Aufmerksame Zuhörer: Die Besucher aus VS und Tuningen bei der Diskussionsrunde im Offenburger Gefängnis. Foto: Bieberstein

Anlieger der JVA Offenburg schildern Besuchern aus VS und Tuningen ihre positiven Erfahrungen.

Villingen-Schwenningen - Am Anfang stand erbitterte Gegnerschaft. Jetzt herrscht "gute Nachbarschaft". Anlieger der Justizvollzugsanstalt Offenburg schilderten Besuchern aus VS und Tuningen ihre positiven Erfahrungen mit dem Gefängnis.

Rund 80 Interessierte – Mandatsträger sowie Bürger, darunter auch einige Vertreter der Tuninger Aktionsgemeinschaft gegen das an der A 81 auf Tuninger und Weigheimer Gemarkung geplante Projekt – nahmen das Angebot des Landes wahr und informierten sich bei einem rund zweistündigen Rundgang und anschließender Diskussion im "modernsten Gefängnis des Landes", wie es Hans-Peter Wurdak, der Leiter Vollzugsanstalt, vorstellte.

"Wir haben bis zum Schluss gegen den Standort gekämpft", blickte Robert Schulz, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Uffhofen zurück. "Sehr massiv" sei der Widerstand gewesen: "Da ging es richtig zur Sache." Angstgefühle hätten sich in der Bevölkerung breitgemacht und auch Befürchtungen, ein Naherholungsgebiet könne zerstört werden. Die Bürger hätten ein ehemaliges Kasernenareal als Alternativstandort favorisiert. Doch der Offenburger Gemeinderat sprach sich mit einer Stimme Mehrheit für das Grundstück im Gewerbegebiet im Süden Offenburgs aus.

Heute, sagte Schulz, seien die negativen Stimmen verstummt: "Wir merken den Betrieb nicht." Allenfalls frage einmal jemand nach dem Weg zum Gefängnis. Negative Auswirkungen gebe es nicht, die Anwohner in dem knapp 400 Meter entfernt gelegenen Wohngebiet hätten weder das Gefühl der Bedrohung noch der Gefährdung. Störend sei allenfalls die nächtliche Illumination der Anlage – allerdings auch nur für Bewohner der oberen Stockwerke eines Hochhauses. Kurzum, so Schulz: "Es hat sich alles normalisiert."

Befürchtungen, die Kriminalität im Umfeld der Anstalt sei gestiegen, suchte Hans-Peter Wurdak zu entkräftigen: Davon sei nichts bekannt, ebenso wenig sei ein Verfall der Baulandpreise zu registrieren. Wurdak stellte Rauschgift- und auch ethnische Probleme im Gefängnis nicht in Abrede, widersprach aber vehement Ulrike Gass von der Arbeitsgemeinschaft gegen das Gefängnis (AGG), die für Tuningen schon eine Zukunft als "Drogenumschlagplatz" und "Hort der Russenmafia" sah. In der näheren Umgebung des Gefängnisses habe sich das Drogenproblem nicht verschärft, so der Anstaltsleiter.

Wurdak stellte vielmehr die positiven Aspekte in den Vordergrund: Das Gefängnis biete rund 230 Menschen einen Arbeitsplatz, ortsansässige Handwerksbetriebe wie etwa Bäcker profitierten als Zulieferer, Unternehmen nutzten die "verlängerte Werkbank" in den anstaltseigenen Werkstätten, in denen Gefangene arbeiten – sie erhalten übrigens einen Stundenlohn von 1,40 Euro. Zudem seien beim Bau der Haftanstalt örtliche Firmen zumindest teilweise zum Zug gekommen. Und schließlich erhalte die Stadt aufgrund der höheren Einwohnerzahl höhere Zuweisungen.

Ministerialdirigent Ulrich Futter sprach sich wie schon in der Sitzung des Weigheimer Ortschaftsrates gegen den Begriff Großgefängnis aus. "Vollzuglich und wirtschaftlich" seien so dimensionierte Anstalten heute Standard. Außerdem dränge auch der Rechnungshof, die kostenintensiven kleineren Einheiten aufzugeben.

Möglicherweise lägen die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen bereits Ende Mai vor. Dann werde das Land entscheiden, ob der Standort-Suchlauf weitergeführt werde, umriss Futter das weitere Prozedere, ohne einen zeitlichen Rahmen angeben zu können: "Das weiß ich nicht."

Die Besuchergruppe zeigte sich beeindruckt. Es sei aufschlussreich und "sehr informativ" gewesen. Sie hätten sich "live" ein Bild von der Dimension des Gefängnisses machen können, sagten einige Teilnehmer. Auch etliche Bedenken seien ausgeräumt worden.