Lehrer und Eltern fordern ein systematisches Vorgehen bei der Digitalisierung von 24 städtischen Schulen. Vertreten werden sie von (von links) Simone Duelli-Meßmer, Manuel Perzinger, Tino Berthold und Gabriele Cernoch-Reich. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Bei der Digitalisierung gibt es große Unterschiede / Lehrer und Eltern fordern von Stadt "systematisches Vorgehen"

Die Digitalisierung der städtischen Schulen hat durch die Corona-Pandemie an Priorität gewonnen. Der momentane Fernunterricht beschere dem Thema besondere Brisanz, denn nicht überall funktioniere er gleich gut, sagen Lehrer und Eltern.

 

Villingen-Schwenningen. Die beiden geschäftsführenden Schulleiterinnen Simone Duelli-Meßmer und Gabriele Cernoch-Reich sowie vom Gesamtelternbeirat (GEB) der Vorsitzende Tino Berthold und sein Vize Manuel Perzinger wiesen in einem Pressegespräch darauf hin, dass der Zug zwar Fahrt aufgenommen, die notwendige Geschwindigkeit aber noch lange nicht erreicht habe.

Schon vor Corona hatte die Landesregierung mit der Ausschreibung des Digitalpaktes 650 Millionen Euro in Aussicht gestellt, aufgrund der Pandemie sind über verschiedene Notprogramm weitere 500 Millionen Euro für die Budgets der Schulträger vorgesehen.

In Villingen-Schwenningen sei damit zwar "schon viel passiert", sagte Simone Duelli-Meßmer, gleichwohl habe man es mit einer "Riesenwelle an Bedarfen" zu tun, die zu erfüllen einer Strategie bedürfen. Aus Sicht der Lehrer und Eltern fehlt diese derzeit aber.

Duelli-Meßmer, Direktorin am Hoptbühl-Gymnasium in Villingen, vergleicht die Situation der 24 städtischen Schulen mit einem "maroden Haus", das eigentlich generalsaniert gehöre, in dem nach und nach aber nur einzelne Zimmer ertüchtigt werden. So fehlt es an einigen Schulen an stabilen Internetverbindungen, während andernorts schon jedes Klassenzimmer über Rechner, Beamer und Kameras verfügt. Am Hoptbühl-Gymnasium arbeiten alle Rechner noch mit Windows 7, das System stehe kurz vor dem Zusammenbruch, befürchtet die Chefin.

Prioritäten nicht transparent

"Die Prioritäten sind nach wie vor nicht transparent, das bringt Unruhe", bemängelt der GEB-Vorsitzende Tino Berthold, dessen Gremium schon seit Jahren auch für bauliche Maßnahmen eine entsprechende Liste einfordere.

Gemäß einem von drei Notprogrammen trudeln derzeit für die Grundschulen Leih-Tablets für die Schüler ein, die von zu Hause aus nicht entsprechend ausgerüstet sind. Sie müssen zunächst installiert und "schülertauglich" gemacht werden, weiß Gabriele Cernoch-Reich, Rektorin der Villinger Haslachschule.

Für jeweils rund zehn Prozent der Schüler an weiterführenden Schulen sind die Endgeräte in Form von Notebooks bereits verteilt. Die Mittel für das Hilfsprogramm Nummer zwei, Leihgeräte für Lehrkräfte, sollen bis zum "frühen Sommer" fließen, heißt es, dann "wenn wir wahrscheinlich keinen Fernunterricht mehr haben", vermutet Duelli-Meßmer. Aus dem Corona-Fördertopf des Landes fließen ferner die Personalkosten für die notwendige Administration von Seiten des Schulträgers.

Abteilung unterbesetzt

Die Abteilung "Bildungs-IT" im Amt für Jugend, Bildung, Integration und Sport (Jubis) arbeitet seit Januar auf Hochtouren, ist aber unterbesetzt. Dass hier – "im Rahmen der Möglichkeiten" – gute Arbeit geleistet werde, darüber sind sich alle Anwesenden einig. Allerdings reiche die Unterstützung derzeit lediglich für Notfälle. Bisher hatte der Aufbau des Netzwerkes am Schwenninger Deutenberg-Gymnasium Vorrang.

Sorgen machen sich die Lehrer und Eltern um die langfristige digitale Versorgung der Schulen, die als Unterrichtsergänzung auch nach Corona ihre Bedeutung behält. Daher fordern sie vom Schulträger ein systematisches Vorgehen: die Schaffung von Anschlüssen und Netzwerken für alle Schulgebäude als Basis, eine ausreichende Ausstattung und Ersatz für veraltete Geräte sowie eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Pflege der Systeme.

"Heute sind Rechner nach vier Jahren bereits veraltet", gibt Manuel Perzinger zu bedenken. Für Nachhaltigkeit wirbt auch Berthold. Das sei man den Schülern und ihren Lehrern schuldig: "Die leisten derzeit Gewaltiges."