Supermärkte finden Wege, um Lebensmittel nicht wegschmeißen zu müssen. Vergünstigte Produkte finden immer Abnehmer.
Villingen-Schwenningen - Die Banane mit der braunen Schale, die Tomate mit den Dellen, das ein Tag alte Brot: Wohin mit all dem Überfluss an Lebensmitteln, wenn es dem Anspruch vieler Kunden nicht mehr genügt? In dieser Frage haben einige Geschäfte für sich eine Antwort gefunden, "weil wir Essen nicht in den Eimer werfen möchten".
Eine Zahl, die nachdenklich macht: Rund 85 Kilo Lebensmittel wirft jeder einzelne Deutsche im Schnitt in die Tonne. Und wie sieht es in den Lebensmittelgeschäften im Oberzentrum aus? Lassen sich tonnenschwerer Abfall aus Milchprodukten, Obst oder Gemüse und Brot vermeiden? Wenn ja, wie erreichen dies die Inhaber diverser Supermärkte, die kleineren wie die größeren Anbieter?
Tu Gutes und rede ja nicht drüber: Das ist die Devise der Inhaberin eines großen Lebensmittelmarktes in der Region. Wie die anderen noch folgenden Gesprächspartner des Schwarzwälder Boten hat auch sie "so gut wie nichts für die Tonne". Wie schafft sie das mit einem ihrem Markt angemessenen großen Sortiment verderblicher Nahrungsmittel?
Rechtzeitig reagieren
Die Geschäftsinhaberin packt alles Verderbliche, zum Beispiel Molkereiprodukte, noch vor dem Verfallsdatum zusammen, oder "bevor es nicht mehr so prickelnd aussieht" , legt die Waren auf einen separaten Tisch aus und zeichnet diese günstiger aus. "Diese Angebote finden immer Abnehmer", beobachtet sie. Wichtig sei es, schnell zu reagieren, "das ist unsere Philosophie." Große Resonanz also, "obwohl viele Kunden immer anspruchsvoller und 100 Prozent perfekte Ware haben möchten". Viele, jedoch keineswegs alle. Da gebe es auch einen Kreis von Kunden, "die nicht viel Geld haben und dankbar für solche vergünstigte Waren sind".
Doch es sind auch andere, die dankbar sind für reduzierte Lebensmittel, beispielsweise den Schokoladen-Osterhasen, den Tage später kaum noch jemand haben will. Regelmäßig schauen Ehrenamtliche Helfer vorbei und holen Waren ab, die sie dann Flüchtlingsfamilien vorbei bringen. "Und diese freuen sich so sehr darüber", berichtet die Inhaberin. Was an "Grünzeug" übrig bleibt, ist noch lange nicht reif für die Biotonne. "Da haben wir Abnehmer, die das ihren Pferden verfüttern."
Anna Maria Conti (Conti Lebensmittelmarkt in Villingen) verneint prompt. "Abfall? Das haben wir so gut wie keinen." Und schon erklärt die Inhaberin warum: Zum einen liege auch bei ihr reduzierte Ware in getrennten Tischen gleich am Eingang aus, "die man noch gut verzehren kann". Zum anderen kennt auch sie "einige Familien, die nicht viel haben, denen schenken wir dann die Lebensmittel, ohne viel Tamm Tamm", erzählt sie.
Leben im Überfluss
Das wenige, was dann noch übrig bleibe, das "nehmen wir für den Eigenverbrauch". Anna Maria sagt auch, was sie zu diesem fast geschlossenen Kreislauf antreibt: "Ich kann nichts weg werfen. Viele sterben vor Hunger und wir leben hier im Überfluss." Doch auch die kleineren Lebensmittelgeschäfte haben ihre Müllvermeidungsstrategien. In der Villinger Kutmühle beispielsweise wandern Brot oder Brötchen entweder zum halben Preis über die Theke, oder "wir geben es an die Tafel". Im Tafelladen-Verteiler ist auch der Cap-Markt in Villingen, der täglich Obst und Gemüse zur Abholung bereit stellt. Und dies seit Beginn. Vor sieben Jahren.
Bio-Brot fürs Pferd
Olaf Schrempp vom gleichnamigen Reformhaus bietet sein Brot vom Vortag zum halben Preis an: "Es gibt genug Kunden, die das gerne in Anspruch nehmen." Auch überreifes Obst finde noch seine Abnehmer, "für Smoothies oder Shakes". Der Preis, meint der Inhaber mit einem Augenzwinkern, sei dann Verhandlungssache. Bio-Brot, das kein Kunde mehr mag, wandert nicht in die Tonne, sondern geht an einen Bio-Hof. "Denn die Tiere dürfen nur biologisch angebautes Futter vorgesetzt bekommen." Abfall? "Gegen Null." Und wie sieht es bei dem "Geschäft" aus, das von vielen Discountern täglich Lieferung bekommt und zu den Öffnungszeiten rund knapp 60 Bezugskartenbesitzer zählt, im Schnitt? "Sehr wenig", so die Bilanz von Helgina Zimmermann, Leiterin der doppelstädtischen Tafelläden. Und der wenige Rest, der nicht mehr über die Ladentheke gehen kann? "Den bekommen Vereine mit Tierhaltung."
Was sagen die Lebensmittelkontrolleure zu den Ansätzen, Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) abgelaufen ist, vergünstigt anzubieten? "Grundsätzlich ist dies möglich", reagiert Heike Frank von der Pressestelle des Landratsamtes, zu dem die Lebensmittel kontrolle gehört, auf die Anfrage unserer Zeitung. "Allerdings sollte dann der Supermarkt darauf hinweisen, dass das MHD abgelaufen ist." Dieses Datum weise darauf hin, dass bis zu dem genannten Datum die Qualität garantiert werde.
Geflügel kein Thema
Nach Ablauf des MHD stehe der Hersteller des Lebensmittels nicht mehr in der Verantwortung der Garantie, sondern der Anbieter. Das heißt, der Supermarkt müsse regelmäßig überprüfen, ob die Ware noch in Ordnung sei. Ausnahme: Lebensmittel mit der Angabe zu verbrauchen bis zum Tag X, wie zum Beispiel bei Hackfleisch oder Geflügel, müssen entsorgt werden.