Nicht alle Mädchen und Jungen in VS erhalten einen Kindergartenplatz. Foto: © HighwayStarz/Fotolia.com Foto: Schwarzwälder Bote

Aufreger: VS Betreuungsmangel

Villingen-Schwenningen. Marco* war erst ein halbes Jahr alt, da hatte seine Mama Carina* ihn schon an fünf städtischen Kindergärten Villingen-Schwenningens angemeldet für den Tag, an dem er drei Jahre alt würde. Zwei Jahre später, im September 2017, legte sie nochmals bei drei weiteren Kindergärten eine Anmeldung nach. Heute hat der bald dreijährige Marco keinen Kindergartenplatz. Seine Eltern gehören zu jenen, die das Fehlen von rund 500 Kindergartenplätzen in Villingen-Schwenningen nun empfindlich trifft. Sie haben eine Absage kassiert.

Carina wollte eigentlich nichts dem Zufall überlassen. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten schildert sie, wie sie Kindergärten besichtigt und sich über deren Angebote informiert hat, ehe sie sich zur Anmeldung ihres Sohnes entschloss. Ihren Namen mag sie nicht öffentlich nennen aus Sorge, bei der Stadtverwaltung in Misskredit zu geraten und damit den kleinen Funken Hoffnung auszupusten, der bleibt: Marcos Name steht auf einer Liste und könnte mit viel Glück noch nachrücken, falls andere Eltern den ihnen zugeteilten Kindergartenplatz vielleicht doch noch absagen. Bis Pfingsten könnte ein Nachrückerplatz noch Wirklichkeit werden, habe man der 28-Jährigen gesagt.

Und so lange? "Hartz IV muss reichen", sagt Carina grimmig und schluckt. Ihr Mann absolviert gerade eine Ausbildung.

Dabei lag ihr einst beruflich die Welt zu Füßen. Die wegen einer Mehlstauballergie viel zu jäh beendete Koch-Karriere hatte sie längst weggesteckt und ein neues Ziel gefunden. Als Drittbeste in der Klasse der werdenden Maschinenanlagenführerinnen hagelte es geradezu Angebote aus der Industrie. Gleich mehrere Firmen wollten ihr einen Arbeitsplatz zusagen. Doch Carina war schwanger und verschob die Karriere auf drei Jahre später.

Dass aus den drei Jahren vier oder noch mehr werden könnten, kam der jungen Mutter nicht in den Sinn. Wie auch? Sie hatte mit der so frühzeitigen Anmeldung für einen Kindergartenplatz für Marco doch alles in die Wege geleitet. Heute, weiß Carina, wäre das schon spät. "Die meisten melden ihr Kind mittlerweile direkt an, wenn sie den voraussichtlichen Entbindungstermin wissen", schildert die Villingerin.

Nun hängt die Mutter in der Luft. Die Perspektiven als Maschinenanlagenführerin mögen noch so gut sein, ohne verbindliche Zusage für einen Kindergartenplatz für Marco könne sie sich um keine Stelle bewerben, erzählt sie und schielt ein wenig neidisch zur Nachbarin, die für ihr erst zweijähriges Kind auf Anhieb bei der ersten Bewerbung um einen Kindergartenplatz in der Doppelstadt Glück gehabt habe.

Auf die Schelte gegen Flüchtlinge springt Carina trotzdem nicht auf. Im Internet türmen sich derweil die Kommentare von Nutzern unter unserem Bericht über den Vorschlag von Bertold Ummenhofer (Freie Wähler) man möge den Kindern von Flüchtlingen ohne Arbeitserlaubnis nun die Kindergartenplätze entziehen. Ähnlich wie im Verwaltungsausschuss am Mittwoch löst der Vorstoß auch im Internet Empörung aus. Christof G. beispielsweise fragt: "Jeder verlangt Integration – und dort, wo es am einfachsten wäre, bei den Kleinsten, sie mit unserer Kultur vertraut zu machen, Freunde und Anschluss zu finden wollt Ihr sie aussperren?" Elisabeth W. kann verstehen, "dass bei Eltern, die dringend einen KiTa-Platz bräuchten, Unmut aufkommt, doch wenn Flüchtlingskinder einen Platz bekommen, heißt das ja nicht zwangsläufig, dass die Kinder deutscher Eltern keinen bekommen sollen". Sie kommt zu dem Schluss: "Es muss sich dringend etwas tun in Sachen Betreuung. Aber wie sollen sich Kinder ohne Deutschkenntnisse besser und schneller integrieren, wenn sie aus den Kitas ausgeschlossen werden?" Kathrin D. sieht das anders: "Also ich finde Leute, die nicht arbeiten sind, und das sind ja wohl Asylbewerber ohne Arbeitserlaubnis, brauchen keinen Kiga-Platz." Und Sarah M. stellt fest: "Dann bleiben aber die Hartzer Kinder auch zuhause." * Name von der Redaktion geändert