Bürger äußern im Ortschaftsrat ihre Bedenken. Vertreter des Justizministeriums informieren.
VS-Weigheim - "Wir brauchen hier kein Großgefängnis!" Auf deutliche Ablehnung stieß das auf Weigheimer und Tuninger Gemarkung geplante Projekt bei den Bürgern gestern Abend im Ortschaftsrat.Der Mehrzweckraum in der Festhalle drohte aus den Nähten zu platzen: Rund 150 Weigheimer, Tuninger und Schuraer waren gekommen, nicht alle fanden Platz, obwohl zusätzliche Stühle herangeschafft worden waren. Informationen aus erster Hand erhielten sie von Ministerialdirigent Ulrich Futter und Ministerialdirektor Alexander Schmidt vom Justizministerium. "Wir befinden uns in einem Suchprozess", machte Futter eingangs klar, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. Der Standort Weigheim/Tuningen rangiere zwar derzeit auf Rang eins der Prioritätenliste, doch auch die anderen wie Rottweil oder Meßstetten seien keineswegs aus dem Rennen.
Das Land plane einen Ersatz für nicht mehr entwicklungsfähige Justizvollzugsanstalten (JVA) wie Rottweil, Waldshut, Hechingen, Oberndorf und VS. Vorgesehen sei ein Neubau für 400 bis 500 Gefangene vornehmlich aus den Landgerichtsbezirken Rottweil, Hechingen, Waldshut und Konstanz. Aufgrund dieser Vorgabe sei Tuningen/Weigheim in den Fokus gerückt.
Futter versuchte, Ängste auszuräumen: Die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, gehe weniger von Gefangenen oder Freigängern aus, die im Übrigen einer genauen Überprüfung unterzogen würden, sondern eher von "Menschen außerhalb einer Vollzugsanstalt". Auch sei ihm von "keiner Unbill" durch Besucher bekannt. Der Ministerialdirektor verhehlte freilich aber auch nicht, dass der "innere Betrieb" einer JVA bisweilen gestört werde, etwa durch Zeitgenossen, die versuchten, Gegenstände, meist Handys, auf das Gelände zu werfen. Ausbrüche seien aus solch modernen Anstalten allerdings "nahezu ausgeschlossen".
Auch den Einwand, das Gefängnis falle bei Nacht allein schon durch seine Beleuchtung weithin auf, wollte er nicht gelten lassen: Die Illumination von Industrieanlagen sei um "ein zigfaches heller". Mit übermäßigem Verkehrsaufkommen sei ebenfalls nicht zu rechnen: Erhebungen in Offenburg hätten 35 Fahrzeuge pro Tag ergeben.
Der Befürchtung, die Grundstücke könnten an Wert verlieren, hielt OB Rupert Kubon Untersuchungen entgegen, wonach eine JVA keinen Einfluss auf die Immobilienpreise habe. Im Gegenteil: Die zu erwartenden rund 220 Bediensteten bräuchten schließlich Wohnungen, so dass zusätzlicher Bedarf bestehe. Kubon verneinte auch einen Imageverlust für die Region: Keine Stadt sei aufgrund ihres Gefängnisses bekannt.
Der OB betonte zudem, dass "das Land die Souveränität der Kommunen achtet", sprich: Die Entscheidungshoheit liege bei VS und Tuningen, die über den Flächennutzungsplan das Planungsrecht schaffen müssten. Kubon versicherte ferner, es werde keine Entscheidung gegen Weigheim geben, der Forderung nach einer Bürgerbefragung allein in Weigheim erteilte er indes eine klare Absage. Dies sei in der Gemeindeordnung nicht vorgesehen. Außerdem stellte er weitere Bürgerinformationen und eine Informationsfahrt zur JVA Offenburg in Aussicht.
Die Zuhörer äußerten in der weitgehend sachlichen Diskussion vor allem ihre Sorgen um die Sicherheit und verwiesen mehrfach auf den ihrer Ansicht nach ungünstigen Standort auf einer bislang landwirtschaftlich genutzten Fläche, was auch dem Naturschutz abträglich sei. Mehrfach wurde unter Beifall Meßstetten als Alternative ins Feld geführt, wo Infrastruktur bereits vorhanden sei. Die Schuraer verlangten zudem ein Mitspracherecht, da sie ebenfalls direkt betroffen sein.
"Ich kann Sie nicht überzeugen", resümierte Futter schließlich. Er appellierte aber an die Bürger, "den Gesamtzusammenhang zu sehen". Auch er gab, wie zuvor schon OB Kubon, zu bedenken, das Gefängnisse in einem Rechtsstaat unverzichtbar seien.