Nach über 43 Dienstjahren verlässt der Erste Kriminalhauptkommissar Bernd Lohmiller die Kriminalpolizei in Villingen – und erinnert sich an eine bewegte Zeit mit eindrücklichen Geschehnissen zurück.
VS-Villingen/Marbach. Man könnte nicht meinen, dass der 62-Jährige tatsächlich die letzten Tage im dritten Obergeschoss im Polizeigebäude in der Villinger Waldstraße vor sich hat. Nicht nur, dass sich hier noch einige Akten stapeln, auch das Telefon meldet sich regelmäßig. Kollegen, die vom erfahrenen Beamten einen Rat oder Hilfe brauchen, klingeln durch, aber auch neue Fälle kommen hier noch rein. "Ja, irgendwann muss ich dann mal die Übergabe machen", sagt Lohmiller und lacht. Denn spätestens am 30. November scheidet der Erste Kriminalhauptkommissar aus dem Dienst aus und widmet sich dem Leben abseits von Morden, Unglücken und Überfällen.
Gleich zur Kripo gewechselt
Als Lohmiller am 1. September 1976 bei der Bereitschaftspolizei in Lahr eingestellt wurde, war übrigens noch gar nicht so klar, dass er die Laufbahn bei der Kriminalpolizei einschlagen wird. Denn im Rahmen seiner mehrstufigen Ausbildung hatte man ihm zwischenzeitlich nahegelegt, zur Verkehrspolizei zu gehen. Doch der junge Polizist winkte damals ab, ließ sich stattdessen zur Kripo abordnen und steckte zugleich – noch bevor er in den gehobenen Kriminaldienst wechselte – mitten drin in einem Fall, der ihn bis heute verfolgt.
Der Tod der 13-jährigen Zeljka Ivekic, die 1978 leblos in ihrer Badewanne in der Sperberstraße in Villingen gefunden wurde. Umgebracht von einer bis heute unbekannten Person. "Vom damaligen Leiter der Sonderkommission habe ich die Aufgabe erhalten, im Umfeld von Zeljka zu schauen, wer als Sexualtäter in Betracht kommt", erinnert sich Lohmiller zurück. Bis heute liegt dieser so genannte "Cold Case" trotz einiger weiterer Anläufe seinerseits als ungelöster Fall bei der Kriminalpolizei. Einer von nur wenigen großen Taten, mit denen Lohmiller nicht abschließen kann.
Schwierige Suche nach dem Täter
Im Februar 1981 wird der gebürtige Oberndorfer dann zum Kriminalkommissar ernannt und hat kaum Zeit richtig anzukommen, als man ihn im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Kriminaltechnik bereits zu einem Mord nach Hüfingen rief: Eine ältere Frau wurde erwürgt im Bett aufgefunden. Die Suche nach dem Täter gestaltete sich zur damaligen Zeit besonders schwierig. "An DNA-Spuren war noch gar nicht zu denken", so Lohmiller.
Bei der Obduktion des Opfers war der junge Kommissar gleich dabei: "Das war sicherlich nicht nur vom Umfeld, sondern ebenso für die Nase gewöhnungsbedürftig." Gegen die Gerüche hat Lohmiller ab diesem Zeitpunkt dann immer ein kleines Parfüm-Probefläschchen mit dabei, "bis heute", sagt der 62-Jährige und zieht lächelnd ein solches aus seiner Schublade.
Viele Fälle sind noch heute präsent
Nach seiner Arbeit in der Kriminaltechnik kam Lohmiller ins Dezernat 1 für Kapitalverbrechen, welches er später auch leitete. In diese Zeit fielen neben ungezählten Leichen auch einige jener Fälle, die der erfahrene Beamte bis heute noch präsent hat: Ein Mann, der in Blumberg von drei Heranwachsenden getötet wird, eine Mutter, welche ihre dreijährige Tochter in Villingen ersticht, ein Mann, der in Weigheim Frau, Schwiegermutter, den Hund und anschließend sich selber erschießt oder auch das schreckliche Busunglück mit 20 Toten bei Bad Dürrheim. Lohmiller: "Damals habe ich fünf Tage auf der Eisbahn in Schwenningen verbracht, um gemeinsam mit Kollegen und der Rechtsmedizin die Toten zu identifizieren."
Aus jenen traumatischen Ereignissen für die Beamten und die Helfer entstand im Jahr 1992 schließlich auch eine psychologische Nachsorge für solche Fälle. "Für mich war es immer wichtig, die Dinge zu verarbeiten, mit einer ›cleanen‹ Seele aus dem Dienst auszutreten und die Balance zu finden", berichtet der Familienvater.
Er behandelte zwischenzeitlich in einem anderen Dezernat Betrugsfälle und nahm hierbei nicht nur gemeinsam mit einem verdeckten Ermittler zwei Betrüger in Mailand hoch, sondern legte ebenso mehreren Apothekern und einem Zahnarzt im Kreisgebiet das Handwerk. Unvergessen ist für ihn zudem der spektakuläre Mordfall Waldvogel aus dem Jahr 2002, als der Schweizer Geschäftsmann in Blumberg erschossen wurde.
Jüngst Fälle gelöst
Bis heute ist Lohmiller ein gefragter Mann bei Ermittlungsgruppen und Sonderkommissionen im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen, trat zudem bei der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY auf und brachte weitere ungelöste Fälle ins Fernsehen. Davon gibt es übrigens erst seit kurzem zwei weniger: Denn sowohl der Überfall auf die Villinger Commerzbank als auch ein Vermisstenfall aus Niedereschach, der 19 Jahre zurück liegt, konnte gelöst werden. "Das ist für mich selbst natürlich auch beruhigend", erklärt der 62-Jährige.
Doch ohnehin gehe er guten Gewissens in den Ruhestand. Die 43 Jahre hätten ihm, aber auch seiner Familie viel abverlangt. "Insbesondere meine Frau Eva hat mir ermöglicht, meinen Dienst so zu machen", denkt Lohmiller an Anrufe und Einsätze zu jeden Tages- und Nachtzeiten ohne Rücksicht auf verplante Wochenenden. Besonders bei ihr bedankt er sich auch für ihre Unterstützung.
Die Pension verbringt er ohne Kriminalromane und den Tatort, stattdessen mit seiner Frau, beiden Kindern, den beiden Enkeln und seiner Tätigkeit als Stadt- und Marbacher Ortschaftsrat. Der Dienst für die Gemeinschaft beschäftigt ihn also auch noch nach seiner Zeit als Kriminalkommissar.