Verhängte Fenster, heruntergelassene Rollläden und Plakate mit dem Hinweis, dass das Geschäft zu vermieten ist, bestimmen das Bild in der Schwenninger Innenstadt. Foto: Streck

Immer mehr Geschäfte stehen in Schwenningens Mitte leer. Handel und Stadt zum Umdenken aufgefordert.

Villingen-Schwenningen - Immer mehr Geschäfte in den Innenstädten stehen leer. Alleine in der Villinger Innenstadt in 1a-Lage sind es, wie berichtet, zehn. In Schwenningen ist die Lage noch prekärer.

Dringender Handlungsbedarf ist nach Ansicht des Gewerbeverbands Oberzentrum (GVO) geboten. Jürgen Müller, Vorsitzender des Ausschusses Handel im GVO, und Geschäftsführerin Simone Wari erhoffen sich durch die von der Stadt geplante Modernisierung der Schwenninger Fußgängerzone und der Umgestaltung des Marktplatzes samt Marktstraße einen neuen Schwung. Vertreter des GVO, darunter Jürgen Müller, haben an den ersten beiden Bürgerworkshops teilgenommen, die die Verwaltung anbietet, um mit Fachleuten und Bürgern eine Lösung zu finden. Kommentieren wolle er die Workshops allerdings nicht, meinte Müller. Wichtig ist den Händlern, dass keine Zeit mehr verloren geht. "Wir müssen dieses Jahr die Planung für die Fußgängerzone abgeschlossen haben. 2014 muss mit dem Bau begonnen werden", mahnt Müller zur Eile. Die Gestaltung des Marktplatzes sei dann 2015 dran. Der Wettbewerb sei zu groß, die Nachbarstädte "haben uns alle um Längen geschlagen."

Aber nicht nur die Verwaltung, auch der Handel müsse seine Hausaufgaben machen, so Müller. Er erlebe seit einigen Jahren eine Revolution. Discounter, Outlets, Märkte auf der grünen Wiese und zunehmend das Internet sind Herausforderungen, denen sich der Einzelhandel stellen müsse. Als Maxime gelten für Müller zwei "Zauberworte": ein hoher Dienstleistungsgrad, den der Handel bieten, und die Emotionen der Kunden, auf die er eingehen müsse. Die Ware selbst stehe nicht mehr im Mittelpunkt, sondern die Atmosphäre, in der sie angeboten wird. Deshalb ist für ihn auch das Umfeld entscheidend, eine attraktive und saubere Fußgängerzone mit Cafés und Restaurants, moderate oder am besten gar keine Parkgebühren. Zum Glück gebe es noch genügend Menschen, die gerne "shoppen gehen" und sich nicht nur aus dem Internet bedienen. "Die müssen wir hegen und pflegen." Dazu sei aber auch ein Entgegenkommen der Verwaltung notwendig. Müller nannte als Beispiel das Café mit Außenbewirtschaftung vor dem City-Rondell, das es nicht mehr gibt. Hohe Gebühren seitens der Stadt, andere Auflagen und dann noch hohe Investitionskosten, das verkraften viele Gastronomen und Händler nicht. Hohe Mieten seien in Schwenningen indes nicht das Problem, dafür seien viele Läden nicht mehr zeitgemäß ausgestattet. Viele Vermieter und auch Mieter scheuen eine Renovierung, weil sie nicht abschätzen können, wie lange sich das Geschäft lohnt.

In vielen Städten sind die kleinen Läden, die sich auf Tee, Kaffee oder Geschenkartikel konzentrieren, wieder auf dem Vormarsch. In Villingen ist diese Tendenz vor allem in der Gerberstraße spürbar, aber in Schwenningen fehlt laut Müller die Individualität. Wenn es gelingt, die 1a-Lage wieder gut zu füllen, dann sei es leicht, auch die 1b-Lage zu beleben. In Schwenningen stelle sich es aber so dar, dass in der 1c-Lage, in der Jakob-Kienzle-Straße zum Beispiel, die Läden schließen und Wohnungen daraus gemacht werden. "In der Alten Herdstraße sind die Leerstände gnadenlos". Für das s’Rössle, das architektonisch aufgewertet und wiederbelebt werden soll, sei es wichtig, dass eine Zugkraft einzieht, denn es seiner Meinung nach ist es gescheitert, weil die Individualität gefehlt hat. Simone Wari und Jürgen Müller hoffen, dass Schwenningen nicht weiter links liegen gelassen werde, sondern, dass Handel und Stadt gemeinsam die Zukunft gestalten.