Viele Geschäfte warten in der Innenstadt auf einen neuen Mieter. Foto: Johannes Volz Foto: Schwarzwälder Bote

Innenstadt: Stadt und Handel suchen Lösungen für verwaiste Geschäfte / Bald wieder ein Wolle-Geschäft

Wie in vielen anderen Städten in Deutschland hat der Online-Handel auch in Villingen dazu geführt, dass immer mehr Geschäfte in der Innenstadt leerstehen. Die Stadt versucht nun gemeinsam mit den Händlern Lösungen dafür zu finden.

VS-Villingen. Für Philipp Hilsenbeck, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg, ist das der einzig richtige Weg: "Nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Handel kann man dieses Problem lösen." Für einen leerstehenden Laden konnte schon ein Nachmieter gefunden werden: Das Herren-Modehaus Broghammer erweitert in die ehemaligen Räume von Photo Sauer in der Niederen Straße. Und in der Villinger Kanzleigasse wird für Handarbeitsfans eine echte Einzelhandels-Lücke geschlossen: Dort zieht im September ein Wolle-Geschäft ein.

Ein leerstehendes Geschäft kann laut IHK viele Gründe haben. Möglicherweise konnten sich die Betreiber die Miete für den Laden nicht mehr leisten, oder sie gehen in den Ruhestand und finden keinen Nachfolger. "Gerade in solchen Fällen ist es wichtig, dass die Betreiber sich an uns wenden, damit wir sie bei der Suche unterstützen können", so Hilsenbeck. Auch Baustellen können zu Gewinneinbrüchen führen. Gerade dann sei eine enge Zusammenarbeit zwischen der Stadt und den Betreibern wichtig.

Schon im Vorfeld müsse geklärt werden, welche Möglichkeiten es gibt, den Umsatzverlust abzumildern. So sei es wichtig, die Kunden frühestmöglich über die Baustelle zu informieren und die Läden ausreichend zu beschildern. Eine andere Möglichkeit könne sein, die Baustelle zum Event zu machen. Ein Beispiel hierfür war das Baustellenfest in Villingen.

Dort wurden Baustellenzäune an der Rietstraße für einen Tag zurückgebaut, und Besucher konnten das Gelände betreten. Gerade für Familien mit Kindern wurde viel geboten. Es konnten kleine Baustellenmännchen gebastelt oder ferngesteuerte Autos durch einen Parcours auf der Baustelle gelenkt werden. Auch Tanzfreudige kamen auf ihre Kosten, ein DJ legte auf. Nach der Fertigstellung der Baustelle im Frühjahr ist nochmal ein größeres Eröffnungsfest geplant, mit einer Modenschau und weiteren Attraktionen.

Eine Lösung für das Problem von Leerständen sieht die Stadt darin, die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten zu erhöhen. Durch optische Umbauarbeiten wie die der Rietstraße in Villingen sollen die Innenstädte attraktiver gestaltet werden und sich die Besucher wohlfühlen. Wenn Geschäfte länger leerstehen, sucht die Stadt den Kontakt zu den Vermietern. "Dabei geht es auch darum, die Eigentümer über potenzielle Förderungen aufzuklären", so Oxana Brunner von der Pressestelle der Stadt.

Das größte Potenzial für die Innenstädte sieht die IHK vor allem in Sachen Tourismus. Gerade im Urlaub, wenn man entspannt Zeit zum Bummeln hat, sitzt der Geldbeutel bei vielen Touristen locker. Tages- und Übernachtungsgäste geben im Jahr in Baden-Württemberg 20,3 Milliarden Euro aus. 7,2 Milliarden, also mehr als ein Drittel, für Einkäufe. Durchschnittlich lässte ein Besucher pro Tag, in einer Stadt wie VS, 10,50 Euro liegen. Gerade auf diese Zielgruppe müsse sich der Handel immer mehr einstellen. Vor allem Produkte wie Bekleidung, Schmuck, Bücher und Souvenirs werden von Touristen nachgefragt.

Für die IHK geht es nicht darum, Kunden aus größeren Nachbarstädten wie Rottweil in die Villinger Innenstadt zu holen. "Vor allem die Bewohner aus den kleineren Teilorten müssen wieder angesprochen werden", so Philipp Hilsenbeck. Viele dieser potenziellen Kunden sehen keinen Grund mehr in die Innenstädte zu fahren, wo man doch bequem alles im Internet bestellen kann. Durch Events oder eine bessere Anbindung an den Nahverkehr könnten diese laut Hilsenbeckwieder zurück in die Innenstädte gelockt werden.

Auch viele Arbeitgeber setzen sich dafür ein, die Innenstädte wieder attraktiver zu gestalten. Ein Beispiel hierfür ist Schramberg. Dort haben sich Unternehmer zusammengeschlossen und eine Jobkarte eingeführt. Während extra Geldzahlungen neben dem Gehalt an Arbeitgeber meist Steuer- und Sozialversicherungspflichtig sind, darf ein Arbeitgeber seinen Angestellten pro Monat Geschenke im Wert von 44 Euro steuerfrei machen. Dies wird in Schramberg genutzt. Der Arbeitgeber lässt diesen Betrag auf die Jobkarte buchen, mit welcher der Mitbarteiter dann im örtlichen Handel und Gewerbe bezahlen kann. Dadurch bleibt die erwirtschaftete Kaufkraft vor Ort.

 Obere Straße 35, ehemaliger Mode Hauck

 Obere Straße 33, ehemals United Colors of Benetton Kids, ab 31. August zieht hier das Tattoo-Studio aus der Niederen Straße ein

 Obere Sraße 22, ehemaliger Paint and Play Shop

 Bickenstraße 17, ehemalige Sprachschule

 Niedere Straße 26, ehemaliges Nudelhaus und 3D-Druckerei Fine-Print

 Niedere Straße 25, Bekleidungsgeschäft St. Kilda

 Niedere Straße 65, ehemaliger Friseursalon

 Rietstraße 36, ehemaliges Café

 Rietstraße 34, ehemalige Stadtapotheke