Setzen sich für den Erhalt des kulturellen Angebots in VS ein (von links): Eberhard Hummel, Holger Westendorf, Friedemann Schmidt und Wolfgang Heitner. Foto: Zieglwalner Foto: Schwarzwälder Bote

Haushalt: Freundeskreise vergleichen Ausgaben in vier Städten / Villingen-Schwenningen bildet Schlusslicht

Villingen-Schwenningen. Gegen den Kahlschlag in der kulturellen Landschaft der Doppelstadt setzen sich die drei Freundeskreise für Kultur, für die Museen und für die Stadtbibliothek in Villingen-Schwenningen zur Wehr und fordern einen konstruktiven Dialog mit der Stadt und dem Gemeinderat ein. Die Androhung von massiven Einsparungen zur Konsolidierung des Haushalts in Zeiten von Corona hat die drei Vereine noch mehr zusammengeschweißt. Gemeinsam treten sie nun mit konkreten Zahlen den Kampf für den Erhalt des kulturellen Angebots an – und für eine Zukunft der Schwen ninger Museen im Bürk-Areal.

Dass Villingen-Schwenningen bei den Aufwendungen für die Kultur gar das Schlusslicht im Vergleich mit anderen Städten ist, haben Holger Westendorf, Schriftführer des Freundeskreises Kultur, und Friedemann Schmidt, Vorsitzender im Freundeskreis Stadtbibliothek festgestellt. Sie warfen einen genauen Blick auf den Etat von Konstanz, Reutlingen und Tübingen, die ebenfalls Oberzentren und Hochschulstandorte sind, sowohl bei den Einwohnern als auch beim Steueraufkommen ähnliche Zahlen wie Villingen-Schwenningen aufweisen. Um diese Ausgaben tatsächlich nebeneinander stellen zu können, trugen sie aus den Haushalten von 2019 die Kosten für Theater, Konzerte, Museen, Archive, Volkshochschulen und Bibliotheken, Musikschulen und Musikpflege, sonstige kulturelle Aufwendungen und Denkmalpflege zusammen.

Das für die Freundeskreise erschreckende Ergebnis: Während Villingen-Schwenningen 9,6 Millionen Euro für die Kultur übrig habe, seien es bei den drei Referenzstädten im Durchschnitt 18,1 Millionen Euro. Das entspreche 113 Euro je Einwohner der Doppelstadt gegenüber durchschnittlich 188 Euro in den anderen Oberzentren, die also 53 Prozent mehr in die Kultur investieren. Auch mit Blick auf die Steuerkraft seien diese Ausgaben um 53 Prozent höher. Und gerade in Anbetracht des Anteils, den die kulturellen Aufwendungen von 9,6 Millionen Euro in einem Etat von 330 Millionen Euro spielen, ist für die Vereine klar, dass da ohne herbe Einschnitte nichts mehr einzusparen ist. "Mit einem Anteil von 2,9 Prozent lässt sich mit der Kultur das strukturelle Problem des Haushalts nicht lösen", bringt es Westendorf auf den Punkt. Die Kultur spielt für ihn und Schmidt ebenso wie für Eberhard Hummel, Vorsitzender im Freundeskreis Kultur, und Wolfgang Heitner, Vorsitzender im Freundeskreis Städtische Museen, eine wichtige Rolle als Standortfaktor, ohne deren Förderung verliere die Stadt ihre Attraktivität und Identität. Aus dem Gemeinderat ist ihnen zu Ohren gekommen, dass die Verwaltungsspitze dem Amt für Kultur drastische Einsparungen angedroht hat.

So gehen die Vereine jetzt den Schritt an die Öffentlichkeit, haben ihr Papier an Oberbürgermeister Jürgen Roth und die Fraktionsvorsitzenden gesandt, um eine Diskussion über den Wert der Kultur für das Leben in der Doppelstadt anzustoßen.

Besondere Sorgen bereitet ihnen die Situation in Schwenningen: Mit der Schließung des Heimat- und Uhrenmuseums Anfang 2021 sowie der Städtischen Galerie Ende 2022 befürchten sie das Ende für die Museen im zweiten großen Stadtteil, wenn sich der Gemeinderat nicht jetzt schon durch einen offiziellen Beschluss zum Bürk-Areal bekenne. Sonst sei zu befürchten, dass die Schwenninger Museen in Vergessenheit geraten und endgültig verschwinen, warnt Heitner. Zumal einige Dauerleihgaben für die Zeit der Schließung zurückzugeben seien und die Schenkung der Kunstwerke der Lovis-Presse an deren dauerhafte Präsentation gebunden sei. Überhaupt zeigt Heitner kein Verständnis, dass die Stadt den Rotstift bei Sonderausstellungen ansetzt, die doch die Besucher in die Museen locken, Einheimische ebenso wie Touristen ansprechen.

Ein Kampf an vielen Fronten also, zu dem für Schmidt und seine Mitstreiter auch der Erhalt beider Stadtbibliotheken zählt. "Kultur ist ein Verfassungsauftrag und keine freiwillige Leistung", verweist Westendorf auf die gesetzliche Grundlage. Alle anderen Referenzstädte kämen dieser Verantwortung nach, nur Villingen-Schwenningen nicht. Dass die Stadt die Ausgaben nicht noch weiter herunterfährt, das wollen die Vereine mit Gesprächen mit allen Verantwortlichen verhindern.