Während Volker Kauder sicher im Sattel ist, kämpft Siegfried ums politische Überleben.
Villingen-Schwenningen - Siegfried Kauder kämpft ums politische Überleben. Der jüngere Bruder von Unionsfraktionschef Volker Kauder sitzt seit zehn Jahren im Bundestag. Die Kauders sind das einzige Geschwister-Paar im Parlament, beide machen Politik für die CDU. Und beide wollen im Bundestag bleiben.
Doch während Volker Kauder (63) sich für die Wahl 2013 sicher sein kann, muss Siegfried Kauder (61) bangen. Ihm bläst heftiger Gegenwind aus den eigenen Reihen ins Gesicht. Viele Mitglieder seiner Partei stellen sich quer. Es ist ein Streit, der außergewöhnlich ist in der Südwest-CDU, die nach außen hin gerne auf Harmonie setzt. Die Fronten sind verhärtet, eine Lösung ist nicht in Sicht. Richten soll es Erwin Teufel (CDU). Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident ist im Streit zwischen Kauder und seinen Parteifreunden zum Schlichter ausgerufen worden. „Meine Aufgabe ist es nicht, Partei zu ergreifen“, sagt Teufel.
Der 73-Jährige, der sich aus dem politischen Geschäft zurückgezogen hat, gilt als glaubwürdig und verlässlich, genießt Ansehen und Vertrauen. Der Kauder-Wahlkreis ist seine Heimat, 34 Jahre hat er die Region im Landtag vertreten. Zum dem Streit will er sich öffentlich nicht weiter äußern. Die Gespräche laufen einzeln und hinter verschlossenen Türen. Einfach sind sie nicht, heißt es. Der Kontakt zwischen dem Abgeordneten und der Basis ist abgerissen.
An einen Tisch setzen sich Kauder und seine Kontrahenten nicht, Ende des Monats will Teufel sie erstmals dazu bewegen. Im Gegensatz zu seinem 15 Monate älteren Bruder spielt Siegfried Kauder im Berliner Politikbetrieb keine tragende Rolle, der Rechtsanwalt aus Villingen-Schwenningen ist von außen betrachtet ein klassischer „Hinterbänkler“. Seit 2002 vertritt er den ländlich geprägten Schwarzwald-Baar-Kreis im Bundestag, die beiden Nachbarwahlkreise haben mit Volker Kauder (Tuttlingen) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Ortenau) zwei politische Schwergewichte.
Eine Aussprache gab es nicht
Seit 1993 ist Siegfried Kauder Kreisvorsitzender der CDU, ohne aber in der Partei stark vernetzt zu sein. In der Kritik steht der Jurist schon seit längerem. Ihm wird mangelnder Führungsstil vorgeworfen. Als er sich Mitte Juli als einziger Kandidat der Nominierungsveranstaltung stellte, kam es zum Eklat. Kauder fiel durch. Mehrere Ortsverbände sowie die Junge Union (JU) hatten sich gegen ihn gestellt. Kauder war der einzige Kandidat. Eine Aussprache gab es nicht. Die Nominierung wurde verschoben, sie liegt seither aus Eis. Es herrscht Funkstelle zwischen Kauder und seinen Kritikern. Weil es keine Annäherung gibt, ist zuletzt auch Karl Rombach, CDU-Landtagsabgeordneter der Region, auf Distanz zu seinem Parteifreund gegangen.
Zu den Vorwürfen äußert sich Kauder nicht. Doch an seiner Kandidatur hält er fest. Öffentlich in Erscheinung tritt er nicht, seine Internetseite weist von ihm seit Ende Mai keine aktuellen Einträge oder Termine mehr auf. Seine Kritiker machen unterdessen mit „öffentlichen Briefen“ mobil und bringen andere Kandidaten ins Spiel, ohne jedoch in der Öffentlichkeit Namen zu nennen. „Eine Volkspartei kann sich eine solche Auseinandersetzung auf Dauer nicht leisten“, warnt Andreas Jung, Bundestagsabgeordneter aus dem nahen Konstanz am Bodensee und Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes. „Wir müssen daher intensiv und ehrlich Gespräche führen.“
Einen festen Zeitplan für die Nominierung gibt es nicht, eine schnelle Einigung ist unwahrscheinlich. Volker Kauder und Wolfgang Schäuble, die beiden mächtigen Christdemokraten, äußern sich nicht zu dem Konflikt in ihrer Nachbarschaft. Beide lassen sich im Oktober nominieren. Dass sie es schaffen, gilt als sicher. Gegenkandidaten oder eine fundamentale und mehrheitsfähige Kritik an den beiden Politikern gibt es nicht.