Kritische Töne beim Schwenninger Steuertag: grobe staatliche Attacke auf den Steuerbürger.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Der Solidaritätszuschlag könnte bald gekippt werden: Michael Balke, Richter im 7. Senat des niedersächsischen Finanzgerichts, hat schon die Pendlerpauschale wieder in Kraft gesetzt, und dass häusliche Arbeitszimmer wieder von der Steuer abgesetzt werden können, ist dem Juristen ebenfalls zu verdanken.

Balke, der als Referent beim elften Schwenninger Steuertag an der Dualen Hochschule sprach, hat ein neues Argument gegen den "Dauer-Soli" entdeckt: Arbeitnehmer und Freiberufler haben mehr "Soli" zu zahlen als Gewerbetreibende. "Der Solidaritätszuschlag ist eine Riesenattacke des Staates", schimpfte der Richter.

"Eine Klage sei schon eine tolle Sache"

Das Vielsteuersystem an sich sei eine grobe staatliche Attacke auf den Steuerbürger, sagte er. und forderte auf, sich zur Wehr zu setzen: "Wer einen Prozess versucht, der nutzt den Rechtsstaat. Einmal pro Jahr wäre nicht schlecht." Eine Klage sei schon eine tolle Sache, meinte Ulrich Sommer, Rektor der Dualen Hochschule und Vizepräsident der Steuerberaterkammer Südbaden: "Allerdings brauchen Sie den Mandanten dazu", gab er den anwesenden Steuerberatern und Studierenden mit auf den Weg.

Genau solch eine "Dauerattacke" wie der Solidaritätszuschlag sei die Sektsteuer aus Bismarcks Zeiten, wetterte Balke weiter. Wenn man sich nicht wehre, werde das mit dem "Soli" genauso lange dauern.

Aber die größte Attacke des Staates gegen den Steuerzahler sei die indirekte Besteuerung. Obwohl die Gesetzeslage besage, dass jemandem, der durch öffentliche Gewalt verletzt werde, der Rechtsweg offen stehe, könne man keinen Rechtschutz bei der indirekten Besteuerung in Anspruch nehmen.

"Kennen Sie Ihre Gesamtsteuerbelastung 2010?", fragte Balke die Anwesenden, immerhin Fachleute wie er. Doch nur Wolfgang Hirschberger, ebenfalls Referent, wusste eine Antwort: "Ich habe gelesen, dass ich ab heute für mich arbeite, den Rest des Jahres war ich für den Staat tätig."

"Wir werden über die Gesetzeslage im Unklaren gelassen, das ist die größte Attacke des Staates auf unseren Geldbeutel", so Balke beim Steuertag, zu dem mehr als 200 Zuhörer aus dem Südwesten und dem restlichen Bundesgebiet in der "Metropole des Steuerrechts", wie Ulrich Sommer sagte, erschienen. Der Rektor konnte auf eine erfolgreiche Bilanz der Studiengänge Steuern und Prüfungsrecht verweisen: "Bereits im 20. Jahr sind unsere Absolventen die erfolgreichsten in der Steuerberaterprüfung." Die Qualität des Studiengangs belege die außerordentlich hohe Erfolgsquote der DH-Absolventen, sagte Hans-Walter Heinz, Vizepräsident der Steuerberaterkammer Südbaden.

Die Quote der DH-Absolventen sei die beste in Südbaden. Deswegen soll ein Preis der Steuerberaterkammer für die beste Bachelor-Arbeit ausgelobt werden. Das Vertrauen des Mandanten sei die Grundlage des Berufs, betonte Heinz: "Es darf keinen Zweifel an der Verschwiegenheit des Steuerberaters geben."

Kritisch äußerte sich Ulrich Sommer in seinem Grußwort zur Steuergesetzgebung: "Die Hoffnung auf Steuergerechtigkeit wurde durch Parteigezänk zerstört", zitierte er einen Satz, den er schon vor sechs Jahren beim Schwenninger Steuertag gesagt hatte. "Die Diskussion über Steuervereinfachung ist zwar wichtig, aber genauso unfruchtbar wie in den vergangenen 40 Jahren", so Ulrich Sommer.