Umzug der Zuggesellschaft durch Villingen. TV-Kameras machen Städtli jetzt weltbekannt.
Villingen-Schwenningen - Der erste Tusch, das erste Rollengeschüttel, die ersten weißen Kragen und Tausende von Zuschauern bekamen am Dienstag Gänsehaut. Kalte Füße, nasse Klamotten: Was soll’s? Eine bestens gestimmte tausendköpfige Zuschauermenge schunkelte zum grandiosen Fastnacht-Finale gegen das Sauwetter.
Anders als sonst beim großen Umzug der Zuggesellschaft warteten die Schaulustigen dieses Mal nicht in Doppel-Reihen lange vor dem Start darauf, dass das Jugendblasorchester der Stadt-und Bürgerwehrmusik den dreistündigen Zug eröffnete. Voll wurde es, als die ersten Takte des Villinger Narromarsches erklangen und es den Zuschauern eiskalt über den Rücken lief: "Ich komm eigentlich nur wegen der Narros", schwärmte ein Urvillinger und blickte begeistert zu der schier endlosen Folge an Narros, Alt-Villingerinnen nebst Gefolge.
Selbst Rottweiler gehen fremd
Doch nicht nur Einheimische lassen sich vom Fasnets-Fieber anstecken, auch auswärtige Besucher zieht es magnetisch in die Zähringerstadt. Selbst Rottweiler gehen "fremd", weil "ich den Villinger Umzug lieber mag". Kleiner Trost für die Nachbarn: die Dame ist eine Reingeschmeckte. Deshalb machte ihr auch das lausige Wetter nichts aus: "Ich komme aus Hamburg."
Wie viele andere hat es sich auch bei ihr und den Kindern herumgesprochen, dass in Villingen Geiz verpönt ist. Die Zünfte teilten aus, schmissen wie die Weltmeister Malzer und Schokolädle aus ihren Körben und Brezeln von den Wägen. "Wir haben sogar einen Rucksack dabei", erklärt ein kleines Mädchen stolz. Immer wieder schielten die Zuschauer nach oben, ob es wohl noch was werde mit den Auflockerungen heute? Doch es wurde nichts.
Die meisten hielten es jedoch wie ein Glonki: "Es könnte noch schlimmer sein." Zu Späßen aufgelegt waren viele, die die Straßen säumten: "Kann ich bei Ihnen eine Bestellung aufgeben, Bier und Wurstsalat": Die Reaktion auf den Anblick einer Schwarzwälder Bote-Redakteurin, die gerade Notizen machte.
Mieses Wetter lässt nicht nach
Am Oberen Ende der Stadt warfen mehrere Scheinwerfer ein gleißendes Licht auf die Straße. Könnte gut sein, dass Villingen jetzt tatsächlich weltbekannt wird. Nicht nur in der Fantasie der Fasnetsbegeisterten. Ein Team des Südwestrundfunks reiste in die badische Narren-Hochburg an. Sonja Faber-Schrecklein, Werner Mezger und Peter Kerber moderierten den Umzug. Das Trio und ihre Mitarbeiter dürften sicherlich nicht enttäuscht gewesen sein.
Das miese Wetter ließ zwar nicht nach. Dafür erlebten sie und ’zig Tausende von Zuschauern Fastnacht vom Feinsten. Stolze Narros mit Gefolge defilierten an der jubelnden Menge vorbei, Stachis gierten nach Käpple, die ihre Besitzer krampfhaft festhielten. Manches kleine Maschgerle zeigte schon erste Ermüdungserscheinungen und gähnte herzhaft in die Kamera. Der wurstbewehrte Butzesel trieb seinen Schabernack, bevor die "Schönste", die Wuescht, den Abschluss des Narrozunftzuges bildeten.
Zum Glück war noch lange nicht Schluss, erlebte das Publikum das Defilé der Katzenmusik, mit Katern und Miezen in allen Größenordnungen.
Auf ihrem Themenwagen rechneten die Kamuvis mit Oberbürgermeister Jürgen Roth ab: Tja, zum König von Deutschland hat es zwar nicht gereicht, dafür zum "König der Straßen" in VS. Lautstark und sehenswert dann die Glonk-Gilde.
Zahllose Hästräger verschiedener Zünfte, Hexen, Clowns, dazu viele Musikgruppen aus VS und Umgebung und gruselige Gestalten machten den Dienstags-Umzug erneut zu einem Spitzen-Finale, mit dem Zunftmeister Anselm Säger insgesamt mehr als zufrieden war. "Es war eine richtig klasse Saison", trotz des verregneten Dienstags. Und auch die Polizei war zufrieden, weil "alles so schön ruhig war". Zumindest Stand Spätnachmittag.