Spielerisches Lernen steht bei Charlotte Mozaffari von der Friedensschule auf dem Programm. Foto: Bloss

Vorbereitungsklassen: Flüchtlingszulauf an Schwenninger Schulen. Soziale Eingliederung ist Herausforderung.

VS-Schwenningen - Der Flüchtlingszulauf macht sich nicht nur im Stadtbild von VS bemerkbar, sondern auch an den Schulen. Dort greift das Modell der Vorbereitungsklassen. Doch dabei steht nicht nur der Spracherwerb im Vordergrund.

Hasan wirbelt vergnügt zwischen den Tischen im Raum 218 herum. Zusammen mit acht weiteren Kindern aus Syrien, Rumänien und Sri Lanka im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren besucht der Syrer derzeit die zweite Vorbereitungsklasse (VKL) an der Deutenberg-Werkrealschule. "Zuerst wünsche ich euch einen wunderschönen guten Morgen", begrüßt Lehrerin Astrid Zall ihre bunt gemischte Truppe. "Hasan, setz’ dich bitte hin", fügt sie hinzu.

Die motivierte Lehrerin wirft dem schüchternen Schüler einen Softball zu. "Konstantin, was haben wir gestern in der Bücherei alles gesehen?" Mit dem Begriff "CD" entfacht der junge Rumäne in der Runde eine Aufzählungsreihe und wirft den Ball sofort weiter. Der Spaß am Unterricht steht den Schülern ins Gesicht geschrieben – und auch ihrer Lehrerin: "Den Kindern ihren Start in Deutschland durch die Vorbereitungsklassen zu erleichtern, das macht nicht nur Spaß, es ist auch eine sinnvolle und wertvolle Aufgabe", meint Astrid Zall.

Die Vorbereitungsklassen: Bereits seit einigen Jahren gibt es das Modell sowohl am Schulverbund Deutenberg als auch an der Schwenninger Friedens- und Gartenschule, um Schülern mit nichtdeutscher Herkunft Deutsch als Zweitsprache beizubringen. Dass der Bedarf an dieser Einrichtung in den vergangenen Monaten durch die Flüchtlingszuwanderung und die Belegung der Gemeinschaftsunterkünfte in Schwenningen immens gestiegen ist, damit, so der Grundtenor, hat keiner der Beteiligten gerechnet.

Friedensschule

Es ist nicht nur der Spracherwerb, der im Vordergrund des Unterrichts stehen soll: "Es ist wichtig, den Schülern zu Beginn einen Rahmen für den Schulalltag zu geben. Dazu gehört die Vermittlung von Ritualen und Regeln, aber auch von Geborgenheit und Sicherheit", erklärt Lehrerin Charlotte Mozaffari, die an der Friedensschule die VKL-Koordination inne hat.

Dort gehen derzeit rund 30 Kinder zwischen sechs und elf Jahren in die Vorbereitungsklassen. Erst vor vier Wochen, als die Gemeinschaftsunterkunft in der Villinger Straße aufgestockt wurde, sind fünf syrische Kinder neu hinzugekommen – ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Für die acht Friedensschul-Lehrer, die für die VKL eingesetzt werden, erfordert dies stets Improvisation und Anpassung an die individuellen Bedürfnisse der Schüler; für Charlotte Mozaffari vor allem große Flexibilität in der Organisation. "Wir müssen immer schauen, in welchem Bereich die Kinder Nachholbedarf haben", betont die Leiterin.

Während Fächer wie Sport oder Musik von Anfang an in der Stammklasse stattfinden, erlernen die neuen Schüler in einem vierwöchigen Intensiv-Sprachkurs à vier Stunden pro Tag die Verständigungs-Grundlagen – und werden schließlich peu-à-peu ihrer jeweiligen Stammklasse zu gewiesen. Eine enge Kooperation mit den Klassenlehrern, Elternmentoren, Dolmetschern und Sozialbetreuern in den Gemeinschaftsunterkünften sei unerlässlich, so Mozaffari.

Gartenschule

Mit zwei spanischen Kindern und einem Schüler aus Litauen, die diese Woche neu an die Gartenschule gekommen sind, nimmt der Zulauf an Schülern mit Migrationshintergrund an der Ganztagsschule ebenso stetig zu. Von einem "kunterbunten Blumenstrauß" spricht Rektorin Peggy Müller, der die Schulgemeinschaft Gartenschule ausmache. "Es ist schon nicht so einfach, auf die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe der Kinder, die teilweise sogar traumatisiert sind, richtig zu reagieren", meint Müller aber gleichzeitig.

Daher sei "unheimlich viel gegenseitige Akzeptanz" im Spiel, die das Miteinander beflügelte. 50 Kinder besuchen derzeit die Vorbereitungsklassen – bestehend aus Alphabetisierungs-, Anfänger- sowie Fortgeschrittenenkursen – um am normalen Schulalltag teilnehmen zu können.

Die Tendenz ist steigend – und somit irgendwann nicht mehr zu bewältigen? "Wir wissen, dass wir uns auf noch mehr einstellen müssen. Klar, personell könnte es immer besser sein", sagt Müller. Mit Fortbildungen und regelmäßigem Informationsaustausch sei das Schulamt bemüht, die Lehrer vorzubereiten.

Deutenberg-Verbund

Am Schulverbund werden in sechs Vorbereitungsklassen im Ganztagesbetrieb neben dem Sprachunterricht auch AGs und Module zur Berufsorientierung angeboten. Auch hier spielen Fortbildungen für die VKL, die im Ganztagesbetrieb angeboten werden, eine wichtige Rolle. "Da die Sprachförderung mit Deutsch als Zweitsprache erst jetzt in die Lehrausbildung mit aufgenommen wurde, brauchen die Lehrkräfte regelmäßig Unterstützung", erklärt Irene Bundschuh, die selber für die Weiterbildung und Beratung vor Ort zuständig ist.

Bundschuh vergleicht die derzeitige Situation mit der Aussiedler-Welle in den 90erJahren. Da habe es auch viele Deutschlernende im Bildungssystem gegeben. "Das Bewusstsein ist wieder verstärkt da und es besteht großer Handlungsbedarf." Grund, mit einer Sorgenfalte auf der Stirn in die Zukunft zu blicken? Nicht für die Lehrer am Deutenberg. Irene Bundschuh: "Für uns ist eine gute sprachliche Ausbildung selbstverständlich. Wir sorgen optimal für die Schüler."