Jubiläum: Ohne ihn geht bei der Narrenzunft fast gar nichts: Der Fanfarenzug wird 60 Jahre alt / Feierlichkeit im kleinen Rahmen

Wenn die Narrenzunft Schwenningen an heimischen und auswärtigen Umzügen teilnimmt, dann wird sie von ihm feierlich angeführt: dem Fanfarenzug, der nicht umsonst als musikalisches Aushängeschild des Fasnetvereins gilt. In diesem Jahr feiert die Musikgruppe ihr 60-jähriges Bestehen.

VS-Schwenningen. Unverkennbar die blechbläsernen Töne aus der Ventil-Fanfare, unverkennbar die Klänge der Landsknechttrommel. Unverkennbar aber auch die weiß-blauen Uniformen, in denen Spieler bei Narrentreffen durch die Straßen ziehen, an Platzkonzerten teilnehmen oder zu Geburtstagen und sonstigen Feiern aufspielen.

Der Fanfarenzug der Narrenzunft ist aus dem Schwenninger (Vereins-)Leben nicht mehr wegzudenken. Kein Wunder, dass er bereits seit 60 Jahren besteht. "Wir haben eben diese besondere Stellung im Verein, weil wir das ganze Jahr unterwegs sind", erklärt Fanfarenzugs-Sprecher Siegfried Kanaske. Er ist gleichzeitig Narrenrat in der Zunft und somit das Bindeglied zwischen dem Vereinsvorstand und der Musikgruppe, in der er seit mehr als 30 Jahren aktiv ist. Seit drei Jahren spielt er die Bassfanfare. "Wenn man mit Herzblut dabei ist, dann lässt einen das Spielen im Fanfarenzug nicht mehr los", ist Kanaske überzeugt.

Wie ihm ging und geht es vielen Schwenningern. Kramt man in der Geschichte des Spielmannszugs, stößt man bei den Gründungsmitgliedern auf Namen wie Fritz Münch, der mittlerweile verstorben ist, oder aber auf Siegfried Hanselmann, ein ehemaliger Trommler, der die Musiktruppe auch heute noch unterstützt, indem er beim Verkaufswagen bewirtet. Auch Horst Baier, lange über 70 Jahre alt, kann nicht ganz vom Verein lassen, wie sein Neffe Siegfried Kanaske berichtet.

Es war das Jahr 1960, so der Sprecher beim Durchblättern der Chronik, als der Fanfarenzug erstmals vor dem Felsen, dem damaligen Zunftlokal, gespielt hatte. Von dort an wurde regelmäßig im Volkschor Sängerheim geprobt. Fanfarenzug-Treffen zu den runden Vereinsgeburtstagen, Konzerte zum Städtezusammenschluss im Jahr 1972, bei der Einweihung der Muslen im Jahr 1980, die Teilnahme beim Oktoberfestumzug 1996, Konzertreisen nach Ungarn oder Frankreich oder das Einspielen zweier CDs in den Jahren 2000 und 2010: Kanaske nennt nur einige Höhepunkte aus der Historie der Musikgruppe.

Seit dem Städtezusammenschluss tragen die Mitglieder übrigens diejenige blau-weiße Landsknecht-Uniform, die noch heute zum Dresscode gehört: passend zu den Stadtfarben, zudem mit Schwan und Zahnrad darauf als Schwenninger Symbole.

Doch welche Instrumente gehören überhaupt zum Fanfarenzug? Da ist die Marschtrommel, die sogenannte Snare-Drum. Da ist die Landsknechttrommel, ein Instrument, das es bereits im frühen Mittelalter gab und dumpf klingt. Zu den Blechblasinstrumenten, so Fachmann Kanaske, gehören das Parforcehorn sowie Bass-, Natur- und Ventil-Fanfare. Das Verwunderliche: Rund 90 Prozent der Spieler können gar keine Noten lesen und spielen einzig nach Gehör.

Brillante und pompöse Klänge stehen dennoch außer Frage: "Die Stücke werden auf ein digitales Mikrofon aufgenommen, jeder bekommt seine Stimme zum Üben daheim mit", erklärt der Sprecher. Immer donnerstags, vor Konzerten sogar mehrmals in der Woche, wird gemeinsam im Bauhof geprobt. Einen hohen Anspruch hat der Fanfarenzug an sich selbst, um dem Image und Stand in der Zunft stets gerecht zu werden. Dabei kommt es nicht nur auf die Musik selber, sondern auch auf die Haltung der Instrumente sowie – beim Umzug – auf den Marschschritt an. "Das gibt einfach ein schöneres Bild", findet Kanaske.

Das Repertoire reicht von "richtig fetzigen Stücken" über typische Marschmusik bis hin zu "gediegenen" Platzkonzertbeiträgen. Seit den Jahren, in denen Filippo Zerbo Tambour – musikalischer Leiter – des Fanfarenzugs war, habe man sich zudem auf französische Stücke eingestimmt. "Das ist im Grunde unser Alleinstellungsmerkmal, damit können wir uns von anderen Gruppen abheben", erklärt der Narrenrat. So sei die Schwenninger Gruppe auch schon mal als bester süddeutscher Fanfarenzug bezeichnet worden.

Trotz hoher musikalischer Qualität und Freude am gemeinsamen Musikmachen, die nicht zuletzt durch ein gemeinsames Hüttenwochenende mit Probe unterstrichen werden: Die Nachwuchssorgen machen auch vor dem Spielmannszug nicht Halt. In Hochzeiten gab es rund 60 aktive Spieler, derzeit sind es nur rund 25. "Es ist einfach schwierig, den Nachwuchs für Verbindliches zu gewinnen", meint Kanaske. Die Altersspanne liegt zwischen 15 und 70 Jahren. "Wir freuen uns, wenn es wieder aufwärts geht." Neuzugänge sind ab zwölf Jahren willkommen.

Doch nun steht dem Fanfarenzug mit den Hohen Tagen erst einmal eine intensive Zeit bevor. Als Mexikaner verkleidet – im sogenannten Struhler-Häs, das jährlich gewechselt wird, geht es an diesem Wochenende zum FC-Ball nach Dauchingen. "Das ist immer recht lustig", weiß Kanaske. In diesem Häs spielt der Fanfarenzug ebenso beim traditionellen Wecken und bei der Katzenmusik auf. Für den Zugsprecher selber sind aber der Hanselsprung und der große Umzug die persönlichen Höhepunkte. "Es ist immer etwas ganz Besonderes, wenn man am Sonntag vorne weg die Sturmbühlstraße hinunterläuft", sagt er mit großer Vorfreude.

Das 60-jährige Bestehen des Fanfarenzugs der Narrenzunft Schwenningen werde diesmal in kleinerem Rahmen gehalten, weiß Sprecher Siegfried Kanaske. Zum Sommerfest auf der Möglingshöhe werden voraussichtlich befreundete Fanfarenzüge eingeladen. Zudem plant der Verein ein Herbstfest rund um den Bauhof, bei dem das 60-jährige Bestehen der Musikgruppe hervorgehoben werden soll. Seit einem Jahr ist Uwe Schlenker Tambour des Spielmannzugs. Er hatte Volker Beier abgelöst, der mit siebenjähriger Unterbrechung (2007 bis 2014) von 1986 an die Musiker angeführt hatte.