31-jährige Frau und 42-jähriger Mann verurteilt. Urteil fällt auf drei sowie fünf Jahre Gefängnis.

Villingen-Schwenningen/Konstanz - "Ich habe schon vieles gesehen und gehört, aber dass man einen Säugling von sechs Wochen missbraucht, so was haben wir hier noch nicht gehabt" – entsprechend hart fiel das Urteil des Richters Joachim Dospil am Landgericht Konstanz am Donnerstag aus.

Sie waren einst ein Paar, das eine extreme Sexualität lebte; sie sind auch ein sechsfacher Vater und eine vierfache Mutter. Aber nun, in einem der ungewöhnlichsten Fälle von schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern in Villingen-Schwenningen, waren der 42-Jährige und die 31-Jährige vor allem eines: Angeklagte – und bald Gefängnisinsassen. Denn beide wandern nach dem Urteilsspruch des Richters nun ins Gefängnis – er für fünf, sie für drei Jahre. Ihre Kinder sollen sie nie wieder bei sich haben dürfen.

Paar vergeht sich an Tochter

In den Jahren 2012/2013 verging sich das Paar zunächst an der Tochter der Frau. Das damals acht- oder neunjährige Mädchen musste im Fokus seiner Handykamera den Freund seiner Mutter sexuell oral und manuell befriedigen und wurde gezwungen, dem Paar beim Sexspiel zuzuschauen. Etwa fünf Jahre später traf ein ähnliches Schicksal ihren damals erst sechswöchigen Bruder, das gemeinsame Baby des Paars: Die Mutter verging sich oral an dem Säugling, die Regieanweisungen und ausdrückliche Aufforderungen gab es vom Vater, gefilmt wurde das perverse Spiel am eigenen Kind mit dem Smartphone.

Während er bis zuletzt alle Vorwürfe bestritt und dem Gericht eine laut Dospil geradezu "groteske" Geschichte auftischte, wonach er für den Missbrauch mit K.O.-Tropfen von seiner Gespielin außer Gefecht gesetzt worden sei, hatte sie mit einer Selbstanzeige den Stein ins Rollen gebracht: Sie hatte sich im vergangenen Jahr einer Familienhelferin offenbart.

Der Gang zur Polizei, das Einschalten von Jugendamt, Grauzone und weiteren Stellen war die Folge. Fünf oder sechs Jahre zuvor hatte die missbrauchte, älteste Tochter der Doppelstädterin sich schon einmal einer Schulkameradin offenbart – doch auf Anraten ihrer Familie und aus Liebe zu dieser widerrief sie damals ihre Schilderungen wieder, die Sache verlief im Sande.

Die Liebe zu ihrer Mutter ist dennoch riesig – sie vermisse ihre Mutter, nach deren Selbstanzeige das Mädchen plötzlich aus ihrem Zuhause gerissen worden ist. Sie sehe ihre Mama als Opfer, erläuterte auch eine Diplom-Psychologin als Sachverständige, den Stiefvater als Täter. Und viel schlimmer als ihr eigenes Leid als missbrauchtes Kind wiege für das Mädchen die Gewalt und Drohkulisse, die der Angeklagte gegenüber der Mutter aufgebaut hat. Für den Richter nicht weiter verwunderlich: "Wie kann ein Kind damit leben, zu sagen, dass die eigene Mutter" den Missbrauch ihrer Tochter nicht nur gebilligt hat, sondern sogar "vorschlägt, dass ihr Mann der Erste sein darf, der mit der eigenen Tochter Geschlechtsverkehr haben darf?" Dass es dem heute 15-jährigen Mädchen laut ihren Betreuern recht gut geht und sie einen aufgeweckten Eindruck mache, liege – da waren sich alle einig – vor allem an einem: Sie sei eine Meisterin des Verdrängens. Sie schütze sich.

Eine Aufgabe, die eigentlich ihrer Mutter zugefallen wäre. Doch: "Sie haben Ihre Kinder nicht geschützt, im Regen stehen lassen und missbraucht, schlimmer geht‘s nicht mehr", so der Richter in seiner Urteilsbegründung, dem noch immer die Worte fehlten für das "abartige" und "perverse" Treiben der Angeklagten. "Und dann filmt man das auch noch, um sich dann dauernd daran aufzugeilen – schrecklich!"

Was die Kriminalpolizisten beim Sichten und Abhören tausender Handynachrichten des Paares mitbekamen, wog so schwer, dass ein Ermittler laut Richter Joachim Dospil "nicht mehr konnte und davon krank geworden ist".

Direkt ins Gefängnis

Beide hätten "ihre eigenen perversen, sexuellen Bedürfnisse extrem ausgelebt auf Kosten von wem auch immer", so der Richter und schlussfolgernd: "Sie haben ihren Kindern die Mutter und den Vater genommen." Letzterer wurde direkt aus dem Gerichtssaal in Handschellen ins Gefängnis gebracht – "wir sehen eine Fluchtgefahr", erläuterte Joachim Dospil. Den Verurteilten halte hier nichts mehr, und auch, dass er "daheim sitzt und Dummheiten" mache, könne nicht ausgeschlossen werden. "Sie haben nichts mehr zu verlieren."