An ein Potenzial bei den Asylbewerbern glauben Unternehmen und Agentur für Arbeit Foto: Prautsch Foto: Schwarzwälder-Bote

IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Albiez: "Wirtschaft will Flüchtlinge einstellen". Arbeitsagentur-Chefin Faust: "Das braucht Zeit".

Schwarzwald-Baar-Kreis - Angesichts der wachsenden Flüchtlingszahlen sieht der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Thomas Albiez, eine hohe Bereitschaft der regionalen Unternehmen, qualifizierte Flüchtlinge in Arbeit und Ausbildung aufzunehmen. Doch das brauche Zeit, meint Erika Faust, Chefin der Agentur für Arbeit.

"Wir glauben, dass es ein großes Potenzial an jungen Asylbewerbern gibt, die in Frage kommen. Die Wirtschaft kann deshalb einen substanziellen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt leisten", so Albiez.

Erika Faust, Chefin der Agentur für Arbeit Rottweil-Villingen-Schwenningen, ist zwar grundsätzlich der gleichen Meinung, meint aber, dass man viel Geduld benötige.

Zwar habe die Wirtschaft der Region momentan 5000 freie Stellen, so viel wie noch nie, doch die wenigsten Asylbewerber seien die benötigten Facharbeiter. Neben der Vermittlung von Deutschkenntnissen müssten auch noch andere Qualifikationen vermittelt werden Am Beispiel der 400 syrischen Kontingentflüchtlinge, die im vergangenen Jahr kamen und bereits Deutschunterricht hatten, erklärt sie, dass diejenigen, die jetzt arbeiten könnten, meist aus dem "Helferbereich" kämen und in diesem Bereich in Metallberufen, sowie Lager und Logistik eingesetzt werden könnten "Man sollte überlegen, ob Jüngere unter 25 nicht noch eine Ausbildung machen könnten", so Faust.

Der IHK-Hauptgeschäftsführer fordert Rechtssicherheit für die in der Regel dreijährige Ausbildung und eine anschließende mindestens zweijährige Beschäftigung. Junge Flüchtlinge ohne Aufenthaltstitel hätten die Garantie, während der Ausbildung nicht abgeschoben zu werden. Bei erfolgreichem Abschluss der Ausbildung würde sich eine weitere zweijährige Duldung anschließen. "Bei diesem sprunghaften Anstieg der Flüchtlingszahlen und der Lage in den Aufnahmestellen ist es wichtig, Verfahren schnell und effektiv bewältigen zu können. Das Asylverfahren dient primär dem Schutzbedürfnis von verfolgten Flüchtlingen und darf nicht als ›Weg zum Arbeitsplatz‹ gelten.

Soweit stimmt Erika Faust dem IHK-Hauptgeschäftsführer zu. Doch dieser fordert auch, Asylbewerbern ohne Aussicht auf Anerkennung des Asylantrags (wie zum Beispiel aus dem Kosovo) Jobs in der regionalen Wirtschaft zu vermitteln.

"Die Blue Card muss im Heimatland beantragt werden"

"Daher müssen wir arbeitswilligen und entsprechend qualifizierten Wirtschaftsflüchtlingen ohne Aussicht auf Asyl den richtigen Weg weisen, wie sie Arbeit in unseren Betrieben finden können. Eine modifizierte Blue Card für qualifizierte Flüchtlinge könnte hier eine Möglichkeit sein", so Thomas Albiez.

Was in diesem Zusammenhang mit "Blue Card" gemeint sein könnte, kann Erika Faust allerdings nicht nachvollziehen. "Die Blue Card muss im Heimatland beantragt werden. Ein entsprechend qualifizierter Altenpfleger beispielsweise könne jetzt bereits in Deutschland einreisen, ohne zuvor Asyl zu beantragen. Flüchtlinge könnten keine Blue Card in Deutschland beantragen, sondern nur einen Asylantrag stellen.

Arbeitgebern, die Flüchtlingen eine Beschäftigung geben möchten, kann die Agentur für Arbeit zum Beispiel mit einem Eingliederungszuschuss und "einer Reihe von Maßnahmen" unter die Arme greifen. Jugendlichen Flüchtlingen werden in entsprechenden Vorbereitungsklassen die nötigen Kenntnisse vermittelt, dann werden sie auf die entsprechenden Schularten verteilt, so dass sie im Anschluss an den Schulabschluss zum Beispiel einen Ausbildungsberuf lernen könnten. Fazit der Arbeitsagentur-Chefin: Potenzial ist bei den Asylbewerbern vorhanden, aber Zeit wird benötigt, es zu entfalten.