Ein Aufreger-Thema im Gemeinderat: Heizpilze. Foto: Rumpenhorst

Wirte dürfen Außenterrassen beheizen. Schwere Entscheidung für Stadt im Klimanotstand.

Villingen-Schwenningen - Die doppelstädtischen Wirte dürfen im Corona-Herbst und -Winter zeitlich befristet Heizpilze aufstellen, um länger draußen bewirten zu können. Doch bevor der Gemeinderat Villingen-Schwenningen dafür grünes Licht gegeben hat, sah mancher Stadtrat rot.

Allen anderen voran die Grünen-Kommunalpolitikerin Ulrike Salat. Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen: "Uns macht das ein bisschen sprachlos", ja, räumte sie ein, "wir sind in der Coronakrise – aber wir haben auch eine Klimakrise". Man möge doch, bitteschön, andere Möglichkeiten suchen, um den krisengebeutelten Gastronomen zu helfen.

Betriebsschließungen verhindern

Hatte CDU-Fraktionssprecher Klaus Martin eingangs betont, den entsprechenden Antrag der FDP schon alleine deshalb unterstützen zu wollen, weil die Wirte im Coronajahr 2020 ein hartes Los haben, ging FDP-Stadtrat Marcel Klinge noch weiter: "In welcher Stadt wollen wir eigentlich leben? In einer, in der nichts mehr läuft und wo es keine Gastronomie mehr gibt?" Fachleute der Gastro-Branche hätten ihm bestätigt: "Jede Woche, die wir der Außenwoche ermöglichen können, ist eine Woche", die mögliche Betriebsschließungen verhindern könne.

Die Not der Gastronomen sah zwar auch SPD-Sprecher Edgar Schurr, allerdings wogen für ihn die klimaschädlichen Einflüsse der Heizstrahler weitaus schwerer – das Genehmigen der Heizpilze sei "reiner Aktionismus", und das in einer Stadt, die unlängst den Klimanotstand ausgerufen habe. Der Nutzen stehe in keinem Verhältnis zum Umweltschaden einer Technik, die anmute, als entstamme sie der Steinzeit. Auch ein Vertreter der Familie Schurr, allerdings der Nachwuchs mit Vornamen Nicola, brach hingegen in seinem Statement eine Lanze für die Heizpilze und betonte, auch wenn er dafür "von der eigenen Fraktion oder von den Grünen eine auf den Deckel" bekomme, er könne mit der Genehmigung der Heizpilze mitgehen – das tat er am Ende aber nur mit einer Enthaltung, nicht mit einer Zustimmung zum Antrag der FDP.

Verbot bis Ende Oktober 2021 ausgesetzt

Martin Rothweiler (AfD) warf Rot-Grün im Gemeinderat der Doppelstadt eine Doppelmoral vor und heizte die ohnehin schon aufgeladene Debatte zusätzlich an, in dem er SPD und Grünen vorwarf, scheinheilig für den Klimaschutz zu argumentieren, während eigene Funktionäre aus der Region mit Motorbooten über den Bodensee brausten oder ein Ferienhaus in den Vogesen vorhielten. Die Heizpilze seien keineswegs so schlimm wie befürchtet – "die werden nicht 24 Stunden am Stück feuern, es wird keine große Hitze ausbrechen", fand er.

"Geht es um die Parteipolitik oder um die Menschen und Unternehmen in der Stadt, die eventuell auch Sie gewählt haben?", stellte der Vertreter des Jugendgemeinderates eine kritische Frage in den Raum. Für ihn stand außer Frage: Heizpilze könnten helfen, dass beim einen oder anderen geplagten Wirt in Villingen-Schwenningen am Ende dieses Corona-Jahres der Ofen nicht aus ist.

Das Gros des Gremiums sah das offenbar genauso – bei 22 Ja-Stimmen, zehn Nein-Stimmen und drei Enthaltungen wurde am Mittwochabend beschlossen, das einst beschlossene Verbot der Heizpilze in der Außengastronomie bis Ende Oktober 2021 zeitlich befristet auszusetzen.