Porträt / Jörg Biermann und ein Team spenden Erlös an soziale Zwecke / Gemeinnütziges Engagement zieht sich wie ein roter Faden durch sein Privatleben

Bei den Jugendbällen in den 1970er-Jahren war er Stammgast: An jedem Sonntagnachmittag war Jörg Biermann dabei, wenn in der Alten Tonhalle Rock- und Pop-Platten aufgelegt wurden. Hier traf man Freunde, hier lernte man Mädels kennen.

VS-Villingen. Das Gefühl des Aufbruchs und der Lebensfreude von damals zurückzuholen, das war für Jörg Biermann vor elf Jahren der Anlass für die Idee, die "Jugendbälle" von einst im großen Saal des Münsterzentrums wiederaufleben zu lassen. Ein Jahr später wurde der Verein "Jugendball" gegründet. Jörg Biermann ist der Vorsitzende, Eric Dörr sein Stellvertreter, Conny Isak-Schuler erledigt das Schriftliche und Marion Köhl wacht über die Kasse.

Letztere wird mit dem Eintrittsgeld von fünf Euro pro Besucher gefüllt und hernach für einen guten Zweck wieder ausgeschüttet. "Es war für uns von Anfang an klar, dass wir mit dem Erlös unserer Bälle benachteiligte Kinder in Villingen-Schwenningen unterstützen werden", sagt Biermann. 15 000 Euro kamen bisher in all den Jahren zusammen und wurden in diesem Sinne an verschiedene Adressen weitergereicht.

Am diesem Samstag findet das Revival, das Biermann zusammen mit einem guten Dutzend Vereinsmitgliedern im Münsterzentrums alljährlich auf die Beine stellt, nach einem Jahr Zwangspause zum zehnten Mal statt. Zur "Jugend" zählen die zwar alle nicht mehr, aber schließlich ist man immer so jung wie man sich fühlt. Und bei der von Michael Reichenberger und Eric Dörr aufgelegten Musik aus den 1970er- und 1980er-Jahren, Chips und Salzstengel knabbernd, ein Asbach-Cola in der Hand, Pril-Blumen an der Wand und den Freunden von damals an der Seite, fühlt man sich sehr jung.

Jüngere werden zu Jugendball-Fans

Mit der Neuauflage des Jugendballes trafen Biermann und seine Freunde vor elf Jahren einen Nerv – das zusammen mit ihm älter gewordene Publikum strömte und blieb auch in den Jahren danach treu. Inzwischen sind auch Jüngere zu Jugendball-Fans geworden.

Jörg Biermann kramt aus seinem Fundus einen abgegriffenen "Wahlzettel" hervor: "Charly’s Eurothek" steht darauf, darunter sind über 20 Songtitel aufgelistet – von "In the Air tonight" von Phil Colins und "You are a Part of my Heart" von Heidi Brühl bis hin zu Hits von Stevie Wonder und der Saragossa-Band. "So wurde damals das Programm gemacht", erinnert sich Jörg Biermann, aber auch daran, dass bei so manchem Jugendball lokale Live-Bands auftraten, wie "Mammut" und "Be Nice". Die Jugendbälle der von Dieter Sirringhaus geleiteten Stadtjugendpflege waren Kult. Beim kleinen Jubiläum am Samstag werden Erinnerungen daran wieder wach. Auch dafür stehen die Gäste – die meisten geboren zwischen 1948 und 1968 – gerne an.

Jörg Biermann ist vom Jahrgang 1959, in St. Georgen geboren, in Mönchweiler aufgewachsen, er ging in Villingen zur Schule und machte in Königsfeld sein Abitur. 1979 begann er seine berufliche Laufbahn bei der Polizei mit der Grundausbildung, ersten Dienstjahren bei der Schutzpolizei und einem Aufbaustudium. 20 Jahre lang war er bei der Kriminalpolizei, bevor er 2011 wieder zur Schutzpolizei zurückkehrte. Heute ist Jörg Biermann Polizeihauptkommissar.

Acht Jahre Glonkivatter

Das gemeinnützige Engagement zieht sich wie ein roter Faden auch durch sein Privatleben. Von 2009 bis 2014 – eine Legislaturperiode lang – saß er für die Freien Wähler im Gemeinderat. Davor war er acht Jahre lang Glonkivatter bei der Glonkigilde Villingen. Es wären noch mehr Jahre geworden, wenn Mitglieder ihm nach seiner Wiederwahl 2009 nicht Manipulation bei der nachfolgenden Wahl des Gildemeisters vorgeworfen hätten. Der amtierende Gildemeister erhielt plötzlich einen Gegenkandidaten und unterlag. Biermann wurde daraufhin angegangen und trat zurück. Das habe ihn und seine Familie damals sehr hart getroffen, sagt er heute, zumal er nie die Gelegenheit erhalten habe, das Geschehene aufzuarbeiten. Glonki ist er nach wie vor mit Leib und Seele und an der Fasnet meistens bei den Trommlern zu finden.

Leidenschaftlicher Motorradfahrer

Der leidenschaftliche Motorradfahrer ist seit 32 Jahren mit seiner Frau Manuela, einer Villingerin, verheiratet, hat vier Kinder und inzwischen auch vier Enkel. Ihnen will er mit gutem Beispiel vorangehen, wenn er sich für das Gemeinwohl einsetzt. Dafür müsse man nicht – wie er – unbedingt einem Verein vor- oder im Gemeinderat sitzen. Schließlich könne man schon mit geringerem Aufwand viel bewirken, sagt er. "Es gibt viele Möglichkeiten".