Ein Filmteam ist momentan dabei, in Villingen einen Teil für eine Dokuserie über weltweite Karnevalsbräuche zu drehen. Auch bei der Wuescht­anmeldung war es zugange, um Material für die 45-minütige Reportage zu sammeln. Foto: Ettwein

Arte dreht 45-minütige Reportage. Serie zeigt Karnevalsbräuche weltweit. "In Rottweil zu festgezurrt."

VS-Villingen - Eine große, fünfteilige Doku-Serie im Sendeplatz "Arte Entdeckung" befasst sich mit Karnevalsbräuchen in aller Welt – und auch die Villinger Fasnet wird darin in einem 45-minütigen Beitrag vorgestellt.

Große Städte in Brasilien und Bolivien, zwei Bergdörfer in Sardinien, New Orleans und das Zähringerstädtle Villingen: Ein internationales Team von Regisseuren und Kameraleuten ist in alle Welt ausgeschwärmt, um die "lebendige Tradition des Karnevals", wie es Arte beschreibt, in einer Serie zu präsentieren. Die freischaffende Filmemacherin Anja Unger hat dabei die Aufgabe, das traditionsreiche Villinger Brauchtum festzuhalten.

"Es geht in der Serie vor allem darum, die Lebens- und Feierfreude voll zu spüren – es soll nicht als essenzloses Spektakel dargestellt werden, sondern vielmehr möchten wir die Leute vor Ort entdecken", erklärt die in Frankreich lebende Unger. Die Fasnet solle dank der Menschen, die man begleitet, "von innen" erlebt werden: "Es geht also nicht darum, einen Blick von außen darauf zu werfen, sondern gewissermaßen dabei zu sein."

Sie erklärt, dass in jedem Teil der Dokumentation, die von einer brasilianischen Serienautorin geleitet wird, zudem eine anthropologische Fragestellung geklärt werden soll. "Ich finde es daher sehr spannend herauszufinden, warum dieses sehr alte Brauchtum in Villingen einen so extremen Erfolg hat", so Unger. Die große Frage sei, wie man es schafft, die Fasnet so lebendig zu halten: "Die Tradition wird hierbei von jenen Leuten getragen, die heute leben – klar ist: Ohne Regeln geht es in Villingen definitiv nicht, allerdings schafft man es hier, dass nicht alles so festgezurrt ist." Vielmehr erreiche dies beispielsweise die Zunft "durch Pädagogik, aber auch Kreativität". Unger: "Vor allem beim Strählen wird einem ja öfter an den Karren gefahren – da muss man Humor beweisen."

Auch seien die Maschgere eine Wissenschaft für sich. "Es ist beeindruckend, wie mit mühsamer Handarbeit nicht nur bei den Schemen, sondern auch den Leinengewändern ein absoluter Perfektionismus betrieben wird", zeigt sich die Regisseurin angetan von den Häsern.

"Villingen hat ein Alleinstellungsmerkmal."

Anja Unger gerät bei ihren Erzählungen nicht nur ins Schwärmen, sondern beweist auch Fachwissen – nicht ohne Grund. Stundenlang habe sie sich Youtube-Filme angeschaut, viel im Internet recherchiert, Bücher gelesen und auch mit einigen Protagonisten der Fasnet gesprochen. "Die waren alle unheimlich stolz und sehr kooperativ." Bei ihren bisherigen Recherchereisen vor Ort habe sich dieser Eindruck bestätigt. Erstes filmisches Material konnte zudem bei der Fasnetseröffnung und der Hauptversammlung der Zunft aber auch bei der Wuescht-Anmeldung gesammelt werden. Während der "hohen Tage" der Straßenfasnet ist das mehrköpfige Team dann eine komplette Woche vor Ort.

Doch warum ausgerechnet Villingen? "Die Entscheidungsfindung war natürlich Teamsache – wir haben uns dann für die schwäbisch-alemannische Fasnet entschieden", so Unger. Schon allein weil man bereits drei große Städte in der Serie hatte, sei Köln ausgeschieden. Bei der näheren Betrachtung haben sich Städte wie Elzach oder Rottweil als nicht geeignet erwiesen. "Villingen sticht einfach heraus und hat ein Alleinstellungsmerkmal."

Anders als beispielsweise in Rottweil seien die Frauenfiguren ein fester Bestandteil der historischen Zunft, auch die Alten Jungfere seien mittlerweile eine Institution in Villingen. "In Rottweil ist alles sehr festgezurrt, in Villingen zeigt man sich durchaus innovativ, verliert dabei die Sache aber nicht aus den Augen." Damit gebe es aus dem filmemacherischen Standpunkt mehr Möglichkeiten, denn nur aus einem Umzug lasse sich kein Film machen.

"Natürlich werden die historischen Figuren wie der Narro oder die Wuescht den größten Platz im Film einnehmen, doch die Buntheit der Villinger Fasnet wird visuell eingefangen werden – als Teil der Entdeckungsreise für den internationalen Zuschauer." Wann die Zuschauer die Villinger Fasnet im Fernsehen erleben dürfen, steht noch nicht endgültig fest – vermutlich wird die Ausstrahlung aber erst Ende des Jahres erfolgen.