Kommende Woche sollen Urteile im Mafia-Prozess fallen. (Symbolfoto) Foto: Eich

Mutmaßliche Köpfe einer Drogenbande erwarten ihre Urteile. Angeklagte einigen sich auf Deals.

Villingen-Schwenningen/Konstanz - Erst kriselte es, dann menschelte es – und zwischen Tränen und Geständnissen wurde ein baldiges Ende sichtbar: Kommende Woche sollen vier Angeklagte verurteilt werden, darunter auch zwei Köpfe der Drogenbande.

Es war eine fast entfesselte Stimmung, die am Ende des 71. Prozesstages im eigens umgebauten Sitzungssaal des Landgerichts Konstanz herrschte. Den Prozessbeteiligten war die Erleichterung deutlich anzumerken – man ist einen großen Schritt weiter. So haben neben den Köpfen der Drogenbande, die im Kreisgebiet einen schwunghaften Handel mit Betäubungsmitteln betrieben hatten – Placido A. und Giovambattista S. – auch die zwei weiteren Angeklagten Giuseppe A. und Rosario I. im Rahmen von Verständigungsgesprächen Geständnisse abgelegt. Der Weg zu einer Abtrennung ihrer Verfahren vom Mammutprozess und einer baldigen Verurteilung ist damit geebnet.

Danach sah es zu Beginn der Verhandlung – knapp sieben Stunden zuvor – eigentlich gar nicht aus. So zeigte sich Oberstaatsanwalt Joachim Speiermann mit den zu erwartenden Strafen nicht gänzlich zufrieden, brachte gar den Anklagepunkt eines geplanten bewaffneten Überfalls in Verona wieder ins Spiel, um die kriminelle Energie der italienischen Bandenmitglieder deutlich zu machen. Diesen hatte der Vorsitzende Richter Arno Hornstein im Sinne der "Prozessökonomie" eigentlich außen vorgelassen. "Mir stinkt es, dass man hier solche Sprüche loslässt", polterte Hornstein in Richtung Speiermann – der plötzlich mit dem ungewöhnlichen Vorwurf konfrontiert wurde, den Prozess festfahren zu lassen.

Placido A. muss mit Haftstrafe zwischen achteinhalb und neuneinhalb Jahren rechnen

Doch die Wogen wurden, als der Oberstaatsanwalt sich den Vorschlägen der Kammer zum Strafrahmen näherte, schnell geglättet. Gemeinsam mit der Verteidigung der vier gesprächsbereiten Angeklagten war man sich einig: Es muss vorangehen.

Konkret muss Placido A. nun mit einer Haftstrafe zwischen achteinhalb und neuneinhalb, Giovambattista S. zwischen acht und neun und die beiden übrigen Angeklagten zwischen sechseinhalb und siebeneinhalb Jahren rechnen. Bedingung hierfür waren jedoch umfassende Geständnisse zu den Drogengeschäften. Im Rahmen dessen und des Skizzierens der persönlichen Verhältnisse menschelte es seitens der Angeklagten erstmals im Gerichtssaal: A. konnte seine Tränen nicht unterdrücken, als er von einem plötzlichen Todesfall in der Familie berichtete, der letztendlich zum Umzug nach Deutschland führte. Der 54-Jährige zeichnete dabei ein Bild des tüchtigen Kochs und Pizzabäckers, der in zahlreichen gastronomischen Betrieben in Villingen-Schwenningen und Bad Dürrheim schon in jungen Jahren das Handwerk lernte und arbeitete. In Palermo, Singen und Tuttlingen fungierte er später gar als Geschäftsführer und Inhaber von Gastrobetrieben. "Ich habe da viel Geld verdient", berichtet er nicht ohne Stolz. Es folgte der Kauf der Stadiongaststätte in Rottweil sowie des Zafferanos in Schwenningen, mit denen er sich in der Region einen Namen machte. Und plötzlich hätten Albaner ihm Drogen auf den Tisch gelegt, woraufhin er in den Handel einstieg. Ein Weg zum schnellen Geld? "Mit dieser Geschichte habe ich nur verloren", stellt A. angesichts der Verhaftung der daraus resultierenden Konsequenzen klar.

Verfahren werden weiter andauern

Der zweite Kopf, Giovambattista S., der zuletzt in Donaueschingen wohnte, ist hingegen laut seinen Ausführungen im Zuge von Erpressungen unter Druck geraten. "Wer das war, will ich nicht sagen", so der 51-jährige Gastronom. Es folgte der Strudel: Geldsorgen, schlecht laufende Geschäfte und schließlich der kiloschwere Handel mit Drogen. Giuseppe A. sei aufgrund der Finanzierung seines exzessiven Heroin-Konsums in das Geschäft mit dem Rauschgift geraten. Und auch Rosario I. legte ein Geständnis ab. Zwar sah er das Strafmaß zunächst als zu hoch an – er nahm dann aber als Vierter im Bunde die vom Richter aufgezeigte Abkürzung, die eine Abtrennung seines Verfahrens zur Folge hat. Alle vier sollen nun kommende Woche – rund ein Jahr nach Prozessbeginn – verurteilt werden.

Hingegen waren die dritte Führungsperson, Nicolo M., sowie sein Sohn Giacomo nicht zu einem Deal bereit. Die zuletzt in Donaueschingen wohnhaften Angeklagten zeigten sich weiterhin keiner Schuld bewusst. "Ich habe nichts gemacht, gebe aber alles zu, damit ich hier rauskomme", lässt der 50-Jährige sich zitieren. Ihn erwartet angesichts der Drogendelikte und eines Mordversuchs in Hüfingen einen Haftstrafe im zweistelligen Bereich. Sein Sohn 27-Jähriger Sohn gilt nur als Gehilfe und könnte mit drei oder vier Jahren davonkommen. Diese beiden Verfahren werden weiter andauern.