So sollte es sein: Die beiden Profis vom DRK-Rettungsdienst, Georg Nitsch (rechts) und Tobias Scherer, packen beim Narro in Not – Alexander Gackowski – kräftig und schnell an. Foto: Heinig

Auf die richtigen Griffe kommt es an: Zunft bietet Rettungskräften Spezialschulung an.

VS-Villingen - Ein Narro zieht nicht einfach nur ein Häs an. Er schafft Volumen. Das kann im Notfall zum Hindernis werden. Es sei denn, die Rettungskräfte haben eine Spezialschulung erhalten, so wie am Montagabend in der Zehntscheuer geschehen.

25 Notfall- und Rettungssanitäter, Haupt- und Ehrenamtliche von den DRK-Ortsvereinen Villingen, Schwenningen und Bad Dürrheim, vom DRK-Rettungsdienst und von den Villinger Maltesern folgten der Einladung der Historischen Narrozunft zu einer ganz besonderen Erste-Hilfe-Schulung. Schließlich geht es bei einem stattlich ausstaffierten Narro im Ernstfall immer auch um ein 1300-Euro teures Häs und die Riemen mit den Bronzerollen, die ähnlich viel wert sind und was beides – wenn möglich – einen Rettungseinsatz unbeschadet überstehen sollen.

"Das Leben steht natürlich immer über dem Häs", eröffnete Zunftmeister Anselm Säger den lehrreichen Abend. Doch wer den "Aufbau" eines Narros kenne und wisse, wo man wie zupacke, der könne auch "hässchonend" schnelle Hilfe leisten.

Hästräger Alexander Gackowski stand parat, um sich zu den Erklärungen von Ratsherr Michael Bohrer zunächst an- und nach schnellstmöglich wieder entkleiden zu lassen. Das "Drunter" sei zumeist Marke Eigenbau und könne im Notfall zerschnitten werden, um schnell die Brust eines bewusstlosen Maschgere freizulegen, leitete Bohrer sein interessiertes Publikum durch die Narroschichten.

Der Kittel ist mit Haken verschlossen, die aber schnell geöffnet werden können. Auch die darüberliegenden Rollenriemen lassen sich beim Villinger Narro flugs abschnallen. Bei den Hästrägern der Zünfte in Schwenningen, Hüfingen und Donaueschingen müssten sie dagegen umständlicher über den Kopf gezogen werden, merkte Bohrer an.

Um einem Narro, dem schwarz vor Augen geworden ist, Luft zukommen zu lassen, ist die am Hinterkopf gebundene Scheme leicht zu lösen. Ebenso die Masche und der Kragen – auch hier lassen sich die Bänder rasch aufziehen, zur Not auch zerschneiden. Der Retter solle, so die Bitte, die Scheme in die Kappe einschlagen und einer Vertrauensperson in die Hand drücken. "Während des Umzuges am besten einem der Ratsherren", schlug Säger vor. Der bringe sie in der Zehntscheuer in Sicherheit. Es sei nämlich leider schon vorgekommen, dass ein "Retter" das wertvolle Kleinod einfach mitgehen ließ.

Die Rettungskräfte ließen es sich hernach nicht nehmen, ihre Schnelligkeit beim Entkleiden eines Narros unter Beweis zu stellen – die meisten benötigten dafür weniger als eine Minute.

Mehrere Lagen Kleidung

Der Narro zieht sich – je nach Statur – mehrere Lagen Kleidung über. Nicht gegen die Winterkälte, sondern wegen der barocken Figur, die ihn würdig erscheinen lassen soll. Das kann bei einigen Plusgraden sowie dem einen oder anderen Schorle schon einmal zum Kreislaufproblem werden, wissen die erfahrenen Hästräger, die es auch unter den Rettungskräften gibt. So wie Klaus Kröper vom DRK-Ortsverein Villingen. Er appelliert zudem an die Vernunft.

Nur fit ins Häs gehen

Wer einen grippalen Infekt kommen spüre oder eine Erkrankung noch nicht ganz auskuriert habe, der solle Vernunft walten und das Häs – auch wenn es schwer fällt – in Truhe und Schrank lassen. Eine allgemeine körperliche Fitness sei ebenfalls jenen geraten, die den Ehrgeiz entwickeln, sich zwei Tage lang mit rund 20 Kilogramm schweren Rollenriemen in den Straßen aufzuhalten.

Und schließlich könne auch ein unsachgemäßes Ankleiden fatale Folgen haben, etwa, "wenn die Riemen gegen den Hals drücken", weiß Michael Bohrer. Notfälle der beschriebenen Art gebe es immer wieder, berichtete Michael Bohrer, dramatische wie Herzinfarkt und Schlaganfall gehörten glücklicherweise bisher nicht dazu.