnte? Davon träumen würde er, sagt er, realistisch sei das aber eher nicht. Die wenigen deutschen Olympiateilnehmer seien entweder Profis oder Bundeswehrsoldaten, die sich ausschließlich aufs Training konzentrieren können.

Auf "Ninja" konzentrieren

In der nächsten Saison will Jannis Deuring eher weniger Wettkämpfe bestreiten, noch mehr im Fels klettern und sich – sofern er wieder gecastet wird – auf "Ninja Warrior" konzentrieren. Was noch alles in ihm steckt, darauf ist er selbst gespannt. Nach der Operation eines angeborenen Hüftschadens vor genau einem Jahr kletterte er einen Monaten später schon wieder eine schwere Route im Donautal. Auch diese Erfahrung treibt ihn an, wobei er seine Entwicklung stets "sehr selbstkritisch" hinterfragt.

Den dritten Schwarzwälder Boulder-Cup hat er kürzlich unangefochten gewonnen, doch Jannis Deuring will mehr. Mit 19 Jahren steht er schließlich noch ganz am Anfang.