Das Ordnungsamt verbot den Aufmarsch mit Gewehren am Wahlsonntag auf dem Münsterplatz. Foto: Kienzler

Pläne zur Begrüßung des neuen OBs durchkreuzt. Bürgerwehr ist sauer aufs Ordnungsamt.

VS-Villingen - Die Historische Bürgerwehr von Villingen ist sauer: Obwohl der Verein eine dauerhafte Erlaubnis zum Tragen seiner historischen Waffen in der Öffentlichkeit hat, verbot das Ordnungsamt den Aufmarsch mit Gewehren am Wahlsonntag auf dem Münsterplatz.

Anderswo seien sie der Stolz und das Aushängeschild historischer Städte. In Villingen-Schwenningen aber werde die Historische Bürgerwehr von Villingen von der Verwaltung weder wertgeschätzt noch ernstgenommen, sagt der Kommandant der historischen Bürgerwehr, Hans-Joachim Böhm.

Der Verein hat es sich so schön ausgemalt: Der neue Oberbürgermeister sollte am Sonntag mit einer beeindruckenden Zeremonie von den Uniformierten auf dem Münsterplatz begrüßt werden. Und zu dieser Uniform gehören eben auch die Gewehre. Doch das Ordnungsamt machte einen dicken Strich durch diesen Plan und verbot das Tragen der Waffen an diesem Abend kurzerhand. Für die Bürgerwehr ein Schlag ins Gesicht. Weder Salutschüsse noch sonst etwas seien geplant gewesen. Die Waffen seien ohne Munition ja noch nicht einmal schussbereit. Zudem besitze die Bürgerwehr als Brauchtumsverein eignetlich eine dauerhafte Genehmigung zum Tragen ihrer historischen Waffen. Sie sei lediglich ihrer Verpflichtung nachgekommen, die Behörde im Vorfeld über den geplanten Aufmarsch zu informieren.

Landauf und landab gängige Praxis

Vor Jahren nämlich, erinnert sich der Vorsitzende Karl-Heinz Schwert, habe die Bürgerwehr das aus Unwissenheit versäumt. Daraufhin sei man von der Verwaltung wegen eines "Aufmarschs unter Waffen" offiziell vorgeladen "und ziemlich hart rangenommen" worden. Das sollte dem Brauchtumsverein kein zweites Mal passieren. Also ging man hochoffiziell den korrekten Weg, um am Ende in einer Sackgasse zu landen: "Das Führen von Waffen im Rahmen einer Ehrbekundung zur Neuwahl (....) wird Ihnen hiermit gemäß Paragraf 42, Absatz 1, des Waffengesetzes untersagt", ist im daraufhin erhaltenen Bescheid des Bürgeramts an den Verein zu lesen. Dort reagierte man ungläubig – es wäre zwar eine Premiere für Villingen-Schwenningen geworden, doch landauf und landab sei es gängige Praxis bei historischen Gruppen, einem "Schultheiß" Meldung zu erstatten und ihn zu begrüßen. Das Fass zum Überlaufen brachte die Ankündigung eines Gebührenbescheids: Die Bürgerwehr soll für diesen Bescheid in Kürze auch noch 50 Euro bezahlen.

Die Verwaltung begründet ihren abschlägigen Bescheid damit, dass es sich bei der geplanten Aktion nicht um einen Akt des Brauchtums handele. Böhm kann da nur müde lächeln: Es gebe in Baden-Württemberg 53 historische Bürgerwehren, in Baden-Südhessen 21. Und "in nahezu allen diesen Gemeinden ist es Brauchtum, dass die Bürgerwehr bei solchen Gelegenheiten auftritt", erzählt er und schlussfolgert: "Also ist es doch Brauchtum!" Abgesehen davon sei der Erhalt des Brauchtums die Mission der 270 Mitglieder der Bürgerwehr, darunter etwa zur Hälfte Aktive – "ich kenne keinen Kriegstreiber unter uns", stellt Böhm klar.

Großer Ärger auf Seiten der Bürgerwehr

Doch weil man dem Gewählten am Wahlabend gerne gratulieren wollte und kein gesteigertes Interesse an einem Eklat vor dem Wahltag hatte, biss man in den sauren Apfel und gab sich dem Gelächter der Zuschauer preis: "Wenn man so halbnackt, ohne Gewehr, rumlaufen muss, dann wird man zum Gespött der Leute", meint Schwert und fühlte sich darin am Wahlabend bestätigt: Zunächst waren alle Augen auf die Uniformierten auf dem Münsterplatz gerichtet. Doch als Kommandant Böhm seine Formel sprach zum militärischen Erstatten einer Meldung, erschallte Gelächter: "...Links um, Gewehr ab, Richt’ Euch, das Gewehr über..." Die Uniformierten standen schließlich ohne diesen Teil ihrer Uniform auf dem Platz. Das Tragen der Gewehre war ja verboten worden.

Was bleibt, ist großer Ärger auf Seiten der Bürgerwehr und eine bittere Erkenntnis: obwohl die Bürgerwehr die Stadt nach außen hin bei vielen Gelegenheiten, etwa beim Großen Zapfenstreich in Leipzig oder in Rueil-Malmaison bei Paris repräsentiert und ein Stück Geschichte bewahrt, werde man von der Stadtverwaltung weder wertgeschätzt, noch sonderlich respektvoll behandelt, bemängelt Böhm. Das sei schon daran ersichtlich, dass weder Oberbürgermeister Rupert Kubon, noch sein Vertreter jemals bei einer Generalversammlung der Bürgerwehr gewesen seien, obwohl man sie jedes Mal eingeladen habe. Immer wieder erkläre Kubon quasi entschuldigend, er sei schließlich Pazifist. Bei der Kommandoübergabe von Manfred Riegger an Hans-Joachim Böhm seien sogar Benutzungsgebühren für die Straßen verlangt worden. Dass Rupert Kubon die rund 1500 Euro aus seinem persönlichen Etat in einem Umschlag beim Käsvesper rückerstattet habe, so Böhm, mache die Sache nur unwesentlich besser.

Hoffend blickt der Kommandant der Historischen Bürgerwehr in Villingen daher dem Wechsel an der Stadtspitze entgegen: Jürgen Roth habe sich am Wahlabend bei der in Folge des Waffenverbots improvisierten Zeremonie erkundigt: "Haben Sie’s Gewehr jetzt dabei?" Böhm habe verneint, Roth habe entgegnet: "Hätten Sie’s doch mitgebracht..."

"Das ist eindeutig ein Zeichen, dass sich da was ändert", meint der Kommandant hoffnungsvoll.