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Vereinsvorsitzender Rudolf Rösch bangt um manche Arten. Kritik an zu viel Chemie.

Villingen-Schwenningen - Das Gespräch beginnt mit einer scheinbar kleinen harmlosen Frage. "Wann haben Sie zuletzt Insekten von Ihrer Windschutzscheibe weggekratzt... schon lange nicht mehr, oder?" Rudolf Rösch, Vogelschützer aus VS, spricht damit ein großes Problem an: "Keine Insekten, keine Vögel."

An einem sonnigen Sommervormittag sitzt die Besucherin inmitten eines kleinen Paradieses. Zwei unterschiedlich große, gut gefüllte Insektenhotels ziehen ebenso die Blicke auf dem Gelände des Vereins für Vogelfreunde und Vogelschutz auf sich, wie ein paar Volieren, hauptsächlich aufgebaut für Sitticharten, aber auch für verwundete Tiere, die an der Obereschacher Straße ihr Gnadenbrot bekommen. Kommt Rudolf Rösch, im vierten Jahr Vorsitzender des Vereins, aber auf die Hauptprobleme der Vogelschützer zu sprechen, ist es mit der Idylle schnell vorbei.

Auf positive Entwicklungen angesprochen, ist der drahtige Mann schnell fertig. "Da gibt es nicht viel zu erzählen." Um so ausführlicher beleuchtet er jene Faktoren, die der Vogelwelt zu schaffen machen. Ein kleiner Trost für ihn: Nachwuchssorgen kennt der rührige Verein keine, der recht konstant etwa 270 Mitglieder zählt. Immerhin betreuen die Vereinsmitglieder an die 500 Nistkästen, kümmern sich um die Winterfütterung von Vögeln, "wir verteilen zentnerweise Futter an diversen Stellen", und veranstalten Programme für Kinder.

Und genau den neugierigen Menschenkindern möchte er das sensible Gefüge der Natur nahe bringen. Und das, erläutert er, werde erheblich belastet. Da seien zum einen Herbizide und Pestizide, die auf den landwirtschaftlichen Flächen landen. "Da wachsen dann keine Wildkräuter mehr", bedauert Rösch. Was nicht ohne gravierende Folgen für die Insektenwelt bleibe. "Die fehlen. Und wenn es keine Insekten gibt, dann gibt es keine Vögel mehr." So drastisch fällt seine Gleichung aus.

Ähnlich sieht es auch der NABU, der besonders Neonicotinoide, die seit Mitte der 1990er-Jahre in der Landwirtschaft eingesetzt werden, für das massenhafte Sterben verantwortlich macht.

Schwalbennester ein Dorn im Auge

Seit gut zehn Jahren beobachtet Rösch diese nicht nur für ihn unerfreuliche Entwicklung. Sicher trotzen Sperlinge dem allgemeinen Trend, und auch über das Aufkommen von Amseln und Meisen muss man sich noch keine Sorgen machen. Was dem Vorsitzenden zu denken gibt, sind die rückläufigen Zahlen an Baumläufern, Finken, Kernbeißern, Stiglitzen und Dompfaffen. Und natürlich die Schwalben. Schwalben galten einst als eine Art Glücksbringer. Doch heutzutage, bedauert Rösch, seien sie seltener zu sehen, weil ihnen oft die Lebens- und Nistgrundlage fehlen. Zudem gebe es Hausbesitzer, denen die Nester am Haus ein Dorn im Auge seien. "Die werden dann einfach entfernt", meint er nicht ohne Groll.

Und damit wäre Rösch beim nächsten Brennpunkt-Thema. Die Monokulturen, die in manchen Regionen teils überbordenden Raps- und Maisfelder, die vor allem Biogasanlagen füttern sollen. "Wo sollen denn da noch Wildblumen wachsen?" Doch seine Kritik richtet sich nicht nur gegen Teile der Landwirtschaft, sondern auch gegen manche Privatleute. "Wenn ich an diesen Steinwüsten vorbeigehe, kann ich nur noch den Kopf schütteln."

Statt Blumenwiesen graue Steingärten

Statt einer schöner Blumenwiese sehe man Steingärten oder Granitblöcke. "Wenn jeder ein kleine Blumenwiese anlegen würde, wäre schon viel geholfen", meint er. Und auch für Insektenhotels würde sich ein Platz auf dem Grundstück finden. Anderer Tipp des Villingers: "Die Stauden im Herbst stehen lassen, wegen der Samen". Er weiß zwar, was dann manche Nachbarn denken: "Was soll die Sauerei?" Doch darüber sollten Gartenbesitzer stehen: "Sauerei? Das ist alles relativ."