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Fluglärmstreit / Wolfgang Schneiderhan soll vermitteln

Die Auseinandersetzung um An- und Abflüge vom Schweizer Flughafen in Zürich währt schon seit dem Jahr 2000. Jetzt soll der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, vermitteln.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Seit dieser Zeit, als Schweizer Flugzeuge über Hüfingen, Bräunlingen, Donaueschingen und vor allem Blumberg kreisten und den sogenannten Warteraum Rilax nutzten, gibt es Zoff mit dem Flughafen im Nachbarland. Bürger Südbadens beschwerten sich über den Fluglärm in einer Region, die auch vom Tourismus lebt. Damalige Minister erließen einseitige Verfügungen, die die An- und Abflüge über deutschen Gebiet regeln sollten. Die Bürgerinitiative gegen den Fluglärm im Schwarzwald-Baar-Kreis machte mit ihrem Sprecher Edwin Fluck viel Druck.

"Es gibt immer wieder Bestrebungen, die wir abwehren"

"Seit vielen Jahren sind die Anflüge auf den Flughafen Zürich ein Ärgernis für die südbadische Bevölkerung im Schwerpunkt in den drei Landkreisen Waldshut, Konstanz und bei uns im Schwarzwald-Baar-Kreis", erinnert sich Landrat Sven Hinterseh: "In all den Jahren der Auseinandersetzung ging es eigentlich immer nur darum, dass wir irgendwelche Dinge aus der Schweiz abwehren und wir unsere Interessen, oft auch vor Gerichten, durchsetzen mussten. Bei den letzten Staatsvertragsverhandlungen im Jahr 2012 gab es zu Beginn durchaus auch konstruktive Ansätze, um diese schwierige Thematik zu lösen. Leider sind die Verhandlungen gegen Ende dann einseitig zu Gunsten der Schweiz ausgefallen, da die damalige deutsche Verhandlungsführung unsere Interessen aus der Region nicht entschieden genug durchsetzen wollte. Die politische Dynamik, die danach entstanden ist, konnte die Ratifizierung des Verhandlungsergebnisses im Deutschen Bundestag glücklicherweise verhindern. Das ist nun die Situation, vor der wir stehen und es gibt jetzt immer wieder einseitige Bestrebungen der Schweiz, Veränderungen zu Gunsten der Schweiz durchzusetzen, die wir immer wieder versuchen, abzuwehren". Soweit Sven Hinterseh.

Die Schweiz zog mit einer Diskriminierungsklage vor den Europäischen Gerichtshof. Und unterlag. Nachdem der legendäre deutsch-schweizerische Staatsvertrag, in dem die Schweizer sich Vorteile sichern wollten, im Bundestag nicht ratifiziert wurde, unternahm die Schweiz 2014 einen neuen Versuch, die Dinge mit einem Antrag auf Änderung des Betriebsreglements beim deutschen Bundesamt für Flugsicherung zu regeln. Das deutsche Amt hat unterdessen bereits eine Beurteilung zum sogenannten "Ostkonzept" abgegeben, die wie Sprecherin Kerstin Weber auf Anfrage erklärt "noch nicht öffentlich" sei und beim Bundesverkehrsminister liege.

"In dieser Phase des Verhandelns darf nicht entschieden werden"

Letzteres ist schon seit zwei, drei Jahren so. Es sickerte aber schon im Vorfeld durch, dass das Amt empfohlen hat, grünes Licht für das Ansinnen der Schweiz zu geben.

"Deswegen haben wir das ja auch angehalten", erklärt der CDU-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Unionsvorsitzende Thorsten Frei, der auch CDU-Kreisvorsitzender ist. "In dieser Phase, wo noch verhandelt wird, darf es keine Grundsatzentscheidung geben", betont der Donaueschinger.

Die Landkreise Schwarzwald-Baar, Konstanz, Waldshut und das Land Baden-Württemberg gaben bei einem renommierten Institut für Luftfahrt ein Gutachten in Auftrag. Dessen Ergebnis: Die Schweiz könnte Sicherheitsfragen in der Luft auch so regeln, dass sie nicht deutsches Gebiet in Anspruch nehmen müsste.

Die Einschaltung des Mediators Wolfgang Schneiderhan wird von Landrat Hinterseh unterdessen begrüßt- Das neue Verfahren sei "ein vielleicht Erfolg versprechender Ansatz", so Hinterseh: "Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer verdient hierfür aus meiner Sicht Anerkennung und Unterstützung. Wir haben in der Region in der jüngeren Vergangenheit in der Tat immer wieder formuliert, dass man neue Gespräche unter Beteiligung eines Vermittlers führen sollte, um auszuloten, ob es nicht doch einen Weg der Verständigung geben könnte", so Hinterseh.

"Wolfgang Schneiderhan ist ohne jeden Zweifel eine sehr respektable Persönlichkeit und ich bin dankbar, dass er bereit ist – falls die Schweiz in ein solches Verfahren eintreten möchte –, eine solche Vermittlerrolle zu übernehmen. Die Aufgabe ist sicher nicht einfach, aber meines Erachtens sollte ein solcher Versuch unternommen werden", bekräftigte Hinterseh. Wünschenswert sei, so der Landrat, "statt jahrelangen Kontroversen die Fluglärmproblematik mit ihren unterschiedlichen Interessen möglichst im Einvernehmen zu lösen". Die An- und Abflüge, so fordert Hinterseh, müssten fair verteilt werden und nicht so, dass immer noch rund 80 Prozent der Anflüge auf den Flughafen Zürich über deutsches Gebiet geführt werden.

Mindestens seit Wirken der grün-schwarzen Regierung ist die sogenannte "Stuttgarter Erklärung" hinter der das Land steht und die die Interessen Südbadens schützen will, die Richtschnur für Verhandlungen mit der Schweiz.

"Wichtig ist es vor allem, Gesprächen Raum und Zeit zu lassen"

Was ist inzwischen passiert? Offenbar haben Gespräche stattgefunden. Das geht aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums zu diesem Thema hervor: "Der Mediator hat seine Aufgabe mit einer Reihe von vorbereitenden Gesprächen begonnen". Mehr, so das Ministerium, könne man momentan nicht sagen.

Der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei setzt sich für die Interessen Südbadens ein. Man stehe natürlich noch ganz am Anfang des Prozesses, so Frei: "General Wolfgang Schneiderhan nutzt die Zeit, sich in die komplizierte Materie und die lange Historie des Streits um die Belastungen durch den Flughafen Zürich einzuarbeiten" Erste Gespräche mit den Landräten auf kommunaler Ebene und auch dem Land seien bereits geführt worden. Gleichzeitig habe er der Bürgerinitiative im Schwarzwald-Baar-Kreis angeboten, auch für diese ein solches Gespräch zu ermöglichen. "Entscheidend ist aber das Gespräch mit der Schweizer Seite. Dieser Prozess ist nun im Gange. Wichtig ist aus meiner Sicht dabei vor allem, diesen Gesprächen Raum und Zeit zu lassen, eine für beide Seiten dauerhaft befriedigende Lösung zu entwickeln. Klar ist für mich, dass der Staatsvertragsentwurf aus dem Jahr 2012 dafür keine Gesprächsgrundlage sein kann."