Salzstraße 28 in Freiburg, hier sieht man sich – vermutlich – am 19. Februar wieder. Foto: Spitz

HPE will seine Hand erneut auf das Vermögen der Vorstände legen. Zweite Runde vor Gericht endet offen.

Villingen-Schwenningen - HPE gegen Christoph Hess und Peter Ziegler. Der Versuch des zweitgrößten Aktionärs, sich Vermögen der geschassten Vorstände sichern zu lassen, ging gestern vor dem Oberlandesgericht (OLG) in die zweite Runde – und endete offen. Beide Parteien sollen über eine außergerichtliche Lösung nachdenken. In erster Instanz beim Landgericht Konstanz war HPE am 17. Mai mit seinem Ansinnen, Vermögenswerte über 17 Millionen Euro durch Arrestierung sichern zu lassen, gescheitert. Das Unternehmen ging in Berufung, nun sah man sich in der Freiburger Außenstelle des (OLG) wieder. Schnell war klar: Die Fronten sind verhärtet. Kurz vor Verhandlungsbeginn bildeten sich auf dem Flur zwei Lager. Die Rechtsanwältinnen Antje Baumann und Birthe Stinner in Anwaltsroben und mit Firmenjustitiar von HPE einerseits. Und andererseits Christoph Hess in legerer Jeans und einem blau-weißen Karohemd sowie Peter Ziegler, mit mehreren Aktenordnern schwer bepackt, und ihren drei Anwälten im Schlepptau. Inklusive Prozessbeobachtern ein Ansturm, mit dem man bei der 13. Zivilkammer nicht gerechnet hatte. Saal 2 war zu klein, man zog in Saal 1 um – und dort ging es zur Sache.

Im Zentrum standen Entwicklungskosten, die in den beanstandeten Bilanzen mit rund fünf Millionen Euro zu Buche schlagen. Im Bericht des Insolvenzverwalters werden sie in Frage gestellt, da es außer Rechnungen keine Belege oder gar begleitenden Dokumentationen gebe. Für Ziegler aber lag auf der Hand: Dass das Unternehmen von konventioneller Lichttechnik auf LED umstellte, bedurfte eines außerordentlich hohen Entwicklungsaufwands, den man – auch auf Wunsch des Aktionärs HPE und dessen Geschäftsführers Tim van Delden – nun aktivieren wollte. Weil das Ziel eine Entwicklungsgesellschaft war, die Innovationen fernab firmeninterner Zwänge vorantreiben sollte, habe man dafür die Evros gegründet und ihr die Kosten in Rechnung gestellt. Die begleitenden Dokumentationen gebe es, so Ziegler, "nur durch Zufall" sei er darauf gestoßen. Nun legte er sie vor.

Christoph Hess war sich sicher, dass die Kosten angemessen seien, er habe sich in der Branche umgehört, wo er beste Kontakte hatte – "Ich war immerhin Präsident der Lichtindustrie in Deutschland!" Über die Rechtmäßigkeit des Vorgangs an sich habe er sich bei Beratern, Anwälten, Finanzvorstand Ziegler und dem Kaufmännischen Leiter der Hess AG erkundigt. "Wenn man alle fragt, und das so bestätigt wird, wo soll dann der Betrug sein?", warf ein um Fassung ringender Christoph Hess in den Raum.

Die HPE-Anwältin hatte an den überraschend aufgetauchten Dokumenten so ihre Zweifel und stellte in Frage, ob diese nun plötzlich ge- oder zwischenzeitlich erfunden worden seien – schließlich seien auch Rahmenverträge "im Juli 2013 erstellt und auf November 2011 zurückdatiert worden, sowas ist nicht zulässig".

Bemerkenswert waren Zitate aus E-Mail-Korrespondenzen der Vorstände untereinander. "Uns fehlen zwölf Millionen, ich habe auch keine Idee, wie wir das lösen", soll es da beispielsweise geheißen haben. "Das sieht alles so aus, als sei 2012 ziemlich Feuer unterm Dach gewesen", meinte der Richter. Hess räumte das ein, 2012 sei "ein hartes Jahr" gewesen – aber das lasse, so einer der Anwälte, keine Rückschlüsse auf Manipulationen zu.

Entwicklungskosten hin oder her, dies sei ohnehin nur ein Teil dessen, was Hess und Ziegler vorgeworfen werde, so die HPE-Anwältin. Staatsanwaltschaft, und Landeskriminalamt ermittelten sehr sorgfältig und seien in Zwischenberichten zu Ergebnissen gekommen, die die Vorwürfe untermauerten. Die Einlassungen von Christoph Hess, er werde nicht angehört, seien schlichtweg falsch, im Gegenteil: Erst am Dienstag habe es einen Termin beim Insolvenzgericht gegeben – Hess habe als "krank" gefehlt.

"Sie kämpfen beide ganz heftig", meinte Richter Rainer Jagmann. Nun aber sollten Hess und Ziegler darüber nachdenken, was sie als Sicherheit anbieten könnten, um ein Urteil zu umgehen. Ziegler erwähnte zwar, dass er dazu wirtschaftlich nicht in der Lage sei, auch Hess machte auf seine missliche Lage durch ein Jahr ohne Einkommen deutlich, trotzdem empfahl Jagmann eine außergerichtliche Einigung. Andernfalls sieht man sich am 19. Februar wieder – vermutlich zur Urteilsverkündung, ehe man in einem möglichen Hauptsacheverfahren, das sich um die Schadensersatzklage von HPE drehen soll, weiterstreiten könnte.