Sind dankbar für das Angebot der Tafeleinrichtung: Kundin Natalia Winter (links) und ihre Begleitung. Foto: sb

Tafelladen in Schwenningen ermöglicht ärmeren Menschen günstigen Einkauf. Mitarbeiter und Ehrenamtliche täglich im Einsatz.

VS-Schwenningen - Die Hoffnung darauf, dass sie einmal überflüssig wird, ist groß. Doch die Tafel in Schwenningen wird dringender gebraucht denn je. Bis zu 60 Menschen kaufen pro Tag bei ihr ein. Der Schwarzwälder Bote wirft einen Blick hinter die Kulissen dieser Einrichtung .

Der Platz ist recht beengt, und doch ist die Auswahl groß. Die Regale hier im Tafelladen Ob dem Brückle jedenfalls sind gut gefüllt, von Milchprodukten, über Obst und Gemüse bis hin zu Teig- und Fertigwaren. Wie in einem gewöhnlichen Supermarkt eben – wären da nicht die Preise: Der Joghurt kostet hier 10 Cent, Eissalat und Paprika je 30, der Blumenkohl 40 Cent. Auch ein paar Klamotten sind zu haben, die Boxershorts für 50 Cent, das Herrenhemd für zwei Euro.

Es ist Dienstag, 15 Uhr. Heute ist einer von zwei Tagen in der Woche, an dem die Tafel in Schwenningen für 90 Minuten öffnet. Vor dem Eingang hat sich bereits eine Menschentraube gebildet. Gedränge? Fehlanzeige. Stattdessen zieht jeder im Losverfahren eine Karte. Je niedriger die Nummer darauf ist, desto früher ist man an der Reihe. Glück hat, wer zu den ersten Kunden gehört, die sich mit dem Wichtigsten für den täglichen Gebrauch eindecken dürfen, auch weil die Auswahl dann am größten ist. Die anderen warten im Foyer.

Im Laden selbst werden die Kunden von den drei ehrenamtlichen Helfern begrüßt: Ladenleiterin Erika Efinger, Ingeborg Jakobovic an der Kasse sowie Dietmar Link – dem Hahn im Korb, der die Kunden peu à peu in den Laden bittet, um ihnen später auch beim Einpacken unter die Arme zu greifen. Unter den insgesamt 43 Ehrenamtlichen bei allen Tafeln im Landkreis, die sich meist über Jahre hinweg für die gute Sache einsetzen, ist er der einzige Mann. Etwa zehn Euro kostet ein vollgepackter Korb. Inklusive gibt’s die netten Gespräche mit den Kassiererinnen, es wird gelacht und geflachst.

Selbst Schickenspeck zählt zum Sortiment

Das Angebot Tafel richtet sich an bedürftige Menschen, die beispielsweise wegen Arbeitslosigkeit, einer knappen Rente oder Berufsunfähigkeit mit einem niedrigen Lebensunterhalt auskommen müssen. "Bedürftig" wird hier allerdings niemand genannt. "Das hat mit Respekt und Wertschätzung zu tun. Wir sprechen immer von Kunden", betont Helgina Zimmermann, Vorsitzende des "Mach mit"-Fördervereins, dem Träger der Tafel im Kreis.

Neben 18 Arbeitsgelegenheiten (AGH) für Langzeitarbeitslose beschäftigt der Verein acht festangestellte Mitarbeiter. Zu ihnen zählt seit fast fünf Jahren Helmut Bujtur, der mit seinem Mitfahrer Jürgen die Lebensmittel bei den Spendern abholt. Täglich ist das Duo unterwegs, um neben den Tafelläden der Doppelstadt auch die Einrichtungen in Donaueschingen, St. Georgen und Triberg zu beliefern.

Von Tag zu Tag steht für beide eine andere Tour auf dem Programm, sie führt zuBäckern, Metzgern und Supermärkten, die meist etwas ältere Ware mit guter Qualität spenden. Heute, Dienstag, beginnt die Fahrt um 8 Uhr, und das Duo nimmt uns mit auf eine Reise, tief hinein in den Schwarzwald – nach Meinung der beiden Fahrer die schönste aller Strecken. Sie kennen ihre unterschiedlichen Routen in- und auswendig, sind mit jedem Schlagloch in der Region vertraut und wissen genau, ab welcher Kurve das Radio wegen schlechten Empfangs zu rauschen beginnt.

Die ersten Stopps stehen an: Den Auftakt machen zweiBäckereien in Villingen und Mönchweiler, die mehrere Kartons mit Brot teils vom Vortag bereitgestellt haben. Schnell in den Laderaum des Kühlwagens gepackt, geht es weiter nach St. Georgen und Triberg, wo zwei Supermärkte angefahren werden. Obst und Gemüse sowie Milchprodukte stapeln sich hier an den Laderampen, verpackt in grüne Kisten und Kartons. Ein Großteil der Ware ist noch in gutem Zustand, der Rest wird später aussortiert. Nicht immer ist das ein Vergnügen: "Älterer Spinat oder eine faulige Kartoffel, die muffelt, als sei der ganze Sack verfault. Das ist nicht ganz ohne", sagt Helmut Bujtur lachend. Diese Gerüche, genauso wie der tiefe Schnee im Winter, all das kann ihm nichts anhaben. Er weiß: Die Tafelkunden sind auf seine Arbeit angewiesen.

Also geht die Fahrt weiter, diesmal die lange Strecke hinauf nach Lauterbach. Zeit genug für die Fahrer, um über die Tafel zu sinnieren, über große Ladungen an Schokolade nach Weihnachten und Ostern, über Festbetreiber, die gerne mal kiloweise Rote Würste spenden. "In den vergangenen Jahren gab es immer mehr Läden, die etwas geben möchten. Vom Einzelnen gibt es dafür aber immer weniger", sagt Bujtur. Denn die Kalkulation der Ware sei in den Märkten immer genauer, was ja eigentlich positiv ist. Doch für die Tafel springt dadurch eben weniger ab.

Lauterbach. Hier zeigt sich schnell, warum die zwei Mitarbeiter die lange, kurvenreiche Anfahrt auf sich genommen haben: Frischer Schinkenspeck steht bei einer Metzgerei bereit. Im Sortiment der Tafel gehört dieser sicherlich zu den Höhepunkten.

Die Sammeltour ist damit beendet, die Fahrt führt uns jetzt, gegen 10.30 Uhr, zunächst an die Sammelstelle ins Industriegebiet Schwenningen-Ost, wo alle Spenden für die Tafeln im Kreis sortiert und mit Preisen ausgezeichnet werden. Hier wimmelt es von Menschen wie auf einem Großmarkt, fleißige Hände packen mit an, damit die Ware ab 13 Uhr in die einzelnen Läden gebracht werden kann. Über Nacht gelagert wird hier nichts, alles geht noch am gleichen Tag über die Theke. So auch in Schwenningen, wo das passiert, wofür all die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen den Tag über auf den Beinen waren: Um denen, die es nötig haben, den Alltag ein wenig zu erleichtern.

Und das sind mehr Betroffene als man gemeinhin denken mag. Zimmermann: "Ich bin immer wieder schockiert, wenn ich feststelle, wie viele Menschen da mit dranhängen. An ›starken‹ Tagen kommen 50 bis 60 Kunden zu uns, und die versorgen im Schnitt gleich drei bis vier Personen mit."

 Hilfsgedanke

Die Tafel in Villingen-Schwenningen bietet seit 1999 Menschen mit geringem Einkommen die Möglichkeit, günstig Nahrungsmittel einzukaufen. Der Preis beträgt rund 15 Prozent des Originalpreises, bei Luxusartikeln 30 Prozent. Die Bemessungsgrenze, um zum Einkauf berechtigt zu sein, liegt bei Alleinstehenden bei 900 Euro Einkommen im Monat und bei Ehepartnern bei 1100 Euro. Pro Kind erhöht sich dies um 250 Euro. Die Prüfung bei der hiesigen Tafel gilt als eine der strengsten im Land.

Ergänzung zum Alltag

"Wir öffnen bewusst nicht täglich, weil die Tafel nur als Ergänzung dienen soll. Sonst ist die Tafel keine Tafel mehr, sondern ein Generalversorger", sagt Helgina Zimmermann, Vorsitzende des "Mach mit"-Fördervereins, dem Träger der Tafel. "Und das wäre politisch ein falsches Signal."

Steigende Kundenzahl

Vor allem bei alleinstehenden Senioren habe die Zahl der Kunden zuletzt spürbar zugenommen, erklärt Helgina Zimmermann: "Da macht sich die Altersarmut bemerkbar." Auch das Flüchtlingsthema erreicht die Tafel: Asylbewerber haben immer mittwochs die Möglichkeit, im Tafelladen einzukaufen.

Spender

Neben Bäckereien und Metzgereien sowie Supermärkten können auch Vereine zum Beispiel nach Festlichkeiten sowie Einzelpersonen spenden. Die Ware muss bei der Abgabe allerdings originalverpackt sein.