Weil sie kinderpornografisches Material besessen haben, mussten sich zwei Männer vor Gericht verantworten. (Symbolfoto) Foto: Melpomene/Fotolia.com

US-amerikanische Organisation setzt BKA auf Villingen-Schwenninger an. Zwei Männer vor Gericht.

Villingen-Schwenningen - Wenn es um Kinderpornografie geht, dann greift der Arm des Gesetzes schon mal über den großen Teich. Das mussten zwei Männer aus VS erfahren, die wegen des Besitzes und Verbreitens von Kinderpornografie vor Gericht standen.

Zwei Prozesse wegen Kinderpornografie vor dem Amtsgericht in Villingen und zwei angeklagte Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: in der ersten Verhandlung ein 22-jähriger, junger Villinger mit erfolgreicher Schulausbildung, gekrönt von einem Abitur, danach eine Zeit lang in der Industrie gearbeitet, ein Freiwilliges Soziales Jahr abgelegt und sogar studiert. Seine Weste im Bundeszentralregister ist blütenweiß.

Im zweiten Fall ein 44-Jähriger, der zwar die Hauptschule abgeschlossen und eine Ausbildung absolviert hatte, später aber in die Kriminalität abgedriftet ist und nun ein ellenlanges Vorstrafenregister und sogar einen Gefängnisaufenthalt vorweisen kann. In beiden Prozessen an diesem Donnerstag hatte es Richter Christian Bäumler mit dem Vorwurf des Besitzes und Verbreitens von Kinderpornografie zu tun – "eines der scheußlichsten Vergehen, die im Strafgesetzbuch stehen", so der Richter, insbesondere vor dem Hintergrund dessen, was in den Dateien gezeigt wird.

In beiden Fällen bleibt die Frage nach dem Warum

Mehrere tausend Bilder und Videos mit jugend- und kinderpornografischem Inhalt hatten beide auf Computern und Festplatten gespeichert und teilweise gelöscht sowie in wenigen Fällen verbreitet – bei Hausdurchsuchungen wurde das sichergestellt. Was zu sehen war, ging in den schlimmsten Fällen so weit, dass Erwachsene kleinen Mädchen oder Jungen Gegenstände einführten oder sie zum Oralverkehr zwangen. Gericht und Staatsanwaltschaft beließen es bei einer oberflächlichen Beschreibung der abstoßenden Inhalte.

In beiden Fällen jedoch blieb eine Frage: "Warum?" Der 22-Jährige rang sichtlich mit sich. "So genau kann ich das nicht beantworten", sagte er dann und schilderte nach kurzem Zögern rührselig: Vor vier Jahren sei seine Mutter verstorben, er habe sie gefunden – "seither ging es psychisch immer weiter bergab", erzählte er. Längst sei er in Therapie. Sein Arzt rate sogar zu einer stationären anstelle der ambulanten Therapie, eine "depressive Episode" sei ihm diagnostiziert worden.

Und die Sache mit der Kinderpornografie? "Irgendwie bin ich da hineingeraten." Nicht zuletzt "wegen dieses Falls hier" sei er in Behandlung, erzählte er zurückhaltend. Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf eine dreijährige Bewährung forderte der Staatsanwalt. "Der beantragte Strafrahmen ist deutlich zu hoch", konterte die Verteidigerin, zumal man berücksichtigen müsse, dass sein Leben in Trümmern liege und er lediglich einmal kinderpornografische Schriften verbreitet habe und ansonsten nur wegen deren Besitzes angeklagt sei. Bäumlers Urteil: ein Jahr und sechs Monate auf drei Jahre Bewährung sowie 200 Stunden gemeinnützige Arbeit und die Fortsetzung der Therapie. Am deutlichsten jedoch dürfte seine Drohung wirken: "Wenn’s nochmal passiert, kommen Sie ins Gefängnis! Was dann passiert, können Sie sich vorstellen – da sind Sie dann ganz unten in der Hierarchie."

Der im zweiten Fall angeklagte Villingen-Schwenninger kennt den Knast von Innen. "Sie waren schon drin und wissen, wie es dort zugeht." Auf die Schliche des 44-Jährigen war das BKA dank einer halbstaatlichen US-amerikanischen Organisation gekommen, erzählte der ermittelnde Kripo-Komissar im Zeugenstand. Diese wurde auf die abscheulichen Dateien, die der Mann in einem anonymen Sex-Chatforum an andere geschickt hatte, aufmerksam und meldete ihn den deutschen Ermittlern, die dann im März 2018 zur Hausdurchsuchung anrückten und Computer und Festplatte mit schwerwiegenden Kinderpornos sicherstellten.

Eigentlich, so der 44-Jährige mit dem langen, aber nicht einschlägigen Vorstrafenregister, möge er Kinder nicht einmal besonders, "das soll jetzt nicht abwertend klingen". Er habe die Kinderpornos nicht aus einer pädophilen Neigung heraus gespeichert oder verbreitet, sondern weil er in dem Forum an pornografisches Material mit erwachsenen Frauen hätte kommen wollen – doch dies habe er nur im Tausch gegen Kinderpornografie erhalten. "Die Leute wollten das", sagte er und betonte, sich noch nie an Kindern vergangen zu haben oder sich anhand des Materials sexuell befriedigt zu haben: "Ich habe noch nie ein Kind angefasst." Es sei pure "Doofheit" gewesen, wie er in diesen Strudel geraten sei – sie brachte ihm eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ein, vier Jahre auf Bewährung, 120 Stunden gemeinnützige Arbeit und 500 Euro Geldauflage, aber keinen Funken Verständnis des Richters: "Das sind scheußliche Verbrechen, jeder der in dem System drin ist, ist ein Teil davon!"