Marie-Luise Birkenberger ist eine Marmeladenköchin aus Passion. Fotos: Spitz Foto: Schwarzwälder-Bote

Birkenberger’s: Immer wieder donnerstags sperrt die Südstädterin ihr Marmeladenzimmerchen auf

Von Cornelia Spitz

Manchmal ist Heimat ganz groß. Und manchmal passt sie eben auch ins Glas hinein. So wie bei Marie-Luise Birkenberger. Immer wieder donnerstags tut sich bei ihr zu Hause das Marmeladenzimmerchen auf.

VS-Villingen. Hier steckt die Liebe im Detail. In einem alten Küchenbüffet sind Marmeladengläser und mit Salzen oder Zucker-Mischungen gefüllte Reagenzgläser liebevoll arrangiert. Gegenüber stehen Weck-Gläser in Reih’ und Glied, fein-säuberlich beschriftet. "Himbeere", "Birnentraum", "Quitte" oder "Hugo" ist auf den Etiketten von "birkenberger’s" zu lesen. Ein Regal randvoll mit Gläsern. Trotzdem hat Marie-Luise Birkenberger Mut zur Lücke: "Es muss nicht immer alles gegenwärtig sein", findet sie. Wenn die Erdbeer-Marmelade "alle" ist, dann ist sie es eben. Früchte aus fernen Ländern über den großen Teich in ihre Marmeladen-Küche geflogen, so etwas kommt der gebürtigen Frankfurterin nicht ins Glas.

Heimische Zutaten und kurze Wege sind ihr Ding: Die blaue Traube vom Walkebuck in der Südstadt, Erdbeeren von heimischen Feldern, Quitten und Himbeeren aus der Nachbarschaft, doppelstädtische Holunderblüten oder Heidelbeeren, in heimischen Wäldern gesammelt. "Das ist ein mühsames Geschäft", gibt die Villingerin mit Blick auf die Heidelbeeren zu. Doch spätestens, wenn positive Rückmeldungen der Kunden nach dem ersten Versucherle im Marmeladenzimmer in der Südstadt den Kauf besiegeln, war es die Mühe wert. Am Küchentisch im Eigenheim in der Villinger Herdstraße darf nämlich immer donnerstags probiert werden. Sie reicht den Besuchern ein Stück Baguette, kocht Kaffee, legt eine ganze Menge Löffel auf den Tisch und öffnet verschiedene Gläser. Es riecht fruchtig, beerig. Und nach Kaffee. Letzteres aber nicht nur, weil sie eine große Tasse davon für den Besucher auf den Tisch stellt, sondern auch wegen des Espressoaufstrichs, der dort steht. "Den Espresso dafür hole ich immer beim Kaffeemacher in der Gerberstraße", erzählt sie, während sie ein Stück österreichischen Bergkäse abschneidet, der so toll mit dem Lavendel-Gelee harmonieren soll. Tatsächlich: ungewohnt, anders, aber gut.

Birkenbergers schärfste Kritiker sitzen in der Familie. "Bevor eine neue Sorte in den Verkauf geht, wird sie in der Familie probiert und abgesegnet – oder auch nicht", erzählt die Küchenfee und gesteht: Es habe auch schon einmal das eine oder andere Geschmacksexperiment gegeben, das nach dem Probieren für immer begraben wurde. "Ein No-Go ist beispielsweise Banane-Kiwi", sagt sie und lacht, "oder Kiba! Kennen Sie das – Kirsche-Banane?" Klar, Kiba, oder Baki wie es in anderen Regionen genannt wird, war das pappsüße Saftmischgetränk der frühen Jugend.

Ganz einfach "fruchtig" kommt hingegen Birkenbergers aktueller Liebling im Verkaufsregal daher: "Vitaminzauber" heißt der Blickfänger in knall-orange mit Orange, Apfel, Grapefruit und Karotte. Und während sie so über ihre immer mal wieder wechselnden Favoriten unter den 40 Sorten ins Schwärmen gerät, gibt die Marmeladenköchin manches Küchengeheimnis preis: vom Holunderblütengelee, mit dem sie Salatsoße aufpeppt bis hin zum Schuss Rosenblütensirup in der dampfenden Tasse Schwarztee.

Bald beginnt sie wieder, die heiße Produktionsphase. Dann mietet die Unternehmerin eine der beiden Küchen, in welchen sie so gerne fleißig kocht und rührt, und verarbeitet jeden Produktionstag eine andere Fruchtsorte. 100 bis 150 Gläser pro Sorte sind das Ergebnis, randvoll mit den verschiedensten Genüssen. Und jeder Löffel davon ist auch ein Löffel voller Heimat. Ins Glas verpackt, wandern sie in die Verkaufsregale in der Buchhaltestelle in der Villinger Brunnenstraße 10 oder eben ins Marmeladenzimmerchen in der Herdstraße 36, das sich immer donnerstagnachmittags auftut.