Das Schwarzwald-Baar-Klinikum in VS entlastet die Familie Jenkins. Foto: Eich

Bei Joy werden Knochen untersucht. Ungeborenes Kind darf bei Marina und Darren Jenkins bleiben.

Villingen-Schwenningen - Für die Familie Jenkins aus Villingen-Schwenningen deutet sich ein Happy End an.

Nachdem sich ihre eineinhalbjährige Tochter Joy, die wegen Knochenbrüchen Mitte September durch das Jugendamt in Obhut genommen worden war, nun auch bei der Pflegemutter verletzt hat, werden die Eltern vom Vorwurf der Kindesmisshandlung entlastet.

"Aus unserer Sicht ist die Verdachtsdiagnose einer Kindesmisshandlung als wahrscheinlichste Ursache für die multiplen Brüche nicht mehr aufrecht zu erhalten", stellt das Schwarzwald-Baar-Klinikum in Villingen-Schwenningen im Arztbrief, der der Redaktion vorliegt, fest.

Verdacht wird von Klinikum neu bewertet

Am Donnerstag, 7. November, war bei Joy Jenkins ein Bruch des Unterschenkels festgestellt worden. Diesen hatte sich das Kind, nach Aussage von Mutter Marina Jenkins, einen Tag zuvor bei der Pflegemutter zugezogen, als es auf dem Bauch liegend vom Sofa absteigen wollte. "In Anbetracht der neu hinzugekommenen Fraktur außerhalb des familiären Umfeldes und der nicht mehr sicheren älteren Fraktur im Bereich des rechten Knies sehen wir die Notwendigkeit einer Neubewertung des Verdachts auf stattgefundene Kindesmisshandlung", heißt es in dem Klinikschreiben weiter.

Die Beschreibung des Unfalls, wie er von der Pflegemutter geschildert worden ist, sei "inadäquat für einen solchen Bruch", erklären die Mediziner. Deshalb wurde bei Joy Jenkins auch das rechte Knie noch einmal untersucht.

Jetzt sagen die Ärzte: "Eine stattgefundene Fraktur in diesem Bereich erscheint im Verlauf jetzt doch eher unwahrscheinlicher, als dies im Brief vom 16.09. geäußert wurde."

Vielzahl an Knochenbrüchen festgestellt

Zur Erinnerung: Weil das Kind am Donnerstag, 5. September, im Schwimmbad den linken Arm verlangsamt bewegt hatte, waren Marina und Darren Jenkins am Abend in die Klinik gefahren. Dort wurde ein frischer Bruch der Speiche und ein älterer Bruch der Elle festgestellt. Weil die beiden Verletzungen nicht zeitgleich erfolgt sein können, wird tags darauf auch der rechte Arm geröntgt. Dort findet sich auch eine ältere Fraktur. Nach weiteren Untersuchungen werden weitere Brüche bei dem Mädchen am rechten Knie und der linken Schulter vermutet. Die Schulterverletzung wird aber schon bei einer Nachuntersuchung am 24. September ausgeräumt. Es gebe "keinen sicheren Nachweis einer älteren Fraktur", heißt es damals.

Das Klinikum verständigt wegen der Vielzahl an Knochenbrüchen das Jugendamt, das am 16. September das Kind in Obhut nimmt. Aus Sicht der Ärzte waren die von Marina und Darren Jenkins genannten Stürze damals "wenig wahrscheinlich" für die Entstehung der Frakturen.

Das ist jetzt anders. Die Mediziner schlagen vor, "eine weitere umfangreichere Diagnostik bezüglich Knochenstoffwechsel-Erkrankungen" einzuleiten. Ein Gen-Test, den die Eltern stets gefordert hatten, ist nach Auskunft von Marina Jenkins schon auf den Weg gebracht. Die Blutproben, die Joy im Klinikum in Villingen-Schwenningen entnommen worden sind, werden in Freiburg untersucht.

Anwalt stellt Antrag

Für Rechtsanwalt Philip Wills, der die Familie Jenkins vertritt, ist der jüngste Unterschenkelbruch und die Äußerung der Klinik Grund genug, das Ende der Inobhutnahme und die Rückkehr von Joy Jenkins zu den Eltern zu fordern. "Ich habe einen Antrag gestellt, dass der Beschluss des Familiengerichts vom 2. Oktober aufgehoben wird", erklärt der Jurist, der auf Familienrecht spezialisiert ist, auf Nachfrage unserer Zeitung. Das Familiengericht hatte vor eineinhalb Monaten festgelegt, dass Marina und Darren Jenkins die Gesundheitsvorsorge, das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen und Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Tochter entzogen wird.

Aus Sicht von Wills besteht der Misshandlungsverdacht nicht mehr. Zudem könnte das Gericht mildere Mittel beschließen – beispielsweise die Unterbringung von Joy Jenkins bei den Großeltern mütterlicherseits. Der Rechtsanwalt hofft, dass innerhalb von zwei Wochen nach der Antragsstellung – "im Laufe des November" – über die Zukunft von Joy Jenkins durch das Familiengericht entschieden wird.

Nach Aussage von Marina Jenkins gibt es wenigstens Klarheit, wie es mit dem noch nicht geborenen zweiten Kind der Familie weitergeht. Die 29-Jährige, die sich in der 40. Schwangerschaftswoche befindet, hatte die Sorge, ihr Kind nach der Entbindung auch dem Jugendamt übergeben zu müssen. Jetzt schreibt sie: "Ich darf nach der Geburt mit dem Baby zu meinen Eltern. Mike (Michael ist der Zweitname von Vater Darren Jenkins/Anm. d. Red.) darf jederzeit auch dort sein."

Das Jugendamt der Stadt Villingen-Schwenningen hat sich auch bei der erneuten Anfrage nicht zu dem Sachverhalt geäußert.