Evangelische Gemeinde setzt sich bei Behörden für Aufhebung der Abschiebeanordnung ein.

Villingen-Schwenningen - Das Schicksal des 18-jährigen Sidar Ebrima Damba hat die Bürger in Villingen-Schwenningen tief bewegt: Der gebürtige Sudanese war nach seiner Flucht in Villingen-Schwenningen gelandet, hatte hier etwa ein Jahr lang gelebt und war am 21. September in einer Nacht- und Nebelaktion von der Polizei abgeholt und abgeschoben worden. Jetzt ist der 18-Jährige wieder da. Die Evangelische Kirchengemeinde gewährt ihm Kirchenasyl.

In den Gottesdiensten am Sonntag gaben die evangelischen Pfarrer bekannt, dass der Gemeinderat der Evangelischen Kirchengemeinde Schwenningen den Beschluss gefasst hat, dem 18-Jährigen Kirchenasyl zu gewähren.

Sidar Ebrima Damba war im Oktober 2010 nach einer langen Flucht als damals noch Minderjähriger in Villingen-Schwenningen gelandet. Seitdem wurde er vom Jugendamt und vom Kinder- und Familienzentrum betreut. Er lebte in einer Wohngruppe im Kinder- und Familienzentrum. Begleitet wurde er wegen seiner traumatischen Erfahrungen von den Mitarbeitern von Refugio, der Kontaktstelle für traumatisierte Flüchtlinge.

Sidar Ebrima Damba hat sich in diesem Jahr in der Stadt integriert, er besuchte die Vorbereitungsklasse der Werkrealschule am Deutenberg und war ein engagierter Schüler. Ehrenamtlich hat er sich zudem in das Kinderferienprogramm eingebracht. Er wollte eine Ausbildung als Elektriker beginnen. Doch die plötzliche Abschiebung nach Italien, das Land, in dem er nach der Flucht erstmals europäischen Boden betreten hatte, durchkreuzte seine Pläne.

Seit Mittwochnacht wohnt Sidar nun im Schutz der Schwenninger Pauluskirche, begleitet von seinem Freundes- und Betreuungskreis und von Menschen aus der Gemeinde. In Villingen-Schwenningen hat er inzwischen viele Freunde gefunden, ein wenig Wurzeln geschlagen und wieder Vertrauen gefasst.

Nicht frei und öffentlich bewegen

In Deutschland soll auch sein Asylantrag behandelt werden. Allerdings ist der junge Mann derzeit noch immer von einer erneuten sofortigen Abschiebung bedroht, weswegen er sich nicht frei und öffentlich bewegen kann.

Noch am vergangenen Sonntag war eine katholische Kirche in Villingen bereit, Sidar Kirchenasyl zu gewähren. Weil es aber sinnvoll schien, ihn in seiner vertrauten Umgebung zu belassen, hat der Kirchengemeinderat der Evangelischen Kirchengemeinde nach Beratung durch den Rechtsanwalt von Sidar sowie die Betreuer von Refugio in einer Sondersitzung beschlossen, Sidar Kirchenasyl zu gewähren.

Der Beschluss wird solidarisch mitgetragen von den katholischen Pfarrern in Schwenningen sowie von den evangelischen und katholischen Pfarrern in Villingen.

Die deutschen Behörden und die entsprechenden Stellen der württembergischen Landeskirche wurden informiert mit der Bitte, das Asylverfahren an sich zu nehmen und über einen möglichen Aufenthalt von Sidar in einem angemessenen Verfahren zu entscheiden. Vordringlich bittet die Kirche, die Abschiebungsanordnung von Sidar auszusetzen und ihn bis zu einer Entscheidung im Asylverfahren in die für ihn vertraut gewordene Wohngruppe und in seine Schule zurückkehren zu lassen.

"Sidar soll wieder so unter uns leben können, wie es ihm und uns allen als Menschen zusteht", appellieren Pfarrer Frank Banse und Pfarrer Andreas Güntter.