Ein 19-jähriger Homosexueller meldet sich zu den Plänen der grün-roten Landesregierung: das Thema sollte im Unterricht angemessen behandelt und an den Schulen sollte Offenheit und Toleranz leben. Foto: Reichel

Homosexueller Schüler muss Beschimpfungen über sich ergehen lassen / "Mir ist egal, was die anderen denken"

Villingen-Schwenningen - "Hey, Schwuckele" oder "Du Schwuchtel", als Kevin (Name von der Redaktion geändert) noch auf die Realschule ging, musste er sich so etwas immer wieder anhören. Damals hörte er weg, ignorierte die Beleidigungen. Heute steht er zu seinen Neigungen und kann offen darüber reden.

"Ich finde das gut und wichtig, dass Homosexualität an den Schulen zur Sprache kommen soll", sagt der 19-Jährige zu den Plänen der grün-roten Landesregierung, das Thema im Unterricht angemessen zu behandeln und an den Schulen Offenheit und Toleranz stärker zu leben.

Im Alter von 13 sind bei Kevin die ersten Gedanken aufgekommen, "dass da was ist". Ende 15 dann war für ihn klar, dass er schwul ist. Einigen Freunden aus der Realschule hatte er das vertraulich gesagt, doch das Thema machte die Runde unter den Schülern. Nicht nur, dass einige ihn immer wieder beleidigt hätten, "irgendwie haben es meine Eltern rausbekommen, und sie sagten mir, dass sie es krank und widerlich finden". Die Situation eskalierte, bis seine Biolehrerin Kevin empfahl, das Jugendamt einzuschalten. Das sollte vermitteln, aber herausgekommen sei nichts. Im Gegenteil, für sein Schwulsein bekam er auch noch Hausarrest.

Kevin gab klein bei. Um dem Ärger mit den Eltern aus dem Weg zu gehen, legte er sich eine Scheinfreundin zu, die er bis heute hat. "Das ist meine beste Freundin, und sie spielt ihre Rolle super". Kevin muss lachen, als er davon erzählt, wie er eimal nicht darum herum kam, sie vor den Eltern zum Abschied zu küssen." Das war soooooo schlimm", erinnert er sich. Einen Freund hatte er bisher aufgrund der schwierigen Situation zu Hause noch nicht.

Heute besucht Kevin ein berufliches Gymnasium in Villingen und kommt mit seiner Situation super klar. Und das, obwohl er in einer kuriosen Lage ist: "Die Schüler und Lehrer wissen alle, dass ich schwul bin, nur meine Eltern glauben, dass ich auf Mädchen stehe." Am Anfang habe er seine Homosexualiät noch geleugnet, doch nach und nach erzählte er es Freunden aus seiner Klasse. Die Akzeptanz sei sehr hoch, "die Leute hier sind einfach erwachsener", vermutet er den Grund. Trotzdem kam es einmal zu Problemen, als ein sehr gläubiger Mitschüler sich weigerte, mit Kevin an einem Ausflug teilzunehmen, weil Schwulsein sich nach dessen Ansicht gegen Gott richte. "Meine Mitschüler haben mir dann geholfen". Seine Englischlehrerin sei über den Vorfall schockiert gewesen, und der Religionslehrer habe Kevin versichert, dass Gott sicher nichts gegen Schwule habe, vor ihm seien alle Menschen gleich. Kevin liest gerne klassische Literatur und vergöttert Lady Gaga. "Mag sein, dass ich einige schwule Klischees erfülle, aber das ist mir egal, mir ist auch wurscht, was die anderen denken."

Im Frühjahr macht er sein Abi, und dann will er einfach nur weit weg von hier und seinem Elternhaus. "Am liebsten würde ich in Berlin studieren." Schwulen Schülern rät er, es erst Freunden anzuvertrauen und gut zu prüfen, wem man es sagt.