Der Führerschein mit 17 entwickelt sich immer mehr zu einem Erfolgsmodell. Foto: Sergey Peterman/ Shutterstock

Experten denken über Verlängerung der Begleitzeit nach. Anreiz dazu ist günstiger Versicherungstarif.

Villingen-Schwenningen/ Stuttgart - Gut sieben Jahre nach seiner Einführung erfreut sich der Führerschein mit 17 bei Baden-Württembergs Jugendlichen immer steigender Beliebtheit.

»Es ist ein klarer Trend hin zum Begleiteten Fahren mit 17 (BF-17) zu erkennen«, sagt Vincenzo Lucà, Sprecher des TÜV Süd. Waren es bei der Einführung im Jahr 2008 noch 49 741 Jugendliche, die sich in Baden-Württemberg entschieden, ein Jahr früher die Fahrschulbank zu drücken, stieg die Zahl der 17 Jahre alten Fahranfänger im vergangenen Jahr bereits auf 82 087. So wurden im vergangenen zwei Jahren landesweit erstmals mehr BF-17-Führerschein-Prüfungen abgelegt als für den gängigen B-Schein für 18-Jährige und Ältere.

»Die Tendenz ist weiter steigend«, sagt Jochen Klima. Für den Vorsitzenden des baden-württembergischen Fahrlehrerverband sind es in erster Linie pragmatische Gründe, warum sich immer mehr Jugendliche für das Modell Führerschein mit 17 entscheiden. Einerseits sei für viele der Zeitraum günstiger, weil die Führerscheinprüfung so nicht in die Phase der Schulabschlüsse falle. Andererseits locke Jugendliche die Regelung, dass beim BF-17-Schein die Fahrberechtigung für einen Roller (Klasse M – bis 50ccm) ohne zusätzliche Prüfungen mit inbegriffen sei.

Sinnvoll sei es, dass Fahranfänger auf alle Fälle neun bis zwölf Monate in Begleitung unterwegs sind, erklärt Frank Neumann von der Fahrschule Neumann aus Villingen-Schwenningen. Denn viele jungen Leute würden die Führerscheinprüfung zwar mit 17 Jahren ablegen, doch oft nur wenige Monate vor dem 18. Geburtstag. »Danach haben sie das Recht auf freie Fahrt«, schildert er das Problem, dass zwar die Verpflichtung endet, nur mit einem Erwachsenen als Beifahrer unterwegs sein zu dürfen, es aber noch an Fahrpraxis fehlen könnte. Als durchaus hilfreich sieht es Neumann an, wenn die Jugendlichen zumindest alle vier Jahreszeiten und gerade den Winter in Begleitung erlebt haben. Einschließlich des Unterrichts in der Fahrschule kommt er da auf die neun bis zwölf Monate. So befürwortet der Praktiker den Vorstoß, die Jugendlichen beispielsweise durch vergünstigte Versicherungstarife zu bewegen, das begleitete Fahren einige Zeit über die Volljährigkeit hinaus zu verlängern und wertvollen Beistand zu bekommen.

Politik und Verkehrsexperten sehen die Entwicklung hin zum BF-17 positiv. Noch immer zählen die jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren als die Hochrisikogruppe für Verkehrsunfälle. 2013 gehörten gut ein Fünftel aller tödlich verunglückten Pkw-Nutzer in Deutschland zu dieser Altersgruppe. In Baden-Württemberg waren es im vergangenen Jahr 75 junge Erwachsene, die ihr Leben auf der Straße verloren haben.

»Mangelnde Erfahrung paart sich mit jugendlicher Risikobereitschaft«, erklärt Jochen Klima. Genau hier soll das Modell BF-17 ansetzen. In Deutschland sind 97 Prozent der eingetragenen Begleitpersonen, die mindestens 30 Jahre alt sein müssen, die Erziehungsberechtigten.

Die Zahl der von 18 bis 24-Jährigen verursachten Verkehrsunfälle ist in Baden-Württemberg in den zurückliegenden fünf Jahren gesunken. »Unsere Verkehrsfach- leute sind sich einig, dass die rückläufigen Zahlen zum Teil auch auf das BF 17 zurückzuführen sind«, so ein Sprecher des Innenministeriums. Wie viele von den Unfallverursachern allerdings vorher im Besitz eines BF-17-Scheins waren, ist statistisch nicht erfasst.

Die bislang einzige wissenschaftliche Studie, die sich mit der Frage beschäftigt, ob sich der Führerschein mit 17 positiv auf ein geringeres Unfallrisiko auswirkt, ist eine 2011 erschienene Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast). Laut dieser ist das Risiko, einen Unfall zu verursachen, bei Fahranfängern im ersten Jahr nach der Begleitphase gegenüber regulären Fahranfängern um etwa 19 Prozent niedriger.

Mit Blick auf BF-17 und die Bast-Studie spricht Robert Newart, Geschäftsführer der Landesverkehrswacht Baden-Württemberg von einem »sensationellen Modell«. Laut Newart beraten Verkehrsexperten bereits, wie sich die Zeit des begleiteten Fahrens verlängern lässt.

Dafür spricht sich auch Jochen Klima aus. »Man sollte Anreize schaffen, dass Fahranfänger die Begleitzeit freiwillig verlängern«, so der Verbandsvorsitzende der Fahrlehrer. »Womöglich könnte das über die Versicherungen gelingen.«