Schätzt die Auseinandersetzung mit der Geschichte und den Kontakt zu den Menschen: der Stadtführer Henry Greif.Fotos: WTVS Foto: Schwarzwälder Bote

Tourismus: Neue Stadtführung in Planung / Ehemaliger Konrektor spielt gern auf ältester Bühne der Welt

Stadtführungen geben Besuchern der historischen Stadt Villingen-Schwenningen im Schwarzwald die Möglichkeit, Stadt und Leute kennenzulernen. Der langjährige Stadtführer Henry Greif erzählt von seiner Tätigkeit.

Villingen-Schwenningen. Eine gute Möglichkeit, seine Heimatstadt besser kennenzulernen, bieten Stadtführungen. In der Doppelstadt Villingen-Schwenningen bietet diese die Wirtschaft- und Tourismus Villingen-Schwenningen GmbH (WTVS) an.

Auf Anfrage des Schwarzwälder Boten, wie eine Stadtführung eigentlich entsteht, erklärt die WTVS, dass den Anfang immer eine Idee aus dem Team macht: "Manch einer sieht etwas im Urlaub, liest etwas darüber oder hat einen spontanen Einfall". Diese Idee werde dann überarbeitet, um zu sehen, ob sie etwas "hergibt". Der nächste Schritt sei die Recherche über das Thema. Es gehe auf die Suche im Stadtarchiv und in der Bibliothek, oder Zeitzeugen werden befragt. Dann heiße es, einzelne Stationen und die Wegführung zu entwickeln, die eine Stadtführung von 90 Minuten füllen soll. Getestet wird die Führung dann bei Bekannten oder Kollegen. Wenn sie schlussendlich auch noch die WTVS überzeugt, wird sie in das Stadtführungsprogramm aufgenommen und auf die Homepage geladen, auf der sich Interessierte über die neue Führung informieren können.

Aktuell gibt es laut Angaben des WTVS 53 verschiedene Stadtführungen, allein sieben für Kinder, Jugendliche oder Schulklassen. Touristen können beispielsweise an der "Rosenführung", der Führung "Altes Schwenningen" oder "Lepra, Pest und Cholera" teilnehmen. Durchschnittlich seien es 14 Personen pro Stadtführung, im Jahr 2019 waren es 7260 Teilnehmer bei 525 Stadtführungen.

Als besonders beliebte Stadtführung stellt sich die "Villingen damals und heute" heraus, heißt es seitens der WTVS. Bei Reise- und Busgruppen oder auch bei Geburtstags- und Hochzeitsgesellschaften komme diese Führung am Besten an. Es handele sich um eine klassische Stadtführung mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Villingens. Sie biete einen guten Überblick über die Stadt und könne auch mit Tracht gebucht werden. "Ebenfalls gerne werden Führungen in Kostüm mit schauspielerischen Elementen gewählt", so die Wirtschaft- und Tourismus Villingen-Schwenningen GmbH. Die beliebte Führung "Villingen damals und heute" wird jeden Samstag ab 14 Uhr und mittwochs ab 17 Uhr angeboten. Auch in Schwenningen gibt es die Führung "Schwenningen damals und heute" jeden ersten Samstag im Monat.

Aktuelle erarbeite die WTVS mit ihren Stadtführern schon eine neue Führung, die sich mit Türmen und Toren in Villingen-Schwenningen befasse. Das Team der Stadtführer in VS bestehe aktuell aus 64 Mitarbeitern und bringe jahrelange Erfahrungen sowie "auf jede Frage eine Antwort" mit, so die WTVS. Im vergangenen Jahr habe es sogar eine Stadtführerausbildung der Volkshochschule Villingen-Schwenningen gegeben, an der 20 Männer und Frauen erfolgreich teilgenommen haben. Für Touristen aus anderen Ländern wird ein breiter Umfang an Fremdsprachen angeboten. Führungen können beispielsweise in Deutsch, Englisch, Spanisch, Chinesisch oder Italienisch gebucht werden.

Heinrich Greif, in Villingen besser bekannt als Henry Greif, beschreibt seine Tätigkeit als Stadtführer als eine tolle Möglichkeit, Information und Unterhaltung zu kombinieren. Bei dieser Arbeit gehe sein Herz auf.

Beim Jubiläumsfest zum 1000-jährigen Bestehen der Stadt Villingen im Jahr 1999 kam er zum ersten Mal in Kontakt mit der Arbeit als Stadtführer. "Es war eine erste Begegnung mit Geschichte", erzählt der gebürtige Bad Rotenfelser. Zum damaligen Jubiläum habe er ein Spiel mit den Figuren des Mönchs Berthold Schwarz, dem Glöckner Hans Wurst vom Münster und dem Wirt Johannes Lambertus Pfäffel entwickelt. Unterstützt wurde Henry Greif von Klaus Richter und Gunther Schwarz. Das barocke Spiel mit musikalischer Untermalung sei ein Klassiker der gespielten Stadtführungen.

"Es ist toll, etwas zu lernen" erzählt Henry Greif über die Vorteile seiner Arbeit. Wichtig sei ihm, sich erst Wissen anzueignen, bevor er etwas erzähle, schließlich wolle man den Leuten ja nichts vormachen. Ihm gefalle es, eine andere Rolle annehmen zu können und diese dann auf der "ältesten Bühne der Welt – der Straße" aufleben zu lassen, stellt Greif fest.

Auf die Frage nach Herausforderungen auf dem Gebiet, deutet er auf die stetige Programmerweiterung hin. Man müsse sich immer wieder mit neuen Themen auseinandersetzen und sich bei den vielen Fragen der Touristen erstmal wieder sortieren. "Manche fragen mich ein Loch in den Bauch", erzählt er lachend. Als Vertretung eines anderen Stadtführers sei es manchmal schwer, sich in ein unbekannteres Thema einzuarbeiten. Auf die Bedürfnisse älterer oder beeinträchtigter Besucher müsse man eingehen, Strecken kürzen oder verlängern sowie andere Wege wählen, da sei einfach mehr Planung von Nöten, endet Greif

Langweile kenne er in seinem Beruf keine, da er immer wieder in Kontakt mit unterschiedlichen Personen komme. Die Stimmung jeder Führung sei anders. Eine persönliche Lieblingsstadtführung hat der ehemalige Konrektor der Bickebergschule zwar nicht, er würde aber jedem eine "mittelalterliche Grundorientierung" empfehlen, um sich über die Gebäude, die in Villingen zu sehen sind, zu informieren und deren Bedeutung zu hinterfragen.

Auf die Frage, warum gerade junge Leute oder vielleicht auch Bewohner Villingens eine Stadtführung machen sollten, nennt er zwei Begriffe: Ehrfurcht und Stolz.

Bei genauerer Betrachtung der eigenen Stadt entwickle man Ehrfurcht gegenüber denen, die etwas in dieser Stadt geleistet haben, betont Greif. Alles werde mehr wertgeschätzt und er hoffe, dass durch das Kennenlernen der eigenen Stadt der Wunsch entsteht, sich besser um diese zu kümmern. Beim Begriff Stolz, sei es wichtig, diesen als positiven Stolz zu sehen, betont Greif. Junge Leute sollten wissen, wo sie sich bewegen, was ihre Heimat ist und die Kultur der Stadt kennenlernen. Henry Greif hofft darauf, dass Jugendliche sehen, dass es sich lohnt, langfristig in Villingen zu bleiben.