Die Hitze hinterlässt ihre Spuren: braunes Laub in der Innenstadt. Foto: Huber

Rot verfärbtes Laub, überaktive Borkenkäfer und zudem geforderte Organisten. Gartenjahr ist wesentlich verkürzt.

Villingen-Schwenningen - Die einen schwärmen von kalifornischen Verhältnissen, die anderen sehnen sich nur noch Landregen herbei. Die Hitzewelle hinterlässt auch in VS ihre Spuren: Braunes Laub in der Innenstadt, stark geforderte Gärtner, verstimmte Orgeln und zu allem Übel krabbelt jetzt auch noch der Buchdrucker durch den Forst.

Es ist ein Sommer der anstrengenden Sorte für die Gartenbesitzer aus und in VS. "Die Wetterkapriolen haben uns schwer zugesetzt", sagen Ursula und Rolf Graitmann, die seit bereits 30 Jahren eine der 300-Quadratmeter-Parzellen in der Kleingartenanlage der Lorettofreunde in Villingen gepachtet haben. "Wir sind zuletzt natürlich nahezu täglich zum Gießen hierher gefahren. Das hat einen wirklich gebunden. Der eine oder andere Tagesausflug an den Bodensee hat sich dadurch erledigt", sagt der Villinger. Schon kurz vor der Hitzephase habe Starkregen vieles zunichte gemacht, als es halbe Gärten auf die Wege geschwemmt habe, ergänzt Ursula Graitmann.

"Den Kampf aufgegeben"

Bei einer vermeintlich eher unwichtigen Sache habe er zuletzt den Kampf gegen die Hitze aufgegeben, erzählt ihr Mann weiter. Beim Rasen. "Und der ist neben den Kartoffeln und dem Wein eigentlich eines seiner Streckenpferde", sagt Ursula Graitmann und lacht. Auch einige Obstsorten hätten die beiden nicht vor einem "Sonnenbrand" schützen können – einige Äpfel etwa seien ungenießbar.

"Überdurchschnittlich gut gingen dafür dieses Jahr viele Beerensorten, Trauben oder Steinobst. Die haben das Wetter gut überstanden", sieht Rolf Graitmann auch Positives. Die ersten Regengüsse der vergangenen Tage, schätzt er, würden bei Weitem nicht ausreichen, um dem Boden eine gewisse Grundfeuchte zurückzugeben. "Dazu muss es schon zwei, drei Tage lang richtig regnen."

Auffällig sei jedenfalls, wie sehr die Hitzeperiode einige Naturvorgänge beschleunigt habe: "Der Salat schießt ruckzuck, oder die Kartoffeln sind nun sechs Wochen früher als sonst schon fertig. Auch die Blumen haben ihre Kraft bereits verloren – da kann man jetzt gießen wie man will, sie gehen schon wieder zurück", erklärt das Ehepaar. Rolf Graitmann bringt es auf den Punkt: "Das Gartenjahr ist wesentlich verkürzt."

Gärtner sind im Dauerstress

Und nicht nur die Privat-, auch die Stadt-Gärtner sind im Dauerstress. "Gießen, gießen, gießen", laute seit Beginn der heißen Sommertage die Devise, so Oxana Brunner, Pressesprecherin der Stadt VS. Dabei gelte es auch, den Boden nicht zu trocken werden zu lassen, sodass das Wasser stets absickern und von der Erde aufgenommen werden kann.

Genaue Zahlen bezüglich des Wasserverbrauchs konnte Brunner im Gespräch mit unserer Zeitung am Mittwoch nicht nennen. Doch stehe fest: "Wir brauchen zwar mehr Wasser als sonst, weil dieses aber recht günstig ist, sind die Auswirkungen vernachlässigbar." Würden die einzelnen Kosten aufgerechnet, nehme der größere Einsatz von Personal und Fahrzeugen einen größeren Anteil ein, so Brunner. Aktuell seien fünf Fahrzeuge der Technischen Dienste im Einsatz, um Pflanzen, Bäume und Grünanlagen zu bewässern – das seien auch mehr als normalerweise.

Trotz des großen Einsatzes lasse sich aber nicht vermeiden, dass sich die Kronen der Bäume in der Innenstadt teilweise bereits verfärbt haben und so gar nicht in das sommerliche Bild passen. Dies, erklärt Oxana Brunner, sei ein Schutzmechanismus der Bäume, sollten sie nicht mehr alle Blätter versorgen können. "Denen fehlt es eben an Wasser", bringt es Roland Brauner, stellvertretender Leiter des städtischen Forstamtes, auf den Punkt. "Deshalb kommt es zu den rötlichen Verfärbungen."

Wie hat der Stadtwald auf die Dauerhitzeglocke reagiert? Brauner sieht die Lage zwar nicht als dramatisch an, aber ohne Folgen bleibe die lange Hitzewelle sicherlich nicht. "Glücklicherweise hatten wir ein feuchtes Frühjahr", so Brauner im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Der Forstwirt geht jedoch davon, aus, dass die Bäume langsamer wachsen als in normalen Jahren.

Borkenkäfer läuft zur Hochform auf

Auch die Menge an Festmetern, pro Jahr dürfen 55.000 Festmeter eingeschlagen werden, müsse möglicherweise nach unten korrigiert werden. Um wieviel? Dazu möchte Brauner nichts sagen: "Das wäre Kaffeesatzleserei."

Und noch etwas macht dem Wald zu schaffen: Der Hitze liebende Buchdrucker aus der Familie der Borkenkäfer läuft gerade zur Hochform auf. Um den Schädling auszubremsen, schwärmen Forstamtsmitarbeiter in den Wald, um nach Bohrmehl an den Stämmen und damit befallenen Bäumen Ausschau zu halten. "Diese Bäume werden dann sofort gefällt", erklärt Brauner. "Zum Glück haben wir gute Kunden, "die die Bäume selbst in der Ferienzeit nicht nur rasch herausholen, sondern auch abnehmen", fügt er hinzu.

Schiefe Töne

Bezirkskantor Christof Wünsch von der evangelischen Kirchengemeinde Schwenningen hat dagegen ein ganz anderes Problem als Stadtgärtner und Förster. Bei ungewöhnlich hohen Innentemperaturen von über 20 Grad Celsius in manchen Kirchen muss auch er tätig werden, damit ja keines der Register schief klingt.

Was eine Leserin des Schwarzwälder Boten bereits angedeutet hat, bestätigt Wünsch ausführlich: Der Orgel-Klang entstehe durch eine Luftsäule. Je wärmer die Luft sei, desto höher der Klang. Wer ein gutes Gehör habe, der könne, zumindest in Bezug auf die Labialpfeifen, eine Veränderung heraushören (gut zehn Hertz mehr): "Das ist etwa ein Viertelton." Bei den Zungenregistern dagegen muss Wünsch bei Hitzewellen nachregulieren. Normalerweise seien diese Register auf Werte von etwa 16 Grad Celsius Innentemperatur eingestellt. Steigen die Temperaturen auf Werte über 20 Grad, "können die schief klingen". Können, denn der Bezirkskantor weiß, was dann zu tun ist: Die einzelnen betroffenen Zungenregister nachstimmen.