F oto: Heinig Foto: Schwarzwälder Bote

Porträt / Ulrike Heggen ist Gemeinderätin der Freien Wähler / Schon in jungen Jahren auf der Villinger Fasnet / Als neue Glonkimotter vorgeschlagen

Jetzt bleibt ihr wirklich nicht mehr viel Zeit für das geliebte Reisen oder Wandern. Auch der so notwendige Rückensport kommt ab und an zu kurz. Doch Ulrike Heggen genießt ihre Freizeit auch als ehrenamtliche Gemeinderätin und neuerdings als Glonkimotter.

VS-Villingen. Die beiden Töchter sind aus dem Haus, und im Sekretariat einer Schwenninger Steuer- und Wirtschaftsprüferkanzlei arbeitet sie zu 80 Prozent – manche 55-Jährige würde es jetzt eher etwas ruhiger angehen lassen. Nicht so Ulrike Heggen. Sie kämpft in ihrer dritten Legislaturperiode für die Freien Wähler leidenschaftlich um ein gutes und schönes Villingen-Schwenningen, nimmt dabei kein Blatt vor den Mund und hat kluge Ideen. Rechnet man die Vorbereitung zu Hause, die Fraktions-, Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen zusammen, wendet sie dafür rund zehn Wochenstunden auf.

Ernst Reiser will sie für Gemeinderat gewinnen

Vor zwanzig Jahren schon sprach sie der Alt-Gemeinderat Ernst Reiser an, ob sie nicht für das Stadtgremium kandidieren wolle. Ganz hinten auf der Liste bestand für die Mutter zweier noch kleiner Kinder "keine Gefahr", gewählt zu werden. Doch Ulrike Heggen hatte am kommunalpolitischen Engagement Gefallen gefunden und trat dem Ortsverband der Freien Wähler bei. Sie wurde bald in den Beirat gewählt und war von 2005 bis 2009 Vorsitzende. Auch der zweite, schon ambitioniertere Anlauf, in den Gemeinderat gewählt zu werden, brachte noch keinen Erfolg. Als es 2010 dann klappte, war die Freude groß, nicht nur, weil sie es neben der inzwischen verstorbenen Helga Eilts erst als zweite Frau der Fraktion in den Gemeinderat geschafft hatte.

Mit Erklärungen punktet sie in ihrem Umfeld

Freundlich sei sie damals aufgenommen worden, erinnert sie sich an ihre Anfänge als Gemeinderätin. Zwar hätte sie sich gewünscht, als Neue von der Stadtverwaltung mehr an die Hand genommen zu werden, inzwischen aber weiß sie, dass dafür gar keine Zeit bleibt. Sie belegte einen Grundkurs in Sachen Kommunalpolitik und genoss den Blick hinter die Kulissen, der zunehmend schärfer wurde.

Trotz des für ein Ehrenamt vergleichsweise großen Zeitaufwandes, "der schon manchmal in Stress ausartet", liebt sie es, die Zusammenhänge inzwischen zu verstehen. Mit entsprechenden Erklärungen kann sie in ihrem persönlichen Umfeld punkten. "Wenn man alle Argumente des Für und Widers kennt, ist da nämlich Verständnis da", stellt sie fest und würde sich wünschen, dass viel mehr Bürger dieses Wissen auch hätten. "Man kann es einfach nicht jedem Recht machen", weiß Ulrike Heggen.

Meinung bei Stolpersteinen geändert

Zum Glück werde sie auf der Straße häufiger zustimmend angesprochen als kritisiert. Und sie hat gelernt, Vorwürfe wie "was habt ihr denn da wieder gemacht?" nicht persönlich zu nehmen.

Für ihre Meinung steht sie ein und sie scheut sich nicht davor, eigene Fehler zu korrigieren. So beim Thema "Stolpersteine". Als der Gemeinderat 2013 das Verlegen der Kunstobjekte zum Gedenken an Holocaust-Opfer ablehnte, gehörten sie in der vorausgehenden Sitzung des Verwaltungausschusses noch zu den Nein-Sagern. "Ich wusste aber noch viel zu wenig darüber". Nachdem sie sich umfassend informiert hatte, stimmte sie dafür und unterstützt auch den aktuellen Antrag der Befürworter. "Unsere Aufgabe ist es, Argumente gegeneinander abzuwägen, das ist nicht immer leicht", gibt Ulrike Heggen zu bedenken. So sei sie damals auch gegen ein zentrales Rathaus gewesen. Mit den neuen Vorschlägen von OB Jürgen Roth könne sie daher gut leben.

Ulrike Heggen ist als Ulrike Beck in Villingen geboren und in der Niederen Straße aufgewachsen. Geprägt von der Mama fand sie schon früh Gefallen an der Villinger Fasnet und war bis ins Teenageralter als Alt-Villingerin bei jedem Umzug dabei. Am liebsten hätte sie dann einer Gruppe angehört, so, wie es sie bei der Glonkigilde gab. Die Trommlerwieber waren sogar – sieht man einmal von den Alt-Jungfere ab – die einzige reine Mädchengruppe, die sich an der Fastnacht auch die Nächte um die Ohren schlugen und ordentlich Rabatz machten. Das gefiel ihr und sie gehörte ab ihrem 19. Lebensjahr dazu.

Sie dichtet viele Trommlerwieberlieder

Viele Trommlerwieber-Lieder hat sie gedichtet, sie war neun Jahre lang Tambour und genießt bis heute aktiv die rund 30-köpfige Gruppe von Frauen im Alter von 20 bis 56 Jahren. Zum Glonki-Fastnachtsauftakt am 11. Elften feierte man das 40-Jährige und die Kommende werde ganz im Zeichen des Jubiläums stehen, verspricht Ulrike Heggen. Als Dienstälteste und diejenige, die erfolgreich für Frauen im Glonkirat kämpfte, überraschte es sie nicht, als sie vom Vorstand für die neue Glonkimotter vorgeschlagen wurde und sagte zu. Seit der Mitgliederversammlung ist sie nach Erna Kaiser und Elfriede Holzmann die dritte Repräsentationsfigur dieser Art und weiß die Berufung zu würdigen. "Jetzt kommen halt noch ein paar Termine mehr dazu", sagt sie lachend.